Das Geschlecht derer von der Schulenburg ist eines der ältesten Adelsgeschlechter Deutschlands, dessen Wurzeln bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen.
Gerne! Hier folgt der ausführlich ausgearbeitete Abschnitt:
Stand, Stil und Symbol in einer Epoche der Verfeinerung
Der Besitz von Waffen im 18. Jahrhundert war mehr als eine Frage der Funktion – er war eine Aussage über Rang, Bildung, politisches Selbstverständnis und kulturelle Zugehörigkeit. Besonders im Zeitalter des Rokoko, das etwa von 1720 bis 1780 die Formen höfischen Lebens durchdrang, erhielt der Waffenbesitz neue Dimensionen: Er wurde zum Teil einer ästhetischen Lebensführung, die Gewalt nicht verleugnete, sondern verfeinerte.
In dieser Epoche verschob sich die Bedeutung der Waffe. Während im 17. Jahrhundert das Schwert noch als aktives Insigne der Wehrfähigkeit galt, wurde es im Rokoko zunehmend zu einem Zierat des Standes. Der Degen war Teil der höfischen Kleidung – so selbstverständlich wie der Schnallenschuh, die Perücke oder das Parfum. Ebenso wurden Jagdflinten, Pistolen oder gar Säbel nicht mehr ausschließlich zur Selbstverteidigung mitgeführt, sondern als gesellschaftlich codierte Accessoires, die Stil, Herkunft und Geschmack ausdrückten. Waffen wurden zur Mode.
Diese Entwicklung geht einher mit dem, was Norbert Elias als „Zivilisierung des Kriegeradels“ beschreibt: Der frühneuzeitliche Ritter, dessen Gewaltbereitschaft das Fundament seiner sozialen Geltung war, wurde im Absolutismus diszipliniert, reglementiert – in höfische Etikette eingebunden. Der Adel musste lernen, Gewalt zu repräsentieren, nicht mehr ungefiltert auszuüben (vgl. Elias, Über den Prozeß der Zivilisation, 1939/1976).
Gerade vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum sich ein General wie Christoph Daniel von der Schulenburg – ein hochrangiger Offizier in den Diensten des Königs von Sardinien – nicht nur mit funktionalen Waffen umgab, sondern mit Prunkstücken, Exoten und kunstvollen Mechanismen. Seine Sammlung spiegelt die Anforderungen eines höfischen Offiziers, der ebenso mit dem Degen wie mit dem Diplom umzugehen wusste. Der Besitz türkischer, italienischer und spanischer Waffen signalisiert weltläufige Erfahrung, transkulturelle Kompetenzen und ästhetisches Feingefühl – Tugenden, die ein erfolgreicher Militärdiplomat im 18. Jahrhundert verkörpern musste.
Das Rokoko selbst war eine Kunst des Leichten, des Verspielten, des Ornamentalen. Es verließ die schwere Pracht des Barock und suchte Eleganz in fließenden Linien, floralen Motiven und kontrastreichen Materialien. Diese Stilmittel finden sich auch in den Waffen Schulenburgs wieder: in damaszierten Läufen, in vergoldeten Beschlägen, in Schildpattgriffen und Perlmuttereinlagen. Waffen werden zu Kunstobjekten – und zugleich zu Trägern einer männlichen, adligen Identität, die sich zunehmend über Geschmack und Stilsicherheit definierte.
Zugleich war der Waffenbesitz im 18. Jahrhundert rechtlich reglementiert: Nur bestimmten Ständen war das Tragen bestimmter Waffentypen erlaubt. In Preußen etwa war das Tragen von Degen Offizieren und Beamten vorbehalten, während Bauern und Bürger sich mit Messern oder Stangenwaffen begnügen mussten (vgl. Lutz Schilling: Adlige Jagd im Alten Reich, 1994). Auch dies verleiht Schulenburgs Sammlung einen exklusiven Charakter – sie ist Ausdruck seiner Stellung in der Sozialhierarchie, seiner Legitimation zur Gewalt wie zur Repräsentation.
Nicht zuletzt waren Waffen auch Träger persönlicher Erinnerung: Jagderlebnisse, Feldzüge, diplomatische Missionen verdichteten sich in einem einzelnen Gegenstand. So wie ein Porträt eine Erinnerung an die Person fixiert, so fixierte eine Waffe die Erinnerung an einen konkreten Einsatz – oder an die Möglichkeit von Einsatz. In dieser Hinsicht wird Schulenburgs Sammlung zu einer Autobiografie in Eisen und Holz, einem materiellen Archiv der Biografie eines Generals, der nicht nur kämpfte, sondern sammelte, selektierte, präsentierte – ganz im Sinne eines aufgeklärten Adels, der die Gewalt symbolisch gezähmt und ästhetisch sublimiert hatte.
Elias, Norbert: Über den Prozeß der Zivilisation, Frankfurt a. M. 1976.
Schilling, Lutz: Adlige Jagd im Alten Reich, Göttingen 1994.
Wille, Claudia: Mode und Macht – Hofkleidung im 18. Jahrhundert, Berlin 2007.
Ebert-Schifferer, Sybille: Kunstkammern der Renaissance, München 2002.
Funcken, Liliane & Fred: L’armement au XVIIIe siècle, Paris 1975.
Sehr gerne – hier folgt das abschließende interpretierende Kapitel zu deinem Essay über die Waffensammlung Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburgs:
Das Kabinett Christoph Daniels zwischen Krieg, Kunst und Kultur
Wer das „zweite Kabinett“ des Schlosses Angern im Jahr 1752 betritt, begegnet nicht bloß einer Sammlung von Waffen – er betritt ein räumlich verdichtetes Selbstporträt. Die dort gelisteten Gewehre, Pistolen, Säbel, Degen, Messer, Sättel und Accessoires formen ein geschlossenes Symbolsystem, das den Lebensentwurf eines sardischen Generals in metallene, hölzerne und textile Sprache übersetzt. Das Inventar dokumentiert dabei nicht nur Besitz, sondern Bedeutung – jede Waffe erzählt eine Geschichte, nicht allein über Herkunft und Funktion, sondern über das Verhältnis des Adligen zur Welt.
Die Haubitze verweist auf Christoph Daniels militärischen Aufstieg in savoyischen Diensten, seine Kugelbüchse auf seine adlige Herrschaft über Wald und Wild. Die Flinten aus Pistoria und Brescia erzählen von diplomatischen Wegen, die blau vergüldeten Pistolen von Rang und Präsentation am Hof. Der türkische Säbel und das Messer bringen die Vorstellung vom „edlen Orient“ ins Kabinett – nicht als Feindbild, sondern als kultivierte Trophäe des Wissens und der Macht. Die Reiseaccessoires – Jagdtasche, Peitsche, grünsamtener Sattel – zeigen den General nicht nur als Kriegsmann, sondern als bewegten Menschen, der auf Feldzügen wie auf höfischen Wegen zuhause ist.
Diese Sammlung lässt sich nicht trennen vom architektonischen und kulturellen Gesamtkonzept des Schlosses Angern, das Christoph Daniel ab 1738 im Geist des Rokoko errichten ließ. Der dreiflügelige Bau, mit seiner Enfilade der Gartenzimmer, den grün und gold gefassten Kabinetten und den Deckengemälden chinesischen Geflügels, inszeniert eine Welt, in der sich Natur, Kunst und Macht verschränken. Das Waffen- und Bücherkabinett – als letzte Station dieser Raumfolge – fungiert dabei als intimer Rückzugsort wie als Bühne der Erinnerung.
Hier, inmitten von Damasttapeten, Supraporten, Schreibpulten und silberverzierten Pistolen, verdichtet sich das, was man im 18. Jahrhundert Lebenskunst nannte: ein Leben im Dienst der Krone, doch mit Bildung und Geschmack; ein Leben zwischen der Hand am Zügel und dem Blick ins Manuskript; ein Leben, das sich nicht in Uniformen erschöpft, sondern sie mit einem ethnografischen, topografischen und ästhetischen Kosmos auflädt.
Waffen werden in diesem Kontext zu mehr als Mitteln der Gewalt: Sie werden zu Narrativen in Stahl, zu Chiffren für Stationen eines Lebens, das zwischen Sardinien, Piemont, Deutschland, dem Osmanischen Raum und den Wäldern der Altmark verlief. Christoph Daniel von der Schulenburg war nicht bloß ein Sammler von Objekten, sondern von Bedeutungen – sein Kabinett war Archiv, Bühne und Spiegel zugleich.
In einer Zeit, da sich Herrschaft zunehmend über Verwaltung, Besitz und symbolische Kommunikation legitimierte, war die Waffe – sei sie auch nie benutzt – ein aktives Element der Selbstbehauptung. Und so hinterlässt uns Christoph Daniel kein bloßes Arsenal, sondern ein „Waffen-Ich“: gegliedert, gestaltet, gerichtet auf die Nachwelt.
Elias, Norbert: Über den Prozeß der Zivilisation, Frankfurt a. M. 1976.
Schilling, Lutz: Adlige Jagd im Alten Reich, Göttingen 1994.
Ebert-Schifferer, Sybille: Kunstkammern der Renaissance, München 2002.
Prochazka-Eisl, Gisela: Der Orient in der habsburgischen Waffenkammer, Wien 2006.
Wille, Claudia: Mode und Macht – Hofkleidung im 18. Jahrhundert, Berlin 2007.
Landesarchiv Magdeburg, Rep. H Angern Nr. 76: Inventarverzeichnis Schloss Angern, Januar 1752 .
Die Blankwaffen und exotischen Stücke Christoph Daniels als Zeichen von Macht, Bildung und Weltbezug
Analyse:
Der sogenannte türkische Säbel verweist auf eine Waffe des osmanischen Kulturraums, vermutlich ein Kilij oder ein Yatagan. Diese Klingen zeichnen sich durch ihre geschwungene Form und oft reich verzierte Griffe aus – vielfach aus Horn, Elfenbein oder mit Edelmetallen eingelegt.
Kontext:
Im 18. Jahrhundert galt der Besitz eines türkischen Säbels als Ausdruck eines interkulturellen Trophäenkults. Derartige Waffen fanden ihren Weg auf Schlachtfeldern, durch Geschenke osmanischer Gesandter oder als diplomatische Gegengaben in die Sammlungen europäischer Höfe (vgl. Gisela Prochazka-Eisl: Der Orient in der habsburgischen Waffenkammer, Wien 2006).
Bei Christoph Daniel dürfte der Säbel entweder auf seine savoyisch-sardischen Militärkontakte zurückgehen – etwa durch osmanische Allianzen oder Beutestücke – oder er war Teil eines diplomatischen Transfers. Seine Position im Kabinett verweist auf eine Symbolik zwischen Fremdheit und Faszination, Feldherr und Sammler.
Analyse:
Weniger martialisch als der Säbel, aber ebenso bedeutungsvoll ist das „türkische Messer“. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Kindjal, ein Dolchtyp mit breiter Klinge, oder um ein verzierbares Gürtelmesser, das als höfisches Souvenir diente.
Kontext:
Solche Stücke wurden oft mit Edelsteinbesatz, Silberbeschlägen oder Gravuren versehen. Sie gehörten zu den beliebtesten Mitbringseln von Offizieren, die auf dem Balkan, in Ungarn oder Italien stationiert waren – Regionen, in denen osmanische Kunsthandwerkstechniken nachwirkten.
Das Messer symbolisiert Orientrezeption im Taschenformat – ein intimes, kontrolliertes Bild des Anderen, eingebettet in die europäische Sammlungskultur. Vergleiche hierzu findet man u. a. in der Sammlung Prinz Eugen von Savoyens (Belvedere Wien).
Analyse:
Ein Hirschfänger mit Griff in Form eines Rehfußes war im 18. Jahrhundert ein beliebtes Jagdaccessoire und galt zugleich als symbolisches Kunstobjekt. Die Herstellung solcher Griffe erfolgte meist aus Bein oder geschnitztem Holz.
„Von Principee“ könnte auf eine Provenienz aus Piemont oder dem Hause Savoyen hinweisen, wo derartige Kombinationen aus Naturform und künstlerischer Gestaltung geschätzt wurden.
Kontext:
Dieser Hirschfänger steht exemplarisch für eine aristokratische Sammelpraxis, in der Natur und Kunst als Einheit gedacht wurden. Der Rehfuß symbolisiert das erlegte Tier, das zugleich zur zierlichen Ornamentik wird – eine typische Erscheinung im Zeitalter der barocken Jagdikonografie (vgl. Schilling, Adlige Jagd, 1994).
Analyse:
Ein Schildkrötengefäß (vermutlich aus Schildpatt) war im 18. Jahrhundert ein Ausdruck höchster Luxusverarbeitung. Schildpatt wurde bevorzugt für Griffschalen, Scheiden oder Futterale verwendet. Die zusätzliche Vergoldung deutet auf ein Prunkstück hin – keine Waffe des Gebrauchs, sondern der Zier.
Kontext:
Solche Objekte sind nicht selten Bestandteil höfischer Kunstkammern – eine Kreuzung aus Waffe, Naturkunde und Luxushandwerk. Sie knüpfen an die Idee des Kunstkammerhaften, in dem die Tierwelt ästhetisch verarbeitet wird (vgl. Sybille Ebert-Schifferer: Kunstkammern der Renaissance, München 2002).
In Christoph Daniels Sammlung nimmt dieser Hirschfänger eine meta-jagdliche Rolle ein – er verweist nicht auf die Jagd selbst, sondern auf ihre museale Sublimierung.
Analyse:
Hier ist vermutlich ein Degen gemeint, der dem bekannten kaiserlichen Waffenschmied oder Händler „von Prineesbeck“ (ggf. ein Lesefehler für Prinzenbeck oder Prinzepack) zugeschrieben wurde – ein Name, der in höfischen Inventaren häufiger auftaucht.
Der Degen war im 18. Jahrhundert die Standardwaffe des Offiziers – zugleich Waffe, Standessymbol und Kleidungsbestandteil.
Kontext:
Ein Degen mit Namensangabe verweist auf seine Wertigkeit – vergleichbar einem signierten Gemälde. Besonders im Offiziersadel galten signierte Degen als Ausdruck ritterlicher Gesinnung und technischer Exzellenz. Sie wurden oft von preußischen und österreichischen Offizieren getragen und in Porträts mitgeführt (vgl. auch die Degen Friedrichs des Großen in Charlottenburg).
Analyse:
Ein Pulverhorn aus Sardinien – mutmaßlich aus Horn, mit Metallbeschlägen – verweist direkt auf Christoph Daniels militärischen Dienst im Königreich Sardinien.
Kontext:
Pulverhörner waren alltägliche Begleiter von Infanteristen und Jägern. Doch ein landesspezifisches, eventuell verziertes Pulverhorn ist kein banales Utensil, sondern Erinnerungsobjekt, vielleicht sogar Ehrengeschenk – vergleichbar mit gravierten Pulverflaschen aus französischer oder italienischer Produktion. Es steht für eine Materialisierung von Loyalität und Dienst.
In Christoph Daniels Sammlung sind diese Stücke nicht zufällig versammelt – sie stehen exemplarisch für ein Adelsbild, das Kriegsdienst, Jagdprivileg, Kosmopolitismus und Sammelleidenschaft synthetisiert. Die Klingen stammen aus verschiedenen Räumen: dem Osmanischen Reich, Italien, dem deutschen Kulturraum. Doch alle haben sie ihren Platz im Kabinett eines Mannes gefunden, der sich als militärischer Kosmopolit, landesherrlicher Gutsbesitzer und aufgeklärter Sammler verstand.
Sie erinnern an das barocke Ideal des virtuosen Kriegers, der nicht nur mit der Waffe umzugehen wusste, sondern mit der Bedeutung derselben.
Schilling, Lutz: Adlige Jagd im Alten Reich, Göttingen 1994.
Prochazka-Eisl, Gisela: Der Orient in der habsburgischen Waffenkammer, Wien 2006.
Ebert-Schifferer, Sybille: Kunstkammern der Renaissance, München 2002.
Wille, Claudia: Mode und Macht – Hofkleidung im 18. Jahrhundert, Berlin 2007.
Funcken, Liliane & Fred: L’armement au XVIIIe siècle, Paris 1975.
Landesarchiv Magdeburg, Rep. H Angern Nr. 76: Inventarverzeichnis Schloss Angern, Januar 1752 .
Sehr gerne. Die im Inventar von 1752 überlieferten Pistolenpaare aus dem Besitz des sardischen Generals Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburg stellen ein besonderes Segment seiner Waffensammlung dar. Sie sind nicht nur militärische oder jagdliche Gebrauchsgegenstände, sondern emblematische Objekte adliger Kultur im 18. Jahrhundert: technisch raffiniert, handwerklich kunstvoll und symbolisch hoch aufgeladen.
Repräsentation, Diplomatie und Kunsthandwerk im Kleinstformat
Analyse:
Das „blau angelaufene“ Finish verweist auf ein gezieltes thermisches Verfahren, bei dem die Läufe durch kontrolliertes Erhitzen eine glänzende, blauschwarze Schutzschicht erhielten. Diese sogenannte Brünierung diente sowohl der Ästhetik als auch dem Korrosionsschutz.
Das „Cattal. Schloss“ dürfte ein Cattalanisches Schloss (von Catalan lock) meinen – eine Form des Steinschlosses, die besonders in Südfrankreich und Katalonien verbreitet war. Diese Schlossform war robust und wurde häufig mit kunstvollen Gravuren versehen.
Kontext:
Diese Pistolen stehen für noblen Pragmatismus – funktional, elegant und regional geprägt. Die katalanische Bauart verweist auf Schulenburgs internationale Ausrichtung und seine Bindung an südeuropäische Offizierskreise. Ihre Blaufärbung unterstreicht die modische Affinität des Besitzers.
Analyse:
Die Bezeichnung „Provincial à Turin“ könnte sich auf eine in Turin gefertigte oder im Piemont verbreitete Pistolenform beziehen. Turin war im 18. Jahrhundert ein wichtiges Zentrum der Waffenschmiedekunst und Hoflieferant des Königreichs Sardinien – also direkt mit Christoph Daniels Wirkungsbereich verknüpft.
Die Silbergarnitur verweist auf fest aufgenietete oder aufgesetzte Zierelemente, meist an Griff, Abzugsbügel oder Schlossplatte.
Kontext:
Diese Pistolen dürften Schulenburg als Repräsentant der sardischen Krone verliehen oder ihm in diplomatischer Funktion geschenkt worden sein. Solche Waffen trugen den Glanz des Hofes in den Feldalltag und symbolisierten Verbundenheit mit der Dynastie (vgl. Bergner 1911, S. 35).
Analyse:
Die Bezeichnung „Boyer“ verweist vermutlich auf einen französischen oder savoyischen Büchsenmacher dieses Namens. „à Rolle“ könnte ein technisches Detail oder ein Ort sein – möglicherweise Rolle am Genfersee, ein bekannter Durchgangsort in der Grand Tour.
Auch hier ist die Blaufärbung Ausdruck von Mode und technischem Stil.
Kontext:
Die Kombination von regionaler Signatur (Boyer) und technischer Raffinesse (Blaufärbung) macht diese Pistolen zu mobilen Identitätsträgern – sie markieren Schulenburg als Angehörigen eines überregionalen, frankophonen Offiziersadels.
Analyse:
Diese Pistolen sind besonders prächtig: Neben einer Messinggarnitur – oft an Kolbenhals oder Ladestockhalterungen – tragen sie goldene Inschriften oder Ornamente direkt auf den Lauf aufgebracht. Der Name „Sig. Stornati“ verweist mutmaßlich auf einen italienischen Büchsenmacher, wahrscheinlich aus Brescia oder Gardone.
Kontext:
Diese Pistolen sind der Inbegriff von Prunkwaffen, die weniger dem Gebrauch als der Selbstdarstellung dienten. Vergoldete Läufe waren ein kostspieliges Extra und häufig in Schaurüstungen oder diplomatischen Geschenksätzen vertreten (vgl. Funcken 1975, L’armement au XVIIIe siècle). Der Name des Herstellers auf dem Lauf spricht zudem für ein hohes Selbstbewusstsein der Werkstatt – ein Zeichen von Qualität und Renommee.
Analyse:
Hier handelt es sich vermutlich um Paradepistolen, deren Oberflächen gleichzeitig brüniert (blau angelaufen) und vergoldet sind – eine seltene Kombination, die sowohl auf den Kontrast von Metallfarben als auch auf das Spiel von Lichtreflexen setzt. „Kriegsarmaturen“ meint Dekorelemente in Form von Trophäen, Rüstungen, Helmen oder Kanonen.
Kontext:
Diese Pistolen dürften eigens für Repräsentationszwecke in einem Offiziersporträt oder als Bestandteil einer Uniform entworfen worden sein. Derartige Pistolenpaare erscheinen oft in zeitgenössischen Bildnissen etwa im Stil von Louis Tocqué oder Antoine Pesne – als Teil des martialischen Ikonografie-Repertoires des Adels.
Analyse:
Brescia, das lombardische Zentrum der Waffenkunst, war im 18. Jahrhundert ein Gütesiegel für präzise und verzierte Schusswaffen. „Sig. Zanoni“ ist vermutlich ein Meister der traditionsreichen Zanoni-Werkstatt, bekannt für fein gravierte Schlossplatten und harmonisch geschwungene Kolben.
Kontext:
Der Besitz eines solchen Pistolenpaars bedeutete Kunstbesitz im wörtlichen Sinne. Solche Waffen waren porträtfähig – also repräsentabel in der bildenden Kunst, etwa auf Porträts oder Vitrinen. Sie wurden selten geführt, sondern gezeigt: in Vitrinen, bei Empfängen oder als Bestandteil von Hochzeits- und Diplomatiegeschenken.
Analyse:
Damastläufe wurden durch das Verschweißen unterschiedlicher Stahlsorten gefertigt, wodurch sich eine markante Wellenstruktur auf der Oberfläche ergibt. „Sig. Mastrieto“ lässt sich als italienischer oder baskischer Waffenmeister vermuten.
Kontext:
Damast war sowohl funktional als auch dekorativ – er versprach Elastizität und Sprengsicherheit, zugleich war das Damastmuster ein ästhetisches Qualitätsmerkmal. Die Nennung des Meisters verweist auf ein ausgeprägtes Markenbewusstsein des Adels: Man besaß keine Pistole – man besaß eine Mastrieto.
Analyse:
Diese schlichten Pistolen waren offenbar Schulenburgs persönliche, alltägliche Begleiter („ordin.“ = ordinär). Sie stehen im Kontrast zur Prunkpracht der übrigen Paare.
Kontext:
In ihrer Schlichtheit kontrastieren sie mit den anderen Paaren – und dokumentieren die praktische Dimension eines Lebens, das nicht nur aus Repräsentation bestand. Diese Pistolen waren „werkzeughafte Waffen“, doch selbst sie dürften einen gewissen gestalterischen Anspruch erfüllt haben – wie etwa die Offizierspistolen aus preußischer Produktion mit dekorierten Messingbacken.
Das Ensemble der Pistolenpaare in Christoph Daniels Sammlung zeigt ein Spektrum von reinem Prunk über repräsentative Gebrauchsfähigkeit bis hin zu funktionalem Alltagsgerät. Gemeinsam ist ihnen die Funktion als symbolischer Ausdruck des Selbst – als Objekt der Weltläufigkeit, des Geschmacks, der technischen Kennerschaft und nicht zuletzt der Zugehörigkeit zu einem internationalen Militäradel.
Jede Pistole ist ein Miniaturporträt ihres Besitzers – eine geformte Form der Macht, in der sich Prestige, Technik, Herkunft und Ästhetik verschränken.
Funcken, Liliane & Fred: Le costume et les armes des soldats de tous les temps, Paris 1975.
Gaehtgens, Thomas W.: Höfische Kunst als sozialer Impuls, München 1986.
Schilling, Lutz: Adlige Jagd im Alten Reich, Göttingen 1994.
Wille, Claudia: Mode und Macht – Hofkleidung im 18. Jahrhundert, Berlin 2007.
Landesarchiv Magdeburg, Rep. H Angern Nr. 76: Inventarverzeichnis Schloss Angern, Januar 1752 .
Sehr gerne. Im Folgenden findest du eine ausführlich wissenschaftliche Analyse der Jagd- und Reiseaccessoires aus der Sammlung von Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburg, wie sie im Inventar von 1752 überliefert sind . Diese Gegenstände ergänzen das martialische Bild seiner Waffen durch eine tiefere Einbettung in die höfische Lebenswelt – zwischen Inszenierung von Landherrschaft, mobilisiertem Adel und symbolischer Territorialmacht.
Ein Beitrag zur materiellen Kultur des Landadels um 1750
Die schlichte Nennung einer „Jagdtasche“ lässt zunächst wenig vermuten. Doch im Kontext barocker Repräsentation war die Jagdtasche mehr als ein Utensil zur Mitnahme von Pulver, Kugeln oder Werkzeugen: Sie war ein emblematisches Element der Jagdkleidung, ausgestattet mit gestickten Wappen, geprägtem Leder, teilweise mit Silberbeschlägen.
In der Adelskultur des 18. Jahrhunderts galt die Jagd als legitimatorischer Ausdruck von Herrschaft über Raum und Kreatur. Der Besitz einer solchen Tasche bedeutete die Rechtsgewalt über das Jagdregal, welches spätestens seit dem Westfälischen Frieden auch in kleinerem Maßstab auf Adelige übergegangen war (vgl. Lutz Schilling: Adlige Jagd im Alten Reich, Göttingen 1994).
Die Jagdtasche war damit nicht nur praktisches Gerät, sondern ein portables Zeichen territorialer Ordnung – ein “Herrschaftsbeutel”, gleichsam ein Amtsinsigne des grundbesitzenden Adels.
Die im Inventar erwähnte Peitsche erscheint auf den ersten Blick als profanes Jagdwerkzeug. In der höfischen Ikonographie jedoch hatte sie eine doppelbödige Bedeutung: Als Instrument zur Steuerung des Pferdes stand sie für Selbstbeherrschung und technische Kontrolle, zugleich aber auch für das Recht zur Lenkung – nicht nur des Tiers, sondern auch der sozialen Ordnung.
In der barocken Reitkunst (Haute École) war die Peitsche – neben Sporen und Zügel – ein feines Steuerinstrument, das den educierten Körper des Reiters offenbarte. In Jagddarstellungen und Porträts erscheint sie oft in der Linken adliger Herren – diagonal getragen, leicht geschwungen – als Ausdruck von virtuoser Distanz zur Gewalt.
Vergleiche hierzu etwa Darstellungen von Friedrich dem Großen zu Pferde oder Gemälde des Adels im sächsischen Umfeld Augusts des Starken (vgl. Thomas W. Gaehtgens: Kunst als sozialer Impuls im höfischen Zeitalter, München 1986).
In ihrer Ausstattung und Farbwahl verweist die Angabe eines „grünsamtener[n] Sattels mit Silber garniert, wie auch grün Zeig und samtene Schabracke mit Silber“ auf ein hochrangiges Prunkreitezeug. Grüner Samt war im 18. Jahrhundert eine häufige Farbe für Jagdkleidung, aber auch für Sattelzeug – als Verbindung von naturnaher Ästhetik und luxuriösem Stoff.
Die Verwendung von Silber – sei es in der Borte, den Nägeln oder Schnallen – spricht für ein Repräsentationsgeschirr, das in zeremoniellen Anlässen (Parforcejagden, Einritten, Hochzeiten) geführt wurde. Derartige Sättel finden sich in höfischen Marställen (vgl. z. B. das Sattelzeug Friedrichs des Großen im Deutschen Historischen Museum, Berlin).
Die Kombination von grünem Samt, silberner Garnitur und samtenen Schabracken verweist auf eine hochgradige Abstimmung mit der restlichen Reitkleidung, womöglich auch mit dem Leibriemen und dem Jagdtaschenbesatz. Es geht hier um das Ensemble – den „ästhetischen Panzer“ des adligen Körpers (vgl. Elias, Über den Prozeß der Zivilisation, 1939/1976).
Der „schwarzsamtene Reisehut“ steht in der barocken Objektwelt für die Synthese von Eleganz und Funktionalität. Samt war ein empfindlicher, aber äußerst prestigeträchtiger Stoff – seine Verwendung für Reisebekleidung betont das Spannungsverhältnis von Nützlichkeit und Noblesse.
In einer Zeit, in der der Adel weite Strecken zu Pferde oder in Kutschen zurücklegte, war der Reisehut nicht nur vor Sonne und Wind schützend, sondern auch Teil eines rituell aufgeladenen Erscheinungsbilds – insbesondere beim Besuch anderer Höfe, auf dem Weg zum Dienst oder auf Grand Tour. Solche Hüte wurden oft mit einer feinen Silberstickerei, Federschmuck oder Nadeln verziert und konnten aufwendig gefaltet werden (vgl. C. Wille: Mode und Macht – Hofkleidung im 18. Jahrhundert, Berlin 2007).
Als Teil der „Reisegarnitur“ nahm der Hut dieselbe Funktion ein wie eine Kavallerieoffiziersparadeuniform – eine tragbare Visitenkarte, ein Ausdruck von mobilisierter Sozialität.
Die in Schulenburgs Sammlung befindlichen Accessoires erzählen von einer hochritualisierten adligen Lebensweise, in der Jagd, Bewegung und Repräsentation ineinander griffen. Ob zu Pferd im Forst, in der Kutsche auf diplomatischer Mission oder zu Fuß im Garten – die Gegenstände waren nicht nur funktionale Objekte, sondern Träger sozialer Codes.
Die Peitsche war kein bloßes Reitutensil, sondern ein Attribut der Kontrolle. Die Jagdtasche war nicht nur Stauraum, sondern Zeichen des Rechts. Der Reisehut war nicht Schutz, sondern Insignie der Weltläufigkeit. Zusammen ergeben diese Objekte ein Habitusmodell des mobilen Adels, das den Körper, das Tier, das Revier und die Repräsentation zu einem symbolischen Raum verknüpfte.
Elias, Norbert: Über den Prozeß der Zivilisation, Frankfurt a. M. 1976.
Gaehtgens, Thomas W.: Höfische Kunst als sozialer Impuls, München 1986.
Schilling, Lutz: Adlige Jagd im Alten Reich, Göttingen 1994.
Wille, Claudia: Mode und Macht – Hofkleidung im 18. Jahrhundert, Berlin 2007.
Funcken, Liliane & Fred: Le costume et les armes des soldats de tous les temps, Paris 1975.
Landesarchiv Magdeburg, Rep. H Angern Nr. 76: Inventarverzeichnis Schloss Angern, Januar 1752 .
Gerne – hier folgt eine ausführlichere, literarisch-wissenschaftlich ausgearbeitete Prosaform der Detailanalyse zu ausgewählten Waffenstücken aus dem Besitz von Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburg, wie sie im Inventar von 1752 verzeichnet sind. Die Betrachtung erfolgt im Lichte höfischer Repräsentationskultur, adliger Jagd- und Militärtraditionen sowie des materiellen Symbolismus des 18. Jahrhunderts.
Ein Beitrag zur Sammlung des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg in Angern (1752)
In einem mit grün und schwarz marmorierter Wachsleinwand tapezierten Kabinett des Schlosses Angern, das 1752 als „zweites Kabinett“ oder „Polterkammer“ im Inventar erscheint, befindet sich eine bemerkenswerte Ansammlung von Schuss- und Blankwaffen . Dieses Ensemble reflektiert nicht nur den militärischen Werdegang seines Besitzers, sondern ist zugleich Ausdruck einer typischen adligen Sammelkultur im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus.
An erster Stelle der Auflistung steht eine „Haubitze zu Grenaden“. Diese Bezeichnung verweist auf eine Kurzrohrkanone mit großer Streuwirkung, wie sie insbesondere zur Belagerung und im Häuserkampf verwendet wurde. Die Aufnahme einer derart schweren Waffe in ein Interieur, das zugleich Bibliothek und Privatkabinett war, kann kaum praktischen Zwecken gedient haben. Vielmehr ist sie als Trophäe zu deuten – eine plastische Manifestation militärischer Autorität, vergleichbar den in europäischen Schlössern ausgestellten Beutegeschützen, etwa im Zeughaus Berlin oder in der Dresdner Rüstkammer (vgl. Katalog: Schätze der Rüstkammer, 2004).
Christoph Daniel hatte sich in den Diensten des Königs von Sardinien militärisch ausgezeichnet . Die Haubitze im Kabinett fungiert somit als symbolisches Relikt dieser Karriere, eingebettet in die Inszenierung eines aufgeklärten, siegreichen Soldatenlebens – zwischen Mars und Minerva.
Noch deutlicher tritt das repräsentative Moment bei dem mit Perlmutter und Elfenbein ausgelegten Musquetton hervor. Es handelt sich um eine verkürzte Muskete, ursprünglich für Dragoner oder berittene Truppen bestimmt. Doch die kostbare Verzierung verrät ihre eigentliche Funktion: Nicht als Gebrauchswaffe, sondern als Schaustück diente sie der Demonstration von Geschmack, Status und Weltgewandtheit.
Solche Luxuswaffen waren häufig diplomatische Geschenke – etwa zwischen Offizieren, Fürsten oder im Rahmen militärischer Allianzen. Sie entsprachen dem Typus jener Waffen, die in höfischen Sammlungen des 18. Jahrhunderts etwa in Dresden oder Versailles zu finden sind (vgl. L. Funcken: L’armement et la vie militaire au XVIIIe siècle, Paris 1975). Der Musquetton steht hier als Chiffre für Zivilität in der Gewalt: das gezähmte, kultivierte Soldatentum.
Mit der gezogenen Kugelbüchse hielt ein weiteres markantes Statussymbol Einzug in Schulenburgs Sammlung. Anders als glattläufige Jagdflinten ermöglichte sie dank ihrer Drallzüge eine deutlich präzisere Schussabgabe und war demnach für die Pirschjagd auf Hochwild prädestiniert.
Im 18. Jahrhundert war der Besitz einer Kugelbüchse ein deutliches Zeichen adliger Exklusivität. Nur wenige standen in den Genuss der entsprechenden Jagdreviere und der kostenintensiven Waffen. Wie Schilling feststellt, gehörte die Jagd zur „symbolischen Praxis territorialer Kontrolle“ des Landadels (Schilling, Lutz: Adlige Jagd im Alten Reich, Göttingen 1994). In Schulenburgs Fall verband sich damit das Ideal des civilisierter Kriegers und Gebieter über die Natur.
Eine weitere auffällige Waffe ist die lange Flinte „mit ganzem Schaft von Nussbaumholz, ganz weiß garniert“. Nussbaum war nicht nur ein edles, sondern auch ein elastisches und stabiles Holz – in der Waffentechnik geschätzt. Die „weiße Garnierung“ deutet auf Applikationen aus Bein, Horn oder Elfenbein, wie sie bei Prunkwaffen Verwendung fanden.
Diese Flinte könnte zur Jagd oder – wahrscheinlicher – zur Präsentation während Gesellschaften oder Paraden gedient haben. Sie steht in der Tradition jener parade guns, wie sie in den Arsenalzimmern von Versailles oder in deutschen Jagdschlössern gezeigt wurden. Als „verlängerte Linie“ war sie ein Ausdruck mathematischer und gestalterischer Harmonie – ganz im Sinne des Rokoko-Ideals von Leichtigkeit und Anmut.
Besonders kurios wirkt die Erwähnung einer Flinte „mit italienischem Schiebeschloss, welche man zusammenlegen kann“. Dabei handelt es sich vermutlich um eine zerlegbare Reisebüchse mit einer seltenen Schlossmechanik. Solche technisch anspruchsvollen Konstruktionen wurden oft in Brescia oder Gardone gefertigt und galten als Höhepunkt europäischer Büchsenmacherkunst.
Diese Waffe symbolisiert den technischen Kosmopolitismus des aufgeklärten Adels, für den Mechanik, Präzision und Kunsthandwerk eine zentrale Rolle spielten. Die Fähigkeit, eine Flinte zusammenzulegen, korrespondiert mit der Idee der mobilen Gewalt – sei es auf der Jagd, im Feld oder auf diplomatischer Reise.
Auch die halbgeschäftete „spanische Flinte, so blau angelaufen“ ist ein typisches Beispiel repräsentativer Waffengestaltung. Das Blaulaufen – eine kontrollierte Oxidation – verlieh dem Stahl einen tiefblauen Glanz und diente zugleich dem Korrosionsschutz. Es war ein Modeeffekt wie auch ein Zeichen von Raffinesse.
Die „Brescianer Pistolenläufe“ – ebenfalls im Besitz – verweisen auf die norditalienische Stadt Brescia, ein Zentrum für feinste Waffenschmiedekunst. Waffen aus Brescia, oft mit floralen Gravuren, Einlagen und Monogrammen versehen, waren im 18. Jahrhundert hochbegehrt. Der Besitz solcher Teile weist auf Kontakte zu italienischen Hofwaffenlieferanten hin – und unterstreicht Schulenburgs Verankerung in einem europäischen Netzwerk des Stils und der Macht.
Die Waffen in Christoph Daniel von der Schulenburgs Sammlung sind mehr als funktionale Geräte – sie sind Artefakte einer Selbstbeschreibung. Sie verkörpern in Metall, Holz und Ornament den Lebensentwurf eines sardischen Generals, eines gelehrten und kunstsinnigen Grandseigneurs, der Krieg, Jagd, Repräsentation und Technik zu einem individuellen Kosmos verband.
Wie bereits Norbert Elias in seinem Werk Über den Prozeß der Zivilisation (1939) bemerkte, entwickelte der Adel in der Frühen Neuzeit spezifische Formen der „Selbstzähmung“. Die Waffen Schulenburgs sind in dieser Perspektive keine Instrumente der Gewalt mehr – sondern Objekte der Disziplin, des Rangs und der habitusprägenden Distinktion.
Elias, Norbert: Über den Prozeß der Zivilisation, Frankfurt a. M. 1976 (Original: Basel 1939).
Funcken, Liliane & Fred: L’armement et la vie militaire au XVIIIe siècle, Paris 1975.
Schilling, Lutz: Adlige Jagd im Alten Reich: Zur politischen Kultur des Adels im 17. und 18. Jahrhundert, Göttingen 1994.
Brülls, Holger / Könemann, Dorothee: Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt, Band 10.2 Ohrekreis, Petersberg 2001.
Bergner, Heinrich: Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Wolmirstedt, Halle 1911.
Landesarchiv Magdeburg, Rep. H Angern Nr. 76: General-Inventarium Schloss Angern, Januar 1752 .