kolorierte Lithografie von Duncker ca. aus dem Jahr 1848

Aus Vorwerken entwickelten sich im 17. und 18. Jahrhundert die selbständigen Rittergüter Kehnert, Schricke, Detzel, Ramstedt und Ìtz. Nach dem Ausscheiden der mittleren Linie der Schulenburgs (1561) blieben nur die ältere und die jüngere Linie im Besitz von Gutsanteilen, bis 1738 die ältere Linie ihren Anteil an die jüngere verkaufte, die das Rittergut Angern bis 1945 allein besaß.

Bei der Aufteilung des Lehnsbesitzes im Jahr 1449 erhielt der älteste der Brüder, Busso von der Schulenburg, den etwa 500 m vom Dorf entfernt gelegenen Gutshof, die Vergunst genannt. Im Laufe der Erbfolge wurde das Gut mehrfach geteilt.

Der Urenkel Busso VI. (1550-1601) verarmte völlig und geriet in Konkurs, sein Anteil wurde von seinen Gläubigem in Besitz genommen. Erst sein Sohn Hans XII. konnte den Besitz 1602 zurückkaufen. Daher rührt der Name ,Alt Hansens Teil'.

Nachdem dieser im Dreißigjährigen Krieg 1626 abgebrannt war und ebenso wie das Dorf bis zum Kriegsende wüst gelegen hatte, blieb es noch bis zum Jahre 1738 im Besitz des älteren Zweiges der Familie von der Schulenburg. Die Besitzer wohnten meist nicht in Angem, und das Gut wurde von einem Amtmann verwaltet.

Nach einem alten Dienstbuch des Gutes von 1674 gehörten zu dieser Zeit sechs dienstbare Kossatenhöfe (noch mit der alten Bezeichnung Kothsassen) in Angern zur Vergunst und in Wenddorf. Die Besitzer hießen Heinrich Schmidt - er war der Schulze -, Heinrich Patze, Hans Bauer, Claus Cöppe und Hans Heinrich Triesmann. Der sechste Hof hatte Carsten Müller gehört, war aber zu dieser Zeit unbewohnt.

1676 übenahm Andreas Ritztorff (oder Ritztum) diese Stelle, die aber weiterhin als Müllers Haus bezeichnet wurde. Ritztorff war auch nur für einen Wochentag dienstpflichtig, galt also nicht als Kossat.

Die Kossaten mussten an zwei Tagen in der Woche, während der Ernte (von Peter und Paul bis Bartholomeus) an drei Tagen, Handdienste leisten. Wenn sie mit eigenem Gespann arbeiteten, galt ein Tag als ganzer Wochendienst. Nur Kriesmann besaß kein Gespann. Das Gut hatte eigene Gespanne.

Außerdem beschäftigte das Gut noch eigenes Gesinde und in der Ernte auch Tagelöhner. Auch die zur Vergunst gehörenden Freien mussten während der Roggenernte zwei Handdiensttage ableisten. Die Kossaten waren die Mäher und mussten auch noch einen Harker und einen Binder stellen. An diesen Tagen wurden alle Erntearbeiter verpflegt. Die Kossaten erhielten zwei warme Mahlzeiten, die Freien noch zusätzlich Morgenbrot mit Butter und Käse, nachmittags zum Viertmahl Käse und ein Scheit Brot.

Auch die Mahlzeiten sind in dem Dienstbuch verzeichnet: Am 1. Tag mittags gekochte Hirsegrütze und ein Essen aus Fleisch mit Rüben. Die Mäher, die sich allein setzen, erhielten zusätzlich noch Würste. Am Abend wurde auf dem Hof gegessen, und es gab Braunkohl und warme Rinderwürste. Für den 2. Tag sind mittags dicke Erbsen und Schaffleisch mit Mohrrüben, für die Mäher noch gebratene Rinderwürste verzeichnet, abends Bauernkohl und Rindfleisch mit Rüben, den Mähern zusätzlich trockenes Gänsefleisch. Dazu wurde Bier in einer Tonne auf das Feld gebracht. Bei den übrigen Arbeiten mussten die Kossaten sich selbst verpflegen, die Freien aber erhielten an ihren Diensttagen stets Verköstigung. Außerdem erhielten alle Mäher täglich sechs Maß Bier. Die Freien mussten 24 Arbeitstage im Jahr ableisten, wobei der Dienst in der Roggenernte festgelegt war, an den übrigen Tage wurden sie dazu aufgefordert, wenn Bedarf an Arbeitern bestand.

Die Aufsicht über die Arbeiten führte ein Voigt, der auf dem Gut wohnte. Außerdem wurde auch das Gut Ramstedt von Angern aus bewirtschaftet, und häufig mussten die Kossaten dorthin zur Arbeit gehen. Angebaut wurden Gerste, Roggen und Hafer, Weizen wird 1675/76 nicht genannt, dazu Buchweizen, Erbsen, Bohnen, Weißkohl, Rüben, Wicken, Lein und Hopfen. In diesem Jahr wurden auch junge Bäume zur Anlage eines Obstgartens angefahren.

Im Winter wurde Holz geschlagen, die Lehmwände und -decken in Wohnungen und Ställen neu verschmiert ('gekleibet') und Zäune gebaut, wobei es sich wohl um Flechtzäune handelte, da Strauchwerk und Haselruten dazu verwendet wurden.

1677 wurde eine neue Scheune auf der Vergunst gebaut. Die alte war im Winter eingestürzt. Dazu wurde Ende Januar Eschenholz aus dem Buktum angefahren, in den nächsten beiden Monaten wurden im Ramstedter Forst Eichen gefällt und auf dem dortigen Gutshof bearbeitet. Es müssen beachtliche Stämme gewesen sein, denn an einem Tag beförderten 2 Gespanne nur 3 Stämme und an einem anderen 4 Gespanne 11 Stämme. Nachdem die alte Scheune im März gänzlich abgerissen worden war und die Zimmerleute das Bauholz zugehauen hatten, wurden am 14. Mai alle verfügbaren Männer zusammengeholt und innerhalb von 4 Tagen die neue Scheune gerichtet. Dabei halfen auch die beiden Wassermüller, der Knecht des Pfarrherrn, Meister Bemst der Schuster sowie Meister Johann der Schneider. (Rep H Angern Nr. 260)

1725 ließ der königlich sardinische Generalmajor Christoph Daniel von der Schulenburg durch den Fiscal Petrus Groschen alle Untertanen des Gutes nach ihren Diensten und Abgaben befragen. Nach diesen Aufzeichnungen gehörte zur Vergunst damals in Angern: 8 Halbspännerhöfe, 9 ganze Kossaten und 5 halbe Kossaten dazu 10 Freie und 3 Neuansiedler auf der Triff. Von den Wenddorfer Bauern unterstanden der Vergunst 2 Ackerleute, 2 Halbspänner und 8 Kossaten. Die beiden vorher vorhandenen Halbkossatenhöfe waren den beiden Halbspännem zugeschlagen worden.

Christoph Daniel war in sardinischen Diensten zu großem Reichtum gelangt und wählte Angern als seinen Altersruhesitz. Das Interesse an den heimatlichen Gütern verlor er auch in fremden Diensten nicht. Da der sardinische Dienst für ihn einträglich war, konnte er 1735 die angernschen Gläubiger befriedigen und das Gut nebst Wenddorf und Bülitz von der Witwe und den Söhnen seines Bruders für etwa 34000 Reichstaler erwerben. Um dem ewigen Streit mit den Besitzern von Angern-Vergunst ein Ende zu machen, kaufte er am 2. Mai 1738 erwarb Christoph Daniel von General Major Adolf Friedrich Reichsgraf von der Schulenburg-Beetzendorf das Lehn- und Rittergut Vergunst-Angern und Alt-Hansens Teil, samt dessen beiden Dörfern Angern und Wenddorf (auch über Pertinentien, Recht und Gerechtigkeit gelobet) für 50000 Reichstaler (Rep H Angern Nr. 26). Am 4.7.1738 ließ Christoph Daniel vom kaiserlichen Notar Adam Heinrich Bartels ein Inventar über das Rittergut Angern-Vergunst erstellen (Rep H Angern Nr. 74).

Nach dem Kauf des Gutes Vergunst durch Christoph Daniel wurden die beiden Güter des Dorfes vereinigt und der landwirtschaftliche Betrieb vom Schloßhof ebenfalls dorthin verlegt.

Christoph Daniel von der Schulenburg stiftete das Rittergut Angern durch sein Testament von 1762 als Fideikommiss und erließ eine Sukzessionsordnung. Von seinem durch Kodizill von 1763 zum ersten Nachfolger berufenen Neffen Alexander Friedrich Christoph I ging das Fideikommiss in vier Sukzessionsfällen vom Vater auf den ältesten Sohn im Jahre 1921 auf den Ururenkel des ersten Fideikommissinhabers, Graf Sigurd-Wilhelm, über. 

Sein Vater, Friedrich Wilhelm Christoph Daniel, war am 24. März 1921 - acht Tage vor dem Stichtag der Zwangsauflösungsverordnung - gestorben, so dass das gebundene Vermögen mit dem Ìbergang nicht frei wurde. Graf Sigurd­ Wilhelm beabsichtigte, sich mit einer bürgerlichen Frau zu verheiraten, und hätte nach den fort geltenden Fideikommissbestimmungen in diesem Falle das Fideikommiss an den nächstberechtigten Anwärter abtreten müssen. Diese Schwierigkeit beseitigte ein Familienschluss vom 15. Juni 1921, welcher die durch § 24 der Stiftungsurkunde begründete Pflicht zur adeligen Heirat aufhob. Der Familienschluss wurde durch Beschluss des Auflösungsamtes für Familiengüter in Naumburg bestätigt, der am 2. September 1921 das Rechtskraftzeugnis erhielt, worauf Graf Sigurd-Wilhelm die beabsichtigte Ehe am 6. September schließen konnte, ohne das Fideikommiss zu verlieren.

Seine drei Schwestern wurden mit den Einkünften aus den gesondert verpachteten landwirtschaftlichen Grundstücken des Vorwerks Ellersell, welche Allod waren, abgefunden, während diese ihr Miteigentum an den Grundstücken auf Graf Sigurd-Wilhelm übertrugen.

Nach den Angaben für die Gebäudesteuer von 1863 (Rep.H/51) waren auf dem Gutshof vorhanden: Das zweistöckige Wohnhaus für den Gutsinspektor, im Erdgeschoß massiv gebaut mit einem oberen Stockwerk aus Fachwerk und einem hohen Ziegeldach bildete den Mittelpunkt des Gebäudekomplexes an der Ostseite des Hofes. Daran schloss sich rechts (Südflügel) ein einstöckiges Wirtschaftshaus an, in dem sich die Milchkammer, die Waschküche und die Stube für einen Knecht befanden. Dann kam das Brauhaus mit einem Anbau für die Heizung. Im Südflügel war der Ochsenstall untergebracht, der Platz für 30 Tiere bot. 

Hinter diesem langen Gebäude befand sich ein Garten, der zur Straße hin durch eine Feldsteinmauer begrenzt wurde, die von der Ochsenstall neben der Hofeinfahrt bis an den Amtsteich reichte. Rechts von der Einfahrt stand der Kuh- und Rinderstall für etwa 90 Rinder. Auf der Giebelseite zur Einfahrt hin waren Wohnungen für zwei Familien. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes stand der Stall für 30 Pferde mit dazugehörigen Wagenschuppen. Die vierte Seite bildete eine Scheune. Dahinter befand sich der ca. 1 Morgen große sogenannte Klebergarten.

Die Ställe und die Scheune waren Fachwerkgebäude mit Ziegeldächern. Die Scheune wurde 1872 abgebrochen und durch einen massiven Bau mit Pappdach ersetzt. Ebenfalls massiv gebaut war der Schweinestall mit einem Taubenturm, der mitten auf dem Hof stand.

Im Dezember 1898 wurde das Gut an die Firma Friedrich Loß & Co. in Wolmirstedt verpachtet und von dieser ab Neujahr bewirtschaftet. Diese Firma betrieb u.a. die Zuckerfabrik in Wolmirstedt und auch einen Handel mit Landwirtschaftsbedarf wie Saatgut, Düngemittel usw. Das bis dahin von Angern aus bewirtschaftete Vorwerk Ellersell pachtete der Gutsbesitzer Himburg in Schricke. Er ließ dorthin von Schricke aus eine Telefonleitung legen. Neuer Gutsinspektor in Angem wurde Otto Theuerkauf.

1900 entstanden noch die Arbeiterkasernen, ein Kühlhaus und ein Maschinenschuppen. Die Schäferei befand sich nicht mit auf dem Gutshof, sondern bildete ein eigenes Gehöft. Die vier Seiten bildeten der heute noch vorhandene große Schafstall für 900 Tiere, das Schäferhaus, ein weiterer Schafstall für 600 Schafe (damals in einem schlechten Bauzustand) und ein Lämmer- und Jährlingsstall mit 300 Plätzen. Zwischen dem Gutshof und der Schäferei standen die ebenfalls noch vorhanden Arbeiterhäuser des Gutes. Allerdings hatten diese damals für jeweils zwei Familien bestimmten Gebäude nur zwei Stuben, zwei Kammern und 2 kleine Küchen. Dazu gab es noch einen Stall for 4 Schweine mit einem Raum für Brennholz.

Um 1906 hatte das Fideikommiss Angern (mit Angern-Vergunst und Althansensteil) eine Größe von 1066 ha, der zum Fideikommiss gehörige Teil des Vorwerks Ellersell von 450 ha, der allodiale Teil des Vorwerks von 120 ha. 1913 und 1929 hatte das Fideikommiss Angern eine Größe von 1663 ha, der gesondert verpachtete, zum Vorwerk Ellersell gehörige Allodialbesitz von 161 bzw. 140 ha. 870 ha des Fideikommisses bildeten den Gutsforst, die landwirtschaftlichen Flächen waren verpachtet. In etwa dieser Größe blieb der Besitz bis 1946 erhalten.

Das Fideikommiss Angern wurde nach Reichsrecht am 1. Januar 1939 aufgelöst. Unter der von der sowjetischen Besatzungsmacht durchgeführten Bodenreform wurde Graf Sigurd-Wilhelm mit seiner Familie am 4. Januar 1946 aus Angern ausgewiesen. Nach 498jähriger schulenburgischer Besitzzeit wurde das Gut entschädigungslos enteignet und zunächst an Kleinbauern verteilt; der Forst wurde verstaatlicht.

Später wurde Gut Angern eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG). Dieser Zustand blieb erhalten bis der Enkel des letzten Besitzes 1996 wieder nach Angern zurückkehrt und das Schloss sowie Teile des Gutes zurückkauft. Die im Rahmen der Bodenreform entschädigungslos enteigneten Forstflächen konnten dabei vollständig zurück erworben werden, jedoch nicht ohne erheblichen finanziellen Aufwand. > mehr zu diesem Thema

1990 wohnten in diesen Häusern der Gutsstellmacher Siedler und der Futtermeister Knochenmuß, der Hirte Andreas Behne und der Hirte W. Schulze, der Hirte Poggensee.


Quelle: Dietrich Werner Graf v.d. Schulenburg: "Geschichte des Geschlechts von der Schulenburg 1237-1983"