Die Wasserburg Angern hat eine lange und komplexe Geschichte, die bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht. Sie wurde erstmals 1336 urkundlich erwähnt, als es zwischen dem Erzbischof von Magdeburg und dem Markgrafen von Brandenburg zu einer Einigung über die Besitzverhältnisse in der südlichen Altmark kam.
1341 ließ Erzbischof Otto von Magdeburg an dieser Stelle eine Wasserburg errichten. Ob es sich dabei um einen Neubau oder die Verstärkung einer bereits vorhandenen Anlage handelte, ist unklar. Die Burg war von einem tiefen Graben umgeben und verfügte über einen siebenstöckigen Turm, der das Bauwerk dominierte. Es handelte sich wahrscheinlich um einen Feldsteinbau, wie die Mauerreste an der Brücke vermuten lassen.
1381 wurde die Burg belagert, da der damalige Burgherr, Ritter Gebhard von Alvensleben, durch Raubüberfälle auf einer wichtigen Handelsstraße Feinde unter den Magdeburger Bürgern fand. Nach kurzer Beschießung wurde die Burg für 400 Mark Silber an die Angreifer übergeben und später für 900 Mark zurückgekauft. In den folgenden Jahrzehnten wechselte die Burg mehrfach den Besitzer. 1448 wurde sie den Brüdern Busso, Bernhard und Matthias von der Schulenburg als männliches Lehen zugesprochen. Die Brüder teilten den Besitz auf, was zur Entstehung mehrerer Zweige der Familie führte. Busso erhielt das Gut Vergunst, während Bernhard und Matthias das Schloss gemeinsam bewohnten, jedoch separate Gutshöfe unterhielten. Im Laufe der Jahrhunderte ging der Besitz immer wieder auf verschiedene Mitglieder der Familie über.
Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Burg mehrfach besetzt und erlitt erhebliche Schäden. 1631, nach der Belagerung und Zerstörung Magdeburgs, wurde die Burg von schwedischen Truppen angegriffen und in Brand gesetzt. Nach dem Krieg begann ein langsamer Wiederaufbau. 1650 wurde die Kirchenvisitation im Haus Heinrichs von der Schulenburg abgehalten, was auf eine Wiederbewohnung des Schlosses hindeutet. Die bauliche Situation war jedoch schwierig. Der alte Turm, der teilweise erhalten geblieben war, wurde als baufällig und reparaturanfällig beschrieben, sodass er in späteren Jahren nicht mehr genutzt wurde.
Ansicht des Erdgeschosses der Burg auf der ersten Insel mit teils verschütteten Gewölben
1735 ließ Christoph Daniel von der Schulenburg, ein General im Dienst des Königs von Sardinien, ein neues dreiflügeliges Schloss auf auf der 2. Insel erbauen, auf der sich auch der Turm befand. Dieses Gebäude wurde nach den Plänen des Magdeburger Landbaumeisters Fiedler gebaut, wobei zahlreiche Baufehler auftraten, die eine Fertigstellung verzögerten. Der Bau wurde schließlich unter der Aufsicht von Maurermeister Böse abgeschlossen. Von der ursprünglichen Burg auf der ersten Insel sowie dem Turm auf der zweiten Insel blieben Kellergewölbe erhalten, die heute zum Teil begehbar sind. Das neue Schloss wurde auf der gegenüberliegenden Burginsel errichtet, auf der sich auch der Turm befand, und verfügte über 30 Räume, darunter ein Speisezimmer und eine Alkovenstube. Dabei wurde der Keller des Turms erhalten und in den Ostflügel des Schlosses integriert. Die Einrichtung des Schlosses wurde 1752 in einem detaillierten Inventarverzeichnis dokumentiert, das einen Einblick in den Lebensstil und die Ausstattung der damaligen Zeit gibt.
Erhaltene Keller der historischen Burg Angern auf der ersten Insel
Zur Erhaltung der Kellergewölbe der alten Burg ist überliefert:
1650 wird die Kirchenvisitation im Hause Heinrich Hartwig von der Schulenburg abgehalten. Ein größeres Wohnhaus scheint nicht vorhanden gewesen zu sein. Dafür werden aber die vier Keller (siehe Abbildung) und der alte Turm erwähnt, von dem es heißt: „... worinne zwar viel Zimmer erbauet, alldieweil aber derselbe allenthalben, absonderlich im Fundament, sehr baufällig und viel zur Reparatur kosten möchte, auch dem Besitzer fast mehr schädlich als zuträglich ..." (Quelle: Dorfchronik Angern).
In den Berichten von Christoph Daniel von der Schulenburg (Rep. H Angern Nr. 412) wird detailliert geschildert, wie die baulichen Herausforderungen und der Zustand des Turmgewölbes bewertet wurden: „Sonsten ließ ich auch die in dem Turmgewölbe gehabten Sachen hervorbringen, welche in ungemein schlechten Stande angetroffen, die Hälfte vom Leinzeuge ist verdorben.“ Aufgrund der baulichen Notwendigkeiten musste das Geländeniveau vor dem Schloss abgesenkt werden, was das Turmgewölbe gefährdete: „Dieser Fehler verursacht, dass der Hof vor dem Haus verniedrigt werden muss, wodurch das Turmgewölbe nebst dem dabei stehenden Keller eingebrochen und verschüttet werden muß, maßen sonst der Platz nicht zu erniedrigen.“
Ursprünglich war geplant, das Gewölbe und den angrenzenden Graben vollständig zuzuschütten. Ein Bericht vom 18. November 1737 (Quelle: Rep. H Angern Nr. 4) zeigt jedoch, dass es Alternativen gab: „Nach vielem Überlegen [hat man] gefunden, daß der kleine Graben sowohl als die Gewölbe können konserviert werden, auf die Maße, daß man die Decke derer Gewölbe ganz wieder neu schlüge und solche niedriger mache.“ Die Landbaumeister versicherten, „daß solche nicht gar zu klein und noch brauchbar sein würden.“ Christoph Daniel selbst äußerte jedoch Zweifel an den Empfehlungen der Fachleute: „Allein ich verlasse mich nicht mehr auf dieser Herren Parole und will also … hinaus nach Angern und ausmessen.“
Trotz der abschließenden Einschätzung des Maurermeisters Böse am 22. Januar 1738 (Rep. H Angern Nr. 7) („Böse sei aber der Meinung, es wäre unpracticabel, die alten Keller behalten zu wollen), wurden die Kellergewölbe und das Turmgewölbe erhalten. Das Turmgewölbe wurde erfolgreich in den später errichteten Ostflügel integriert. Dieser Schritt war ein bewusster Versuch, die historische Substanz der mittelalterlichen Burg mit der neuen barocken Schlossanlage zu verbinden.
Das erhaltene Erdgeschoss des Turms zählt somit gemeinsam mit den Gewölben der Burg zu den wenigen Relikten der ursprünglichen Burg und stellt eine wichtige Verbindung zwischen der mittelalterlichen und der barocken Bauphase der Anlage dar. Christoph Daniel von der Schulenburgs Entscheidung, dieses Gewölbe zu bewahren, zeugt von seinem Engagement, bauliche Herausforderungen mit dem Wunsch nach Erhalt der historischen Elemente in Einklang zu bringen. Die erhaltenen Dokumente verdeutlichen nicht nur die technische Problematik, sondern auch die persönliche Verantwortung, die er für das kulturelle Erbe der Burg Angern übernahm.