Das Mémoire zur Gartenanlage in Angern, das Christoph Daniel von der Schulenburg 1745 verfasste, ist nicht nur ein Dokument barocker Gartenideale, sondern vor allem ein bemerkenswert praxisnaher Leitfaden für die kontinuierliche Pflege und Bewirtschaftung eines Gutsgartens. Schulenburgs Gartenanweisung umfasst in 29 nummerierten Punkten konkrete Vorschriften, die sowohl auf Effizienz als auch auf gestalterische Wirkung abzielen.
Zentral ist dabei das Prinzip der „Nutzbarmachung unter ästhetischer Ordnung“: Der Garten sollte schön und zugleich produktiv sein. In dieser Perspektive gewinnt die Pflege selbst eine zentrale Rolle. Es heißt zum Beispiel: „Was nichts trägt, soll vertilget werden, und es sollen die Bäume, so schwach sind oder nur Holtz machen, daraus getan werden.“ Schulenburg verlangt damit, dass Pflanzen nicht aus Sentimentalität oder ästhetischer Wirkung erhalten bleiben, sondern ihren praktischen Wert unter Beweis stellen müssen.
Ordnung, Übersichtlichkeit und ständige Pflege sind die leitenden Prinzipien. Die Gartenwege sollen stets freigehalten und die Quartiere regelmäßig geschnitten werden. „Es müssen die Quartiere fleißig geschnitten, von Unkraut gereiniget und mit Ordnung gehalten werden.“ Dieser Satz zeigt exemplarisch, wie stark Schulenburg das Gartenbild als Ausdruck einer inneren Ordnung verstand, die sich im äußeren Erscheinungsbild manifestieren sollte.
Auch die Baumzucht wird mit technischer Klarheit behandelt. So heißt es zur Baumschule: „Die jungen Bäume müssen zur rechten Zeit versetzet werden, da sie sonst Wurzel faulen oder zu groß und untauglich werden.“ Hier wird die Beobachtungsgabe und Sachkenntnis des Gutsbesitzers spürbar. Schulenburg will keine symbolischen oder repräsentativen Gärten, sondern funktionierende Systeme, die mit Planbarkeit und Sorgfalt bewirtschaftet werden.
Ein besonders einprägsames Beispiel für diese Haltung ist die Forderung: „Alles, was krumm, verwachsen oder unnütz ist, soll ohne Bedencken hinausgethan werden.“ Diese pragmatische Strenge verweist auf ein Gartenideal, das mit dem aufgeklärten Staats- und Ordnungssinn des preußischen Adels korrespondiert. Der Garten ist Spiegel der Moral, der Arbeitsdisziplin und des Standesbewusstseins.
Bemerkenswert ist, dass Schulenburg seine Vorschriften nicht als vorläufige Anordnung, sondern als dauerhaftes Reglement versteht. Immer wieder wird betont, dass die Pflege fortwährend, regelmäßig und mit Kenntnis zu erfolgen habe. „Man muß den Gärtnersleuten beständig sagen, was zu thun ist, und die Arbeit selbst beschauen.“ Schulenburg spricht hier nicht nur als Gartenfreund, sondern als disziplinierter Gutsherr mit militärischer Präzision.
Das Mémoire von Angern ist somit kein theoretisches Lehrbuch, sondern ein in Alltag und Jahreslauf eingebetteter Ordnungsplan. Es vereint Elemente barocker Gartenkunst mit dem landwirtschaftlichen und wirtschaftlichen Denken des preußischen Landadels. In der Strenge, aber auch in der Klarheit dieser Vorschriften liegt die besondere historische Aussagekraft des Dokuments.