Das Bettzeug Christoph Daniel von der Schulenburgs im Inventar von 1752: Das unter der Rubrik „Bettzeug“ verzeichnete Textilensemble Christoph Daniel von der Schulenburgs umfasst im Inventar von 1752 mehr als 80 Einzelstücke: Bettlaken, Bezüge, Kissenhüllen, Ziehen (Überzüge), dazu Unterscheidungen nach Blattgröße, Signaturen und Nutzungszweck. Diese auffallend detaillierte Auflistung ist nicht bloß ein Anzeichen für eine disziplinierte Haushaltsführung, sondern ein Spiegel der materiellen Schlafkultur und ihrer sozialen Einbettung im 18. Jahrhundert. Sie verweist auf einen adeligen Umgang mit Intimität, Hygiene, Symbolik und Verwaltungsroutine, der bislang in der kulturgeschichtlichen Forschung noch nicht hinreichend gewürdigt ist.
Die Ordnung des Bettes – Differenzierung und Signatur
Zentral ist die konsequente Systematisierung des Bestands: Dreiblättrige, zweiblättrige und sogar „zweieinhalbblättrige“ Bettücher werden unterschieden, häufig mit farbigen Signaturen („G S“, „V S“) versehen, und mit zugehörigen Bezügen (Ziehen) kombiniert. Die „Blatt“-Einheit verweist auf die Breite des Leinens, wobei dreiblättrige Tücher ca. 2,4 m, zweiblättrige etwa 1,6 m Breite entsprechen konnten. Die Signaturen erfüllten dabei nicht nur den Zweck der Besitzkennzeichnung, sondern dienten auch der Wäscheverwaltung in größeren Haushalten – ein Indiz für einen institutionalisierten Umgang mit Textilien im Kontext des Fideikommisses (vgl. Kümin 2009, S. 144 f.).
Auch die Differenzierung in Stücke „ohne Zeichen“, „mit Flickstelle“ oder „schlecht“ zeigt, dass nicht nur Qualität und Zustand, sondern auch die Lebensdauer und Nachverfolgbarkeit einzelner Textilien Teil der Haushaltsführung waren. Dass bestimmte Stücke eigens als „für Domestiken“ gekennzeichnet sind – teils mit dem Zusatz „bald abgängig“ – verdeutlicht zudem die soziale Trennung zwischen Herrschafts- und Bedienstetenwäsche (vgl. Freist 2013, S. 278–281).
Bettwäsche als Zeichen von Komfort und sozialem Anspruch
Im 18. Jahrhundert war das Bett nicht allein Ort der Erholung, sondern ein Raum gesellschaftlicher Repräsentation und normierter Körperpflege. Es war Teil des Kabinetts, konnte bei Krankheit öffentlich besucht oder gar für politische Empfänge genutzt werden – insbesondere in höfischen Kontexten (vgl. Vigarello 2010, S. 190 ff.). Hochwertige und gepflegte Bettwäsche diente daher auch als Zeichen der kultivierten Lebensführung. Dass Schulenburg über mehrere Garnituren feiner Leinwand, farbiger Ziehen, signierter Kissenbezüge und unterschiedlich großer Decken verfügte, spiegelt sowohl seinen gehobenen Status als auch die Bedeutung des Schlafraums im kulturellen Selbstverständnis der Zeit.
Bemerkenswert ist auch der dokumentierte Besitz flachsleiner Bettücher für Domestiken. Dies verweist nicht nur auf die interne Ausstattungshierarchie, sondern auch auf die Ausdehnung höfischer Komfortstandards auf das Dienstpersonal – ein Aspekt, der mit der zunehmenden Moralisierung des Haushalts im 18. Jahrhundert einherging (vgl. Rublack 2011, S. 226).
Die materielle Dimension des Liegens
Das Bett selbst erscheint im Inventar nicht, doch über Umfang und Beschaffenheit der Textilien lässt sich auf die Größe, Qualität und Ausstattung der Liegestätte schließen. Kombinationen aus dreiblättrigen Tüchern und roten Überzügen deuten auf große Bettstellen hin, wie sie dem Rang eines Generals und Landadligen entsprachen. Die Vielzahl der Stücke legt nahe, dass mindestens drei bis vier vollständig ausgestattete Betten zur Verfügung standen – möglicherweise für Schlafzimmer, Gästezimmer oder Reisebettgestelle. Der Besitz von neuen zweiblättrigen Tüchern aus ordinärem Flachs ergänzt das Bild einer haushaltsinternen Staffelung von Qualität und Zweckmäßigkeit, wie sie für größere Adelsgüter typisch war.
Fazit
Das Bettzeuginventar Christoph Daniel von der Schulenburgs dokumentiert nicht nur die Schlafkultur einer sozialen Elite im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus, sondern zeugt von einer fein abgestimmten Textilökonomie im Spannungsfeld von Funktionalität, sozialer Distinktion und körperlichem Komfort. Die minutiöse Ordnung von Tüchern, Bezügen und Zeichen zeigt die Bedeutung materieller Disziplin für eine Adelskultur, die ihren Status nicht allein in Architektur und Bewaffnung, sondern auch im Textilbestand inszenierte und verwaltete.
Literatur
- Freist, Dagmar: Kleider machen Leute. Kleidung als Zeichen der Standes- und Geschlechterordnung im frühneuzeitlichen Europa. In: Dabringhaus, Sabine (Hg.): Ordnungen in der frühen Neuzeit, München 2013, S. 267–287.
- Kümin, Beat: The Communal Age in Western Europe, c. 1100–1800, Basingstoke 2009.
- Rublack, Ulinka: Dressing Up: Cultural Identity in Renaissance Europe, Oxford 2011.
- Vigarello, Georges: Die Geschichte des Körpers. Bd. 2: Vom Barock bis zur Moderne, Frankfurt/M. 2010.