Burg Angern
Die um 1340–1350 gegründete Burg Angern bewahrt in seltener Geschlossenheit die originale Bau-, Erschließungs- und Verteidigungsstruktur einer hochmittelalterlichen Wasserburg und nimmt damit eine herausragende Stellung innerhalb der norddeutschen Burgenlandschaft ein.

Funktion, Bauweise und Erhaltungszustand. Das sogenannte Pforthäuschen der Burg Angern nimmt in der architektonischen Struktur und historischen Überlieferung der Anlage eine besondere Stellung ein. Als Übergang zwischen der festlandseitigen Vorburg und der wasserumwehrten Hauptburginsel war es nicht nur ein architektonisches Bindeglied, sondern auch ein funktionales Kontrollzentrum und ein Symbol der herrschaftlichen Ordnung. Der Begriff "Pforthäuschen" bezeichnet in der mittelalterlichen Burgenkunde in der Regel einen kleineren Torbau, der nicht die Funktion eines Großtores mit Zwingeranlage, sondern eines seitlichen oder vorgelagerten Wach- und Kontrollpunkts übernimmt. In Angern war das Pforthäuschen am äußeren Ende der Zugbrücke auf der Hauptinsel angesiedelt. Es kontrollierte den Zugang zur Inselburg, die durch einen Wassergraben vom festländischen Vorbereich getrennt war. 

Ein zentraler Hinweis auf seine Existenz und Bedeutung stammt aus der Dorfchronik Angern, in der der Zustand der Anlage nach der Zerstörung von 1631 beschrieben wird:

„Außer dem mangelhaften Brauhause ohne den geringsten Inhalt und einem Dach- und Fachlosen Viehstall nur noch das Pforthäuschen stand.“ (Dorfchronik Angern, Gutsarchiv, um 1650).

Diese Passage belegt, dass das Pforthäuschen – im Gegensatz zu den übrigen Vorburgbauten – den Brand überstand und vermutlich massiv gebaut oder durch seine Lage geschützt war. Es war damit das einzige erhaltene funktionale Bindeglied zwischen Vorburg und Hauptinsel.

Funktional diente das Pforthäuschen der Überwachung des Personen- und Warenverkehrs. Es war der übliche Ort für die Begrüßung von Besuchern, das Abfassen von Nachrichten, das Überbringen von Befehlen oder die Einweisung von Lieferanten. In Klosteranlagen wie Loccum oder Corvey übernahmen vergleichbare Bauten eine kombinierte Wach- und Empfangsfunktion. In Adelsburgen wie Ziesar oder Kalbe (Milde) befinden sich Pforthäuschen stets in der Achse der Zugangsbrücke, meist unmittelbar auf dem Inselkörper.

Ob das Pforthäuschen bewohnt war, lässt sich nicht belegen, ist jedoch aufgrund der Quellenlage ("nur noch das Pforthäuschen stand") als wahrscheinlicher Notaufenthaltsort nach der Zerstörung anzunehmen.

Das Pforthäuschen der Burg Angern befand sich, wie der Grundriss nahelegt, unmittelbar am inneren Ende der nördlichen Zugbrücke auf der Hauptinsel. Es diente als Kontroll- und Durchgangsbau, vermutlich mit einem Tonnengewölbe oder einer kleinen Oberstube über dem Eingang. Der rückwärtige Ausgang des Pforthäuschens öffnete sich direkt in den zentralen Wirtschaftshof der Anlage, wodurch eine klare Sichtbeziehung zu den Hauptgebäuden – wie Wohnhaus, Küche und Speicher – bestand. Diese Raumfolge entspricht dem typischen Aufbau vergleichbarer Anlagen wie Ziesar oder Lenzen, wo das Torhaus ebenfalls direkt an der Brückenachse lag und in den offenen Innenhof überleitete. Auch in Beetzendorf lässt sich eine ähnliche Abfolge nachweisen. Es ist daher architektonisch korrekt, dass das Pforthäuschen in Angern nicht isoliert, sondern funktional und räumlich eingebunden war – als Schwelle zwischen befestigtem Außenraum und dem inneren Kernbereich der Hauptinsel. Der Zugang erfolgte wahrscheinlich über einen gepflasterten, leicht abschüssigen Hofbereich.

Die erhaltene Bezeichnung und Überlieferung machen das Pforthäuschen zu einem der bedeutendsten Einzelelemente in der Rekonstruktion der funktionalen Gliederung von Burg Angern. Seine Sonderstellung ergibt sich aus seiner strategischen Lage, seiner architektonischen Robustheit und seiner symbolischen Bedeutung als Schwelle zwischen weltlicher Arbeit und herrschaftlichem Raum.

Quellen

  • Dorfchronik Angern, Handschrift um 1650, Gutsarchiv Angern
  • Ziesemer, Ernst: *Die mittelalterlichen Burgen der Altmark*. Magdeburg 1994
  • Boockmann, Hartmut: *Die Burgen im deutschen Sprachraum*. München 2002
  • Pätzold, S.: *Pforten und Torhäuser im Mittelalter*. In: *Burgen und Schlösser* 1/2017, S. 5–19
Die Burganlage von Angern in der heutigen Altmark (Sachsen-Anhalt) gehört zu den bedeutenden Wasserburgen der Altmark. Ihre Entwicklung lässt sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen, als sie im Rahmen der hochmittelalterlichen Landesausbauprozesse errichtet wurde. Die Hauptburg entstand auf einer künstlich angelegten Insel innerhalb eines doppelten Wassergrabensystems. Von der ursprünglichen Anlage ist heute vor allem die Struktur des Geländes erhalten, während die bauliche Substanz größtenteils durch kriegerische Ereignisse wie die Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg (1631) sowie durch barocke Umbauten im 18. Jahrhundert überformt wurde. Palas, Innenhof und Bergfried der Burg Angern (KI generiert)
Im 14. Jahrhundert war die Altmark Schauplatz konkurrierender Herrschaftsansprüche. Die Markgrafen von Brandenburg, das Erzbistum Magdeburg und verschiedene Adelsfamilien wie die von Alvensleben und von Grieben rangen um Besitz, Lehensrechte und lokale Macht. Die Gründung der Burg in Angern diente der Erzdiözese Magdeburg zur militärischen Sicherung und verwaltungstechnischen Kontrolle ihrer südaltmärkischen Besitzungen. Die Anlage einer Wasserburg mit Wehr- und Wohnfunktion manifestierte die landesherrliche Präsenz in einem territorial instabilen Raum.
Zwischen Elbe und Altmark – Die Lage Angerns im mittelalterlichen Verkehrs- und Handelsnetz um 1350. Im 14. Jahrhundert war das mitteldeutsche Elbegebiet durch ein dichtes Netz an Wasser- und Landwegen geprägt, das wirtschaftlich, politisch und strategisch große Bedeutung hatte. Die Ortschaft Angern , gelegen zwischen der Stadt Magdeburg und der Altmark, bildete einen Zwischenraum, der zwar nicht direkt an den großen Handelszentren lag, aber in ihrer Nähe an bedeutenden Verkehrsachsen teilhatte. Dieses Essay untersucht die Rolle Angerns im Kontext überregionaler und regionaler Handelsverbindungen um 1350 und analysiert die mögliche Funktion der dortigen Burganlage vor dem Hintergrund zeitgenössischer Verkehrsstrukturen.
Die Besitzgeschichte der Burg Angern lässt sich ab dem 14. Jahrhundert anhand von Lehnbriefen, Pfandverträgen und erzbischöflichen Urkunden nachvollziehen. Die frühe Geschichte ist dabei durch häufige Besitzerwechsel und konkurrierende Lehnsverhältnisse geprägt, was auf die strategische Bedeutung der Anlage und den politischen Druck auf das Erzstift Magdeburg hinweist. Erstmals wird die Burg im Jahr 1343 als Besitz eines Gerlof von Brunhorcz erwähnt. Im Jahr 1363 erscheint Lüdecke von Grieben als Lehnsträger. Er war kein Angehöriger der hochadeligen Familie von Grieben, sondern ein Vasall, der deren Namen übernommen hatte – ein im Mittelalter verbreitetes Phänomen, um familiäre Zugehörigkeit oder Schutzverhältnisse zu demonstrieren. 1370 sind Lüdecke von Grieben und zwei Söhne des Ritters Jakob von Eichendorf gemeinsam mit Angern belehnt.
1735 ließ Christoph Daniel von der Schulenburg, ein General im Dienst des Königs von Sardinien, ein neues dreiflügeliges Schloss auf auf der 2. Insel erbauen, auf der sich auch der Turm befand. Dieses Gebäude wurde nach den Plänen des Magdeburger Landbaumeisters Fiedler gebaut, wobei zahlreiche Baufehler auftraten, die eine Fertigstellung verzögerten. Der Bau wurde schließlich unter der Aufsicht von Maurermeister Böse abgeschlossen. Von der ursprünglichen Burg auf der ersten Insel sowie dem Turm auf der zweiten Insel blieben Kellergewölbe erhalten, die heute zum Teil begehbar sind.
Dieser Rundgang durch die Burg Angern um das Jahr 1350 basiert auf einer sorgfältigen Rekonstruktion historischer Quellen, archäologischer Befunde und baugeschichtlicher Analysen. Alle Szenen, Räume und Details wurden unter Berücksichtigung realer Gegebenheiten der mittelalterlichen Anlage entwickelt – etwa der erhaltenen Tonnengewölbe, der typischen Bauweise von Palas, Bergfried und Wirtschaftsflügeln sowie Hinweise aus Inventaren und schriftlichen Überlieferungen. Ziel ist es, nicht nur die äußere Gestalt, sondern auch die Atmosphäre und Lebenswelt einer spätmittelalterlichen Burg erlebbar zu machen – so nah wie möglich an der historischen Realität, doch mit erzählerischer Tiefe. Die Bilder zeigen fotorealistische Rekonstruktionen der Burg Angern um 1350. Sie basieren auf archäologischen Befunden, historischen Quellen und vergleichbarer Bausubstanz – realitätsnah umgesetzt mit moderner KI-Technik. Von der Vorburg zum Pforthäuschen
Die bisherigen Beobachtungen lassen erkennen, dass die Burg Angern eine herausragend vollständige hochmittelalterliche Bau- und Erschließungsstruktur bewahrt hat. Besonders hervorzuheben ist die nahezu vollständig erhaltene Grundrissstruktur des Palas Erdgeschosses mit zentralem Flur, einem bauzeitlichen Umkehrgang und der originalen Treppenanlage ins Obergeschoss. Der Umkehrgang, als bewusst angelegtes Verteidigungselement, dokumentiert anschaulich die funktionale Sicherheitslogik hochmittelalterlicher Wasserburgen. Ergänzend belegt das erhaltene Eingangsgewände aus sorgfältig gearbeitetem dunkelgrauem, feinkörnigem Naturstein die hochwertige bauliche Ausführung des Palas und ordnet sich stilistisch in den Kontext vergleichbarer Burgen der Region ein. Seine Erhaltung bestätigt die Bauphase der Anlage um 1340–1350.
Die Burg Angern um 1350: Architektur und Aufbau einer mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark. Die Burg Angern, errichtet um 1341 unter Erzbischof Otto von Magdeburg, stellt ein herausragendes Beispiel für den Typus der mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark dar. Inmitten eines künstlich angelegten Wassergrabens erhoben sich die Hauptburg auf einer nördlichen Insel sowie der Bergfried auf einer südlichen Nebeninsel. Die hier dargestellte Rekonstruktion basiert auf archäologischen Restbefunden, historischen Quellen (Rep. H Angern Nr. 79; Dorfchronik Angern) und Vergleichen mit zeitgenössischen Anlagen wie Kalbe (Milde), Beetzendorf und Salzwedel.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.