Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt.

Finanzielle Lasten und Investitionsprioritäten beim Schlossbau in Angern – Eine Analyse der Ausgabenbilanz von 1737. Die Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 stellt ein aufschlussreiches Dokument über die ökonomischen Rahmenbedingungen und Prioritätensetzungen während der frühen Phase des barocken Schlossbaus in Angern dar. Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburg, der damalige Besitzer des Ritterguts, ließ die Anlage ab 1735 unter erheblichen finanziellen Aufwendungen neu errichten. Die Bilanz verzeichnet zwischen 1735 und Mai 1737 Gesamtausgaben in Höhe von 22.026 Talern, 16 Silbergroschen und 8 Pfennig, von denen 9.100 Taler explizit als baugebundene Ausgaben ausgewiesen sind.

Dabei handelt es sich jedoch nicht um den Abschluss der Bauarbeiten, sondern um einen Zwischenstand: Wie archivalisch belegt ist, war das Herrenhaus im Frühjahr 1740 noch nicht bewohnbar, und sowohl die Innenausstattung als auch wesentliche bauliche Elemente wurden erst in den Folgejahren bis mindestens 1752 vollendet . Die Bilanz von 1737 dokumentiert somit die erste große Bauetappe, in der insbesondere Erd- und Rohbau, Dachkonstruktion sowie die Umfassungsmauer des Grabens abgeschlossen wurden – nicht aber die Innenräume, Möblierung, Bibliothek oder Waffenkammer.

Kreditfinanzierung und Schuldendienst – Struktur und Strategie der Baufinanzierung

Die Errichtung des neuen Schlosses Angern in den 1730er Jahren war ein finanzielles Großprojekt, das die Möglichkeiten des laufenden Gutsbetriebs bei Weitem überstieg. Christoph Daniel von der Schulenburg, langjähriger General in savoyischen Diensten, verfolgte dabei eine klar strukturierte und langfristig angelegte Finanzierungspolitik, die auf einer Kombination aus internationalem Kapital, regionalen Pachterträgen und einem systematisch gesteuerten Schuldendienst beruhte.

Im Jahr 1735 beliefen sich die dokumentierten Einnahmen auf 8.542 Taler, 23 Silbergroschen, während die Ausgaben bei 8.189 Talern lagen. Bereits in diesem Jahr finden sich Zahlungen in Höhe von 2.940 Talern an „Capitalien und Agio“ sowie 396 Taler an Zinsverpflichtungen. Schon zu diesem Zeitpunkt diente also fast ein Drittel der gesamten Haushaltsmittel dem Schuldendienst. In der parallel geführten Quittungsliste erscheinen drei große Überweisungen aus Turin mit einem Gesamtwert von 10.027 Talern, die nachweislich zur Deckung von Baukosten und sonstigen Auslagen herangezogen wurden. Es ist davon auszugehen, dass diese Mittel aus Vermögensrücklagen stammten, die Christoph Daniel im Dienst des Königs von Sardinien angesammelt hatte. Die Transfers lassen auf stabile Bankverbindungen in Turin oder Genua schließen und belegen die Einbindung des Bauprojekts in ein transnationales Finanzgefüge.

Die Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 zeigt dies besonders deutlich: Der mit Abstand größte Einzelposten betrifft die Rückzahlung von aufgenommenen Kapitalien sowie die damit verbundenen Zinslasten. Insgesamt wurden 9.888 Taler, 21 Silbergroschen und 4 Pfennig für „Capitalien und Agio“ gezahlt, hinzu kamen 843 Taler, 21 Silbergroschen an „Interesse von Capitalien“. Die resultierende Schuldendienstlast von insgesamt 10.732 Talern in den Jahren 1735 bis Mai 1737 entsprach knapp 49 % der gesamten Ausgaben  – eine Größenordnung, die für ein privates Bauvorhaben dieser Zeit außergewöhnlich war.

Diese hohe Belastung erlaubt fundierte Rückschlüsse auf den Gesamtumfang der Kreditaufnahme: Rechnet man mit einem damals marktüblichen Zinssatz von 6 % bis 8 %, so ergibt sich eine ursprüngliche Kreditsumme von etwa 14.000 bis 17.000 Talern – also nahezu das Doppelte der gesamten Einnahmen von 1735. In heutiger Kaufkraft entspricht dies einer Größenordnung von 560.000 bis 680.000 Euro. Bemerkenswert ist, dass Christoph Daniel bis 1737 offenbar bereits einen erheblichen Teil dieser Schulden getilgt hatte, was für die Durchschlagskraft seiner Einnahmestrategie und eine zielgerichtete Liquiditätsplanung spricht. Der verbleibende Zinsdienst belegt jedoch, dass die Finanzierung des Bauvorhabens weiterhin auf einem hybriden Modell beruhte: Sie kombinierte internationale Kapitalzuflüsse, lokale Erträge aus dem Gutsbetrieb und eine gezielte Schuldensteuerung über mehrere Jahre hinweg.

Die Bezeichnung „an Capitalien und Agio“ legt zudem nahe, dass Schulenburg nicht ausschließlich auf klassische Darlehen zurückgriff, sondern unter Umständen auch auf Wechselgeschäfte oder Anleihen mit Disagio – ein Instrument, mit dem kurzfristig liquide Mittel beschafft werden konnten, etwa durch Vorschüsse auf Auslandseinnahmen. Dies passt zur parallelen Investitionstätigkeit: Neben dem Schlossbau hatte Christoph Daniel in den Jahren 1734–1738 auch mehrere Güter aufgekauft. Es ist daher anzunehmen, dass die aufgenommenen Schulden nicht allein der Bautätigkeit dienten, sondern Teil eines umfassenderen Programms wirtschaftlicher Expansion und Konsolidierung waren. Die Zinsen von über 840 Talern entsprachen dabei einer effektiven Jahresbelastung von etwa 8 % – ein marktüblicher, jedoch spürbarer Aufwand, der durch laufende Einnahmen aus der Verpachtung von Angern-Vergunst wohl nur teilweise kompensiert werden konnte.

Die prominente Stellung des Schuldendienstes in der Bilanz hat auch eine symbolische Bedeutung. Sie verweist auf das Vertrauen des Bauherrn in die künftige Ertragskraft seines Guts ebenso wie auf seinen persönlichen Einsatz. Christoph Daniel errichtete das Schloss nicht aus reiner Repräsentationslust, sondern als bewussten ökonomischen und dynastischen Wendepunkt. Der Bau war ein strategisches Mittel, um den über Jahrzehnte zersplitterten Besitz der Familie zu konsolidieren, die Herrschaftsverhältnisse zu stabilisieren und die Grundlagen eines vererbbaren Majorats zu schaffen. Die Tatsache, dass trotz der hohen Tilgungen der Bau planmäßig fortgesetzt wurde, belegt die disziplinierte Haushaltsführung des Guts und verweist auf vorhandene Rücklagen, verlässliche Einnahmen und klare Prioritäten im Mitteleinsatz.

Die strenge Trennung zwischen Tilgungen („Capitalien und Agio“) und laufenden Zinsen („Interesse“) unterstreicht zusätzlich die Professionalität der Finanzverwaltung. Christoph Daniel ließ seine Rechnungen offenbar regelmäßig prüfen und konsequent nach Funktionen gliedern – ein Indiz für ein fortgeschrittenes Verständnis von Kreditwirtschaft, das in dieser Form für einen Landadeligen der mittleren Altmark keineswegs selbstverständlich war. Die Bilanz ist daher nicht nur Ausdruck eines erfolgreichen Bauprojekts, sondern auch Zeugnis einer ökonomischen Kultur, in der Schulden nicht als Defizit, sondern als bewusst eingesetztes strategisches Instrument verstanden wurden – im Dienst barocker Repräsentation, familiärer Ordnung und wirtschaftlicher Erneuerung.

Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch eine Zahlung in Höhe von 256 Talern und 18 Silbergroschen an „des Fürst von Dessau hochfürstl. Durchlaucht“, die 1735 ausdrücklich als „assigniert“ vermerkt wurde. Der neutrale, aber formelle Ausdruck legt nahe, dass es sich um eine gezielte Überweisung im Zusammenhang mit einer lehnrechtlichen oder politischen Angelegenheit handelte. Möglich ist, dass diese Summe im Kontext eines Lehns- oder Konsensverfahrens stand, etwa zur Bestätigung von Besitzansprüchen im Rahmen des Gütererwerbs in Angern und Vergunst. Alternativ könnte sie als Teil einer diplomatischen Gefälligkeit oder strategischen Beziehungspflege zu werten sein, etwa um das Wohlwollen eines mächtigen benachbarten Fürsten zu sichern. Da Leopold I. von Anhalt-Dessau – der „Alte Dessauer“ – in seiner Rolle als Generalfeldmarschall im Heiligen Römischen Reich wie auch in der preußischen Politik über erheblichen Einfluss verfügte, ist nicht auszuschließen, dass Christoph Daniel mit dieser Zahlung einen höfischen Reflex der Absicherung oder der Patronagepflege bediente. In jedem Fall zeigt der Vorgang, wie stark wirtschaftliche, militärische und politische Netzwerke in der Adelskultur des 18. Jahrhunderts miteinander verwoben waren – auch im Bereich der Baufinanzierung. (Vgl. zu Leopold von Anhalt-Dessau: Hans-Joachim Schoeps: Der alte Dessauer. Das Leben des Fürsten Leopold I. von Anhalt-Dessau. Leipzig: Koehler & Amelang, 1963; sowie zur Lehnstruktur im mitteldeutschen Raum: Winfried Dotzauer: Geschichte des Reichskammergerichts 1495–1806. Köln u. a., 2003, S. 287–302 (Abschnitt zur Lehnspflichtigkeit in Anhalt und benachbarten Territorien).

Baukosten: Material, Handwerk und Logistik

Ein zentraler Bereich der Ausgabenbilanz von 1737 betrifft die unmittelbaren Kosten für den Bau des neuen Herrenhauses in Angern, die sich insgesamt auf mehr als 9.100 Taler belaufen. Diese Ausgaben dokumentieren nicht nur die materielle Dimension des Projekts, sondern bieten zugleich einen tiefen Einblick in die organisatorische Komplexität und die wirtschaftlichen Abhängigkeiten eines barocken Bauvorhabens in der Provinz.

Im Mittelpunkt standen dabei die Zahlungen an eine Vielzahl spezialisierter Handwerksmeister und Lieferanten. Die mit Abstand größte Summe entfiel auf den Maurermeister Jäckel, dessen Tätigkeit mit über 2.150 Talern vergütet wurde. Dies zeigt, dass die Maurerarbeiten nicht nur zeitlich früh einsetzten, sondern auch den größten bautechnischen Aufwand erforderten – etwa beim Aufbau der massiven Außenmauern, Fundamentierungen oder Gewölbekonstruktionen wie der Aufmauerung der Gewölbe der ehemaligen Burg. Auffällig ist, dass Jäckel noch bis Ende 1737 tätig war, jedoch wegen massiver Mängel entlassen wurde. Diese Tatsache lässt erkennen, dass trotz der hohen Aufwendungen nicht in allen Fällen eine angemessene Bauqualität erzielt wurde und die Bauleitung auf externe Experten wie den Landbaumeister Fiedler angewiesen war, dessen Empfehlungen sich später als unzuverlässig erwiesen.

Parallel zu den Maurerarbeiten wurden auch die Zimmerarbeiten im großen Umfang vergeben. Der Zimmermann Knackenmus erhielt über 600 Taler für seine Arbeiten, vermutlich für Dachstühle, Balkenlagen und Innenausbauten. Die hohe Summe für Zimmerarbeiten bestätigt, dass Holz eine zentrale Rolle in der baulichen Struktur spielte. Ergänzt wurde dieser Bereich durch Aufträge an den Tischler, Glaser, Schlosser und Steinmetz, die jeweils ebenfalls beträchtliche Honorare erhielten. Diese Gewerke waren für Fenster, Türen, Stuckelemente, Kamineinfassungen oder steinerne Außenelemente zuständig – typische Bestandteile einer barocken Schlossarchitektur.

Nicht minder bedeutsam war die Versorgung mit Materialien. Die Anschaffung von Kalk und Mauer- bzw. Dachsteinen machte zusammen fast 3.200 Taler aus, was auf den massiven Charakter des Baus schließen lässt. Kalk war essenziell für das Mauerwerk und den Putz, während die Dachsteine auf die Verwendung eines haltbaren Ziegeldachs hindeuten. Zusätzlich wurden Ausgaben für weitere Baumaterialien wie Bretter, Latten und Eisenteile getätigt – insbesondere für die Deckenkonstruktionen, Schalungen und statische Verbindungen. Die Notwendigkeit, diese Materialien entweder in großen Mengen zu beschaffen oder gar heranzufahren, führte zu weiteren Ausgaben im Bereich der Baufuhren, die allein mit über 400 Talern zu Buche schlugen. Die Baufuhren dienten dem Transport von Steinen, Kalk, Holz und anderen Materialien aus entfernten Produktionsstätten oder Häfen und zeigen, wie sehr selbst ein regionales Bauvorhaben logistisch auf überregionale Strukturen angewiesen war.

Darüber hinaus war auch der Einsatz von Tagelöhnern ein fester Bestandteil der Bauorganisation. Diese wurden nicht nur für einfache Bauarbeiten eingesetzt, sondern auch im Gartenbereich beschäftigt, der parallel zur baulichen Neugestaltung des Hauses angelegt oder erweitert wurde. Die Gartenarbeiten wurden mit separaten Beträgen erfasst, was dafür spricht, dass Christoph Daniel von Anfang an auch die Repräsentationsfunktion der Außenanlagen im Blick hatte – ein typisches Element adeliger Selbstinszenierung im 18. Jahrhundert.

Insgesamt offenbart die Zusammensetzung der Baukosten einen differenzierten Blick auf das Projekt: Der Bau war nicht nur materiell aufwendig, sondern auch organisatorisch komplex. Es erforderte ein Zusammenspiel spezialisierter Handwerker, verlässlicher Zulieferer, leistungsfähiger Logistik sowie flexibler Arbeitskräfte für Zuarbeiten. Die Ausgaben belegen, dass Christoph Daniel nicht an der Ausstattung und Ausführung gespart hat, sondern im Gegenteil gezielt hochwertige Materialien und spezialisierte Fachkräfte einsetzte, um ein standesgemäßes, langlebiges und repräsentatives Bauwerk zu errichten. Die bauliche Investition war damit nicht nur Ausdruck von Status und Selbstbehauptung, sondern auch ein ökonomisch kalkuliertes Vorhaben, dessen Planung weit über die Mauern des Schlosses hinaus reichte.

Soziale Ausgaben und familiäre Versorgung

Ein besonders aufschlussreicher Teil der Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 betrifft die Zahlungen, die nicht unmittelbar in den Schlossbau selbst, sondern in die familiäre Versorgung und administrative Grundstruktur des Gutsbetriebes flossen. Diese Positionen – zwar geringer als die Baukosten, aber keineswegs unerheblich – geben wertvolle Hinweise auf die sozialen Verpflichtungen und strukturellen Erfordernisse innerhalb eines adeligen Gutsbesitzes im 18. Jahrhundert.

Versorgung der verwitweten Schwägerin: Mit einem Betrag von 600 Talern wurde eine Summe ausgewiesen, die an „die Frau von der Schulenburg“ geleistet wurde. Gemeint ist hier mit hoher Wahrscheinlichkeit Katharina Sophie von Tresckow a.d.H. Nigripp (1688–1742), der Witwe Heinrich Hartwig von der Schulenburgs (1677-1734), dem älteren Bruder Christoph Daniels. Nach dessen Tod im Jahr 1734 hatte Christoph Daniel den Besitz aus der Konkursmasse übernommen und konsolidiert. Die Zahlung dürfte im Rahmen eines familiären Versorgungsanspruchs erfolgt sein – sei es als regelmäßige Rente, als einmalige Abfindung oder als Teil einer im Erbvertrag fixierten Übergabeverpflichtung. Dass diese Position fast drei Jahre nach dem Tod des Bruders noch aufgeführt wird, spricht für einen fortlaufenden Unterhalt oder eine gestaffelte Auszahlung größerer Summen an die Witwe. Dies verweist auf die für adlige Haushalte typische soziale Kontinuitätspflicht gegenüber verwitweten Angehörigen, insbesondere Frauen, deren Versorgung nicht durch eigene Einkünfte oder Güter abgesichert war.

Unterstützung des jungen Erben: Eine weitere Zahlung in Höhe von 211 Talern, 15 Silbergroschen und 4 Pfennig ging an den „jungen Herrn von der Schulenburg“, der mit hoher Wahrscheinlichkeit Alexander Friedrich Christoph von der Schulenburg (1720–1801) ist. Alexander war zur Zeit der Bilanz 17 Jahre alt und stand damit in einem Alter, in dem adlige Söhne entweder eine militärische Laufbahn einschlugen oder ein Studium aufnahmen. In der Nachfolgeplanung seines Onkels spielte Alexander später eine zentrale Rolle: Er wurde 1763 durch Kodizill zum Erben des Majorats Angern bestimmt, nachdem sein älterer Bruder Christoph-Daniel zunächst vorgesehen war. Die Zahlung kann daher als Ausbildungsunterstützung, möglicherweise zur Finanzierung des Besuchs der Ritterakademie, von Sprachunterricht, Kleidung, Reit- oder Waffenausbildung interpretiert werden – alles Ausgaben, die zur Vorbereitung eines adligen Erben auf die Übernahme eines Majorats notwendig waren. Der Umstand, dass Christoph Daniel bereits Jahre vor seinem Tod finanzielle Verantwortung für seinen Neffen übernahm, lässt auf eine strategisch motivierte Erbvorbereitung schließen.

Beamtengehälter und Verwaltungsapparat: Neben den familiären Leistungen enthält die Bilanz auch Ausgaben für das administrative und gärtnerische Personal, darunter die Besoldung des Justitiars, des Gärtners, des Schützen sowie des Gerichtsdieners (253 Taler, 20 Sgr.). Hinzu kommen 314 Taler, 18 Sgr., 4 Pf. für den Bauschreiber, Bauknechte und die Baupferde, womit insbesondere die organisatorische Begleitung des Bauvorhabens abgedeckt wurde. Diese regelmäßigen Zahlungen belegen den institutionalisierten Charakter des Gutsbetriebs. Das Anwesen verfügte über einen eigenen juristischen Berater, einen organisierten Gutsbetrieb mit Gärtner und Schütze (vermutlich für Forst und Wildstand zuständig), sowie eine administrative Infrastruktur zur Abwicklung des großangelegten Schlossbaus.

Bedeutung im Kontext des Bauprojekts: Diese Posten – zusammen deutlich über 1.300 Taler – verdeutlichen, dass Christoph Daniel von der Schulenburg das Bauvorhaben nicht isoliert von den übrigen Verpflichtungen seines Gutsbetriebs betrachtete. Vielmehr verstand er es, familiäre, soziale und administrative Pflichten parallel zur Bautätigkeit aufrechtzuerhalten, ohne diese unter dem Vorwand wirtschaftlicher Belastung zu vernachlässigen. Gerade im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus war es für einen Gutsbesitzer von Rang wichtig, wirtschaftliche Solidität mit sozialer Fürsorge und öffentlicher Repräsentation in Einklang zu bringen. Die ausgewogene Verteilung der Mittel auf Bauinvestitionen, familiäre Verpflichtungen und Personalbesoldung unterstreicht die ökonomische Handlungsfähigkeit und das strategische Kalkül Christoph Daniels, dessen Besitz nach Jahrzehnten der Zersplitterung durch Konkurs, Erbstreitigkeiten und familiäre Aufteilung wieder konsolidiert wurde.

Juristische, repräsentative und strukturelle Nebenkosten

Juristische und vertragliche Aufwendungen: Besonders ins Auge fällt ein Posten über 346 Taler, 15 Silbergroschen und 5 Pfennig, der unter der Sammelbezeichnung „Prozeß-, Lehensgebühren, Reise- und Zehrungskosten“ aufgeführt ist. Diese Summe ist im Kontext der umfangreichen Lehensverhandlungen und Grundstücksübertragungen zu sehen, die Christoph Daniel im Zuge des Erwerbs von Angern-Vergunst und der Konsolidierung der Besitzverhältnisse ab 1734 führte. Die Gelder dienten vermutlich der Begleichung von Notarkosten, Gebühren für Lehnbriefe, Gerichtsverfahren zur Absicherung von Besitzrechten sowie der Finanzierung von Reisen zu regionalen oder landesherrlichen Behörden.

Planerische Expertise und Bauleitung:  Ein weiterer markanter Posten betrifft Landbaumeister Friedrich August Fiedler, der mit 67 Talern, 22 Silbergroschen vergütet wurde. Fiedler entwarf ursprünglich den Bauplan der barocken Dreiflügelanlage mit zwei eingeschossigen Seitenflügeln und einem zweigeschossigen Hauptflügel. Sein Konzept definierte die symmetrische Achsenstellung, die Gesamtproportion sowie die Positionierung des Schlosses auf der inselartigen Platea hinter der Hauptburg . Allerdings zeigte sich spätestens im Jahr 1737, dass Fiedlers Empfehlungen erhebliche Mängel aufwiesen. Bauausführung und statische Planung erwiesen sich als fehlerhaft, was zur Entlassung Fiedlers und zur Übergabe der Bauleitung an den Maurermeister Böse führte. Auch die Bauaufsicht ging in der Folge auf den Sekretär Croon über. Der Honorarposten für Fiedler belegt jedoch, dass planerische Expertise als separate Kostenstelle honoriert wurde – auch unabhängig vom Erfolg der Umsetzung. Dies verdeutlicht die Bedeutung technischer Planung im adligen Bauwesen der Zeit.

Hinzu kommen kleinere, aber dennoch signifikante Ausgaben für organisatorische Infrastruktur, darunter Baugeräte und Werkzeuge (17 Taler, 12 Silbergroschen), Reisekosten des Feldpredigers, Notariatsgebühren, Porto und Botenlöhne. Diese Summen sind unter einem größeren Pauschalposten über 380 Taler, 19 Silbergroschen, 10 Pfennig subsumiert, der neben der Baupferdeversorgung auch Verwaltungskosten im Rahmen der Güterübergabe umfasst .

Historische Einordnung der Summen

Die bis Mai 1737 dokumentierten Ausgaben für das Bauvorhaben in Angern belaufen sich auf insgesamt 22.026 Taler, 16 Silbergroschen und 8 Pfennig, was in heutiger Kaufkraft etwa 360.000 Euro entspricht. Diese Schätzung basiert auf einem konservativen Umrechnungskurs von 1 Taler ≈ 40 Euro, wie er in der wirtschaftshistorischen Literatur zur Bewertung frühneuzeitlicher Geldbeträge herangezogen wird.

Der Betrag umfasst eine Vielzahl von Einzelposten: neben den unmittelbaren Baukosten – mit rund 9.100 Talern ausgewiesen – auch Zinszahlungen, Verwaltungsgehälter, Fuhr- und Materialkosten, Honorare für Planer und Handwerker, sowie Ausgaben für rechtliche Sicherung und familiäre Verpflichtungen. Allerdings ist zu betonen, dass sich diese Summe ausschließlich auf die erste Bauetappe bezieht – insbesondere auf den Bau des Torhauses mit Nebengebäuden sowie vorbereitende Arbeiten für das eigentliche Herrenhaus.

Ein expliziter Nachweis über den Beginn oder Abschluss des Rohbaus des neuen Herrenhauses liegt für diesen Zeitraum nicht vor. Zwar sprechen die außergewöhnlich hohen Aufwendungen für Maurerarbeiten (über 2.100 Taler allein für Meister Jäckel), die großen Kalk- und Steinmengen sowie das Honorar des Landbaumeisters Fiedler für eine erste Umsetzungsphase am Hauptbau, doch ist dessen struktureller Fortschritt bis 1737 nur indirekt erschließbar. Dass Christoph Daniel von der Schulenburg im Frühjahr 1740 ein „zum größten Teil fertiggestelltes, aber noch nicht bewohnbares Haus“ antraf, deutet darauf hin, dass der Rohbau vermutlich ab 1737/38 konkret vorangetrieben wurde. 

Für den Zeitraum nach 1737 sind keine konsolidierten Rechnungsaufstellungen erhalten, jedoch bietet das 1752 angelegte Generalinventar einen zuverlässigen Eindruck vom Umfang der Innenausstattung: kostbare Tapeten, Betten, Tische, Spiegel, Waffen, Bücher und Porzellan weisen auf ein außergewöhnlich reich ausgestattetes Interieur hin. Konservativ geschätzt dürften die Kosten für Ausbau, Möblierung und Ausstattung weitere 150.000 bis 200.000 Taler umfasst haben – was einer Gesamtinvestition von rund 500.000 bis 600.000 Euro in heutiger Kaufkraft entspräche.

Vergleicht man das Projekt mit anderen adeligen Bauten der Region – etwa Schloss Hundisburg, Burgscheidungen oder den barocken Umbauten in Dieskau – wird deutlich, dass die geplante Anlage in Angern hinsichtlich des finanziellen Umfangs durchaus in eine vergleichbare Größenordnung fällt. Der maßgebliche Unterschied liegt in der Finanzierungsstruktur: Während andere Familien häufig auf langfristig akkumuliertes Eigenkapital zurückgreifen konnten, wurde der Bau in Angern von Beginn an durch Kredite und Zinsverpflichtungen strukturiert, die bis 1737 bereits rund die Hälfte aller Ausgaben beanspruchten.

Schloss-Angern-1750

Messtischblatt aus dem Jahr 1750 Schloss, Torhaus und Vorhof

Fazit

Die Ausgabenbilanz von 1737 dokumentiert in eindrucksvoller Weise die wirtschaftlichen Dimensionen und strukturellen Herausforderungen des Schlossbaus in Angern. Sie belegt eine konsequente Priorisierung des Bauprojekts innerhalb der Gutsverwaltung und macht zugleich die Abhängigkeit von umfangreichen Fremdmitteln deutlich – ein Aspekt, der exemplarisch für die adelige Repräsentationskultur im 18. Jahrhundert steht. Der Bau war weniger Ausdruck langjähriger Akkumulation als vielmehr Ergebnis einer bewusst eingesetzten kreditfinanzierten Investitionsstrategie, die mit erheblichen ökonomischen Risiken verbunden war.

Gleichzeitig reflektiert die Bilanz das Spannungsfeld zwischen standesgemäßer Lebensführung, wirtschaftlicher Belastbarkeit und rechtlicher Absicherung innerhalb eines zunehmend komplexen Gutsbetriebes. Die Notwendigkeit, das Bauprojekt nicht nur baulich, sondern auch fiskalisch, juristisch und organisatorisch zu bewältigen, veranschaulicht exemplarisch die Handlungsspielräume, aber auch die strukturellen Begrenzungen des Landadels. 

Auch methodisch ist das Vorhaben bemerkenswert: Die in der Aufstellungen in Rep. H Angern Nr. 409 überlieferte außergewöhnlich präzise Buchführung, die Einzelposten bis hin zur Zahl der Schaufeln und dem Lohn für Boten erfasst, lässt einen detaillierten Einblick in die Bauökonomie, Verwaltungslogik und Repräsentationsplanung eines adligen Gutsbetriebes im 18. Jahrhundert zu. In dieser Kombination aus Kostenbewusstsein, Kreditsteuerung und standesgemäßem Gestaltungswillen nimmt das Fallbeispiel Angern eine besondere Stellung unter den landesherrlichen und privaten Bauprojekten seiner Zeit ein.

In ihrer Kombination aus präziser Rechnungslegung, kreditgestütztem Bauverlauf und repräsentativer Zielsetzung markiert die Bilanz von Angern eine einzigartige Quelle für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 18. Jahrhunderts – und erlaubt Rückschlüsse auf die ökonomischen Strategien einer sozialen Schicht, die zunehmend zwischen dynastischer Repräsentation und finanzieller Verwundbarkeit operierte.

Die Einnahmenstruktur 1735–1737

Finanzierung durch Vorstand, Pacht und Auslandskapital – Die Einnahmenbilanz der Jahre 1735 bis Mai 1737, wie sie im Gutsarchiv Angern überliefert ist, dokumentiert in ungewöhnlicher Dichte die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen Christoph Daniel von der Schulenburg den Neubau des Herrenhauses in Angern plante und finanzierte. Die Quelle verzeichnet Gesamteinnahmen in Höhe von 22.301 Talern und 7 Silbergroschen, die sich aus lokalen Pachterträgen, Verkäufen, Verwaltungsüberschüssen und in erheblichem Maße aus ausländischen Kapitalzuflüssen zusammensetzten.

Ein bemerkenswerter Anteil der Einnahmen stammte aus der Verwaltung durch den Amtmann Heinrichs, der bis zur Übergabe des Guts an Schulenburg im Sommer 1735 die Einnahmen des Ritterguts Angern verwaltete. So zahlte Heinrichs am 27. Februar 1735 und erneut am 11. Juli 1735 jeweils 1.000 Taler als sogenanntes „Vorstandsgeld“ an Schulenburg – letzteres „bei Übergabe des Guts vollends empfangen“. Die Formulierung deutet auf eine formalisierte Abwicklung der Verwaltungskonten und eine wohl vorbereitete Besitzübertragung hin. Diese Einnahmen dürften aus vorherigen Pachtverträgen oder Rücklagen stammen, die nun Schulenburg zur Verfügung gestellt wurden. Ergänzend wurden ihm auch 400 Taler pro Quartal als laufende Pachtzahlung aus dem Gut Angern überwiesen – für das Michaelis- und Weihnachtsquartal 1735, sämtliche Quartale 1736 sowie das Osterquartal 1737. Ein weiterer Posten von 190 Talern, der formal noch als Rückstand aus dem Weihnachtsquartal 1735 vermerkt ist, wurde dem Amtmann „auf Rechnung“ gelassen – zweckgebunden „zur Bezahlung der Mauersteine“. Dies belegt, dass Heinrichs auch nach der Besitzübergabe eine gewisse operative Funktion in der Abwicklung der Baustellenlogistik innehatte, insbesondere in den winterlichen Monaten, als Transportwege über die Elbe unterbrochen waren.

Gleichwohl reichten die lokal generierten Einnahmen bei weitem nicht aus, um das aufwendige Bauvorhaben zu finanzieren. Der überwiegende Teil der Mittel stammte aus ausländischen Kapitalflüssen, insbesondere aus Turin. So erhielt Schulenburg am 12. Mai 1736 durch Vermittlung von „Monsieur Sandrat“ im Auftrag von „Monsieur Dumont“ eine Zahlung von 5.919 Talern, weitere 3.000 Taler am 14. August sowie nochmals 2.108 Taler am 17. August desselben Jahres – insgesamt 11.027 Taler, was knapp 50 % der Gesamteinnahmen zwischen 1735 und Mai 1737 ausmacht.

Diese Geldzuflüsse stehen mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit den Vermögensrücklagen, die Christoph Daniel von der Schulenburg während seiner langjährigen militärischen Laufbahn im Dienst des Königs von Sardinien angelegt hatte. Bereits in den 1720er Jahren hatte Schulenburg als Generalleutnant im Piemont gedient und dort beträchtliche Einkünfte erzielt. Die systematisch über Magdeburg rücküberwiesenen Beträge belegen nicht nur seine internationale Mobilität, sondern auch den Zugang zu professionellen Finanzagenten wie Dumont und Sandrat, die offenbar als Mittelsmänner für größere Transaktionen zwischen dem italienischen Raum und Norddeutschland fungierten.

Dass diese Summen nicht lediglich pauschal verbucht, sondern auf der Ausgabenseite des Haushaltsbuchs explizit als „von Turin aus hinausgeschickt“ und nochmals in drei getrennten Quittungen mit exakt korrespondierenden Beträgen gelistet sind,⁷ unterstreicht den formalisierten Charakter dieser Kapitalbewegung. Schulenburg war offenbar bemüht, die ausländischen Rückflüsse buchhalterisch nachvollziehbar zu integrieren – möglicherweise zur Absicherung gegenüber Gläubigern, aber auch als Beleg für ordnungsgemäße Mittelverwendung im Kontext adliger Besitzpolitik.

Zudem zeigt sich, dass diese Gelder nicht ausschließlich zur Deckung der eigentlichen Baukosten, sondern auch zur Bedienung sozialer, diplomatischer und strategischer Verpflichtungen eingesetzt wurden. So finden sich auf der Ausgabenseite in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mehrere „Assignationen“ – etwa an den Fürsten von Dessau (256 Taler, 18 Silbergroschen), an Herrn von Wobersnow, an „Mr. Zutten“ sowie zur Versorgung des Sohns seines Bruders Heinrich Hartwig. Diese Zahlungen legen nahe, dass Schulenburg das ihm zur Verfügung stehende Auslandskapital nicht nur als Investitionsmittel verstand, sondern als politisches Werkzeug zur Absicherung seines sozialen Netzwerks, seiner Lehnstruktur und möglicherweise auch seiner Baulegitimation.

In ihrer Summe offenbaren die turinischen Rückflüsse somit kein bloß technisches Finanzierungselement, sondern das tragende Rückgrat einer überregional strukturierten Finanzarchitektur, die adelige Repräsentation, militärisch erworbenes Vermögen und lokal organisierte Baupraxis in einem funktionalen System verband. Der Fall Angern zeigt damit exemplarisch, wie sehr große Bauprojekte des Landadels im 18. Jahrhundert auf grenzüberschreitende Ressourcen, militärische Karrieren im Ausland und strukturierte Rückführungsmechanismen angewiesen waren – und wie präzise diese, trotz aller administrativen Begrenztheit der Zeit, im Rechnungswesen erfasst wurden.

Neben diesen Hauptposten verzeichnet die Bilanz kleinere Einnahmen aus Holzverkäufen (z. B. Elsenholz für 21 Taler, weitere Verkäufe durch den Schützen Damhagen), aus dem Verkauf zweier Tagelöhnerhäuser (48 Taler) und Rückflüsse von Herrn von Treskow sowie Verwalter Schabesen, die zusammen etwa 500 Taler ausmachten.

Fazit: Die Einnahmenstruktur zeigt damit deutlich, dass Christoph Daniel von der Schulenburg sein Bauprojekt nicht auf Basis einer geschlossenen Eigenmitteldeckung aus dem Gut finanzierte, sondern auf eine hochgradig gestaffelte Kombination aus lokaler Verwaltung, Pachteinnahmen, Rückflüssen und transnationalem Kapital angewiesen war. Der Fall Angern illustriert eindrücklich, wie adelige Bauherren des 18. Jahrhunderts ihre wirtschaftlichen Netzwerke und Verbindungen nutzten, um großformatige Bauprojekte jenseits der rein lokalen Ressourcengrundlage zu verwirklichen.

Quellen

  1. Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 409, Blätter 25–28: Enthält die vollständige Einnahmen- und Ausgabenbilanz für die Jahre 1735 bis 24. Mai 1737, inkl. Schuldendienst, Baukosten, Pachtzahlungen und Kapitalbewegungen.
  2. Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 76 (Generalinventarium 1752): Inventar der vollständig ausgestatteten Innenräume des Schlosses, mit detaillierten Angaben zur Möblierung, Tapeten, Bildern, Waffen, Bibliothek usw.
  3. Gutsarchiv Angern Rep.H Nr. 412: Enthält Hinweise auf den baulichen Zustand des Turmgewölbes sowie Konflikte bei der Bauausführung (z. B. Erniedrigung des Hofs, statische Probleme).
Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg – dokumentiert etwa 1631 durch den Einfall der Truppen Tillys – blieben nur Teile des Kellers der Vorburg und das Turmgewölbe sowie möglicherweise auch das Tonnengewölbe daneben erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste laut Quellenbefund drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Baupolitik, Raumordnung und Repräsentation auf dem Rittergut Angern um 1734 – Eine Analyse des "Pro Memoria" Christoph Daniel von der Schulenburg im Kontext vergleichbarer Gutsherrschaften. Das Gutsarchiv Angern überliefert mit 31-Punkte umfassenden "Pro Memoria" von 1734 (Rep. H Angern Nr. 409) ein einzigartiges Zeugnis adliger Planungspraxis im 18. Jahrhundert. Christoph Daniel von der Schulenburg, königlich sardischer General und Besitzer des Ritterguts Angern, skizziert darin die umfassende Neugestaltung seiner Besitzung. Das Dokument gewährt Einblick in eine administrative Rationalisierung, ästhetisch-repräsentative Raumgestaltung und die materiellen wie sozialen Strukturen eines barocken Gutes. Im Folgenden wird dieses Bauprogramm analysiert und mit zeitgleichen Gutsherrschaften in Brandenburg-Preußen und Norddeutschland verglichen.
Finanzielle Lasten und Investitionsprioritäten beim Schlossbau in Angern – Eine Analyse der Ausgabenbilanz von 1737. Die Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 stellt ein aufschlussreiches Dokument über die ökonomischen Rahmenbedingungen und Prioritätensetzungen während der frühen Phase des barocken Schlossbaus in Angern dar. Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburg , der damalige Besitzer des Ritterguts, ließ die Anlage ab 1735 unter erheblichen finanziellen Aufwendungen neu errichten. Die Bilanz verzeichnet zwischen 1735 und Mai 1737 Gesamtausgaben in Höhe von 22.026 Talern, 16 Silbergroschen und 8 Pfennig , von denen 9.100 Taler explizit als baugebundene Ausgaben ausgewiesen sind.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.