Vom homo militaris zum homo civilis: Zwei Bibliotheken–zwei Weltbilder. Die Bibliotheken auf Schloss Angern eröffnen ein einzigartiges Fenster in die geistige Welt zweier Generationen des altmärkischen Adels im 18. Jahrhundert. Was zunächst als private Büchersammlung erscheinen mag, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Spiegel tiefgreifender gesellschaftlicher, politischer und kultureller Transformationen. In den Werken, die Christoph Daniel von der Schulenburg (1679–1763) zusammengetragen hatte, verdichtet sich das Selbstverständnis eines preußischen Generalfeldmarschalls, der sich als homo militaris et politicus im Dienst von Krone und Staat verstand – geleitet von strategischem Denken, staatsrechtlicher Reflexion und diplomatischer Praxis.
Lehnsrecht und Besitzteilung am Beispiel von Angern: Zur Struktur schulenburgischer Herrschaft im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit. Das Lehnswesen bildete über Jahrhunderte hinweg das rechtliche Rückgrat adliger Besitz- und Herrschaftsausübung. Am Beispiel des altmärkischen Guts Angern, das zum zentralen Besitzkomplex des sogenannten weißen Stammes der Familie von der Schulenburg gehörte, lässt sich die langfristige Wirkung lehnsrechtlicher Normen, vor allem der agnatisch organisierten Erbfolge, exemplarisch untersuchen.
Die Familiengruft des Hauses von der Schulenburg in der Kirche zu Angern. Befund, Genealogie und Memorialkultur im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Unter dem Turm der Kirche von Angern befindet sich die eigens für das Haus Angern eingerichtete Familiengruft derer von der Schulenburg. Ein Schriftstück aus dem Jahr 1733 (Gutsarchiv Beetzendorf, Rep. H Beetzendorf BI Nr. 202) belegt, dass die Gruft zeitgleich mit dem Kirchturmbau neu angelegt wurde. Sie ist ausschließlich den Mitgliedern der Linie Angern vorbehalten; der verwandten Linie Gut Vergunst wurde zugesichert, dass auf Wunsch ein eigenes Gewölbe in der Kirche eingerichtet werde.
Die Anordnung der Särge erfolgt in zwei gestaffelten Ebenen, die durch Balkenkonstruktionen getragen werden. Die Särge bestehen sowohl aus Holz als auch aus Stein und zeigen durch Inschriften, Materialwahl und Größenverhältnisse eine klare hierarchische Differenzierung. Ergänzt wird die Anlage durch Kindersärge, teilweise ohne Beschriftung, was auf Kindersterblichkeit innerhalb der Familie verweist.
Das Gutsarchiv Angern zählt zu den bedeutendsten Adelsarchiven der Altmark. Seine Überlieferung reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück und dokumentiert in großer Kontinuität die Besitz-, Familien- und Verwaltungsgeschichte des Hauses von der Schulenburg. Besonders aufschlussreich sind die umfangreichen Serien ab dem 17. Jahrhundert, etwa zu Wiederaufbau und Neubau der Anlage nach 1631, zur Erbfolge, Güterverwaltung und Korrespondenz im In- und Ausland. Die Akten bieten damit eine fundierte Grundlage für die Rekonstruktion der politischen, wirtschaftlichen und baulichen Entwicklung des Ritterguts Angern bis ins 19. Jahrhundert.
Das Tagebuch von Sigurd Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg aus dem Jahr 1945 dokumentiert mit persönlicher Eindringlichkeit den Zusammenbruch der alten Ordnung, das Kriegsende in Angern und den Beginn eines Lebens im sowjetischen Exil.
Christoph Daniel von der Schulenburg (1679–1763) war die zentrale Gestalt des Wiederaufbaus und der Neuordnung des Ritterguts Angern im 18. Jahrhundert. Nach seiner Karriere im Dienst des Königs von Sardinien kehrte er mit beträchtlichen Mitteln zurück und kaufte 1735 die durch Insolvenz verlorenen Anteile seines Bruders zurück. Er vereinigte das Gut erstmals vollständig, ließ das Schloss neu errichten, stiftete 600 Reichstaler für den Wiederaufbau der Kirche und begründete 1762 das Fideikommiss Angern. Sein Wirken markiert den Übergang vom kriegszerstörten Gut zum barocken Herrensitz.
Christoph Daniel baute eine bedeutende Waffensammlung auf, die sich durch ihren historischen und repräsentativen Charakter auszeichnete und bis heute als Ausdruck seines militärischen Standesbewusstseins und seines kunstsinnigen Sammelinteresses gilt.
Die Bibliothek des preußischen Generalfeldmarschalls Christoph Daniel von der Schulenburg im Schloss Angern war ein strategisch kuratierter Bildungskanon, der militärisches Wissen, politische Theorie und moralphilosophische Reflexion zum intellektuellen Fundament adeliger Selbstvergewisserung im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus verband.
Das Garderobeninventar des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg von 1752 ist ein einzigartiges Zeugnis barocker Besitz- und Ordnungskultur im mitteldeutschen Adel, das durch seine außergewöhnliche Detailliertheit nicht nur die materielle Lebenswelt eines hochrangigen Offiziers dokumentiert, sondern zugleich den Übergang von höfischer Repräsentation zu aufgeklärter Rationalität sichtbar macht und vielfältige Einblicke in die sozialen, kulturellen und funktionalen Strukturen adeliger Lebensführung bietet.