Das Schloss Angern, gelegen in der Gemeinde Angern im Landkreis Börde, Sachsen-Anhalt, ist ein historisch bedeutendes Beispiel für die Entwicklung vom mittelalterlichen Wehrbau zur barocken Repräsentationsarchitektur. Seine Ursprüngliche Funktion als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln wurde im Laufe der Jahrhunderte umgewandelt in ein Rokoko-Herrenhaus mit klassizistischen Umgestaltungen im 19. Jahrhundert. Der Bau ist nicht nur aus architekturhistorischer Sicht relevant, sondern reflektiert auch Aspekte der politischen, sozialen und kulturellen Entwicklung des regionalen Adels. Ziel dieses Essays ist es, die architektonische und historische Entwicklung des Schlosses vom 14. bis zum 19. Jahrhundert nachzuzeichnen, die Besonderheiten der Ausstattung im Rokoko zu beleuchten und denkmalpflegerische Herausforderungen in der Gegenwart aufzuzeigen. Grundlage bilden archivalische Quellen, zeitgenössische Reiseberichte sowie Sekundärliteratur zur mitteldeutschen Schlösserlandschaft.
Die erste gesicherte urkundliche Erwähnung der Burg Angern stammt aus dem Jahr 1341. Unter Erzbischof Otto von Hessen wurde sie als Wasserburg mit einem siebenstöckigen Turm auf zwei künstlichen Inseln angelegt (vgl. Krosigk 2022, S. 3). Diese frühe Phase ist geprägt von der typischen Bauweise niederdeutscher Niederungsburgen mit umlaufendem Wassergraben, Bruchsteinmauerwerk und wehrhaften Aufbauten.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Anlage 1631 durch kaiserliche Truppen besetzt und im Zuge eines schwedischen Gegenangriffs schwer beschädigt. Nach dem anschließenden Dorfbrand blieben nur Teile des Wehrturms, Kelleranlagen und Tonnengewölbe erhalten (vgl. Bergner 1911, S. 32 f.). 1650 fand eine Kirchenvisitation in den Ruinen statt, was auf eine zumindest teilweise Nutzung hinweist. Das Erdgeschoss des ehemaligen Bergfrieds ist bis heute erhalten und in das Herrenhaus integriert. Es misst ca. 8 × 8 Meter, besteht aus Bruchsteinmauerwerk mit Tonnengewölbe und zeigt an der Ostseite eine Schießscharte in ca. zwei Meter Höhe, ein typisches Merkmal wehrhafter Architektur des 13. und 14. Jahrhunderts (vgl. Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt 2001).
Erst im 18. Jahrhundert erfolgte ein grundlegender architektonischer Neuanfang. Christoph Daniel von der Schulenburg, General der Infanterie im Dienst des Königs von Sardinien, erwarb 1736 das Gut und ließ ab 1738 das heutige Schloss errichten. Der barocke Neubau entstand auf den Fundamenten der mittelalterlichen Burg. Die Integration der alten Gewölbe in das neue Herrenhaus wurde in einem "Memoire" des Bauherren dokumentiert, das sich im Gutsarchiv Angern erhalten hat (vgl. Publikation Angern 2022, S. 8).