Die acht Söhne des Matthias III. von der Schulenburg und Margarethe von der Lühe († 1525), die das Erwachsenenalter erreichten, zeigten bis auf den jüngsten eine ausgeprägte Neigung zum Soldatenstand und nahmen an Kriegszügen teil, aus denen drei nicht zurückkehrten. Der älteste Sohn, Jakob II. (*25.03.1515 in Beetzendorf, †1576 in Magdeburg), ist neben Fritz VIII. der zweite große Söldnerführer, den das Schulenburg'sche Geschlecht in dieser Epoche hervorgebracht hat.
Ausbildung und früher Werdegang
Jakob besuchte zunächst die Universität Wittenberg und setzte seine Studien in Prag und Paris fort. Er brach sie jedoch ab, um in militärische Dienste zu treten. Unter dem kaiserlichen Feldherrn Antonius de Leva kämpfte er gegen die Osmanen, wurde schwer verwundet, geriet für zwei Jahre in Gefangenschaft und wurde dreimal verkauft, bevor er für 400 ungarische Dukaten freigekauft wurde. Einer anderen Überlieferung zufolge soll König Sigismund I. von Polen für seine Freilassung gesorgt haben.
Militärkarriere im Reich
Seine militärische Laufbahn begann in den Türkenkriegen. Jakob wechselte mehrfach zwischen verschiedenen militärischen Diensten. Er diente dem Kurfürst Joachim II. von Brandenburg, nahm 1542 am Reichstag zu Speyer teil und kämpfte beim Sturm auf Ofen. In kaiserlichen Diensten wurde er 1545 zum Rittmeister ernannt. Unterstützt von seinem Verwandten Fritz VIII. von der Schulenburg beteiligte er sich an der Privatfehde des Martin von Waldenfels, in deren Verlauf der evangelische Bischof von Lübeck entführt und zeitweise in Altenhausen festgesetzt wurde, um ausstehende Soldforderungen vom König von Dänemark einzutreiben. Dies führte zur Verhaftung Jakobs durch den Kurfürsten von Sachsen, dem er Urfehde schwören musste.
Der Osmanisch-Habsburgische Krieg von 1542 war Teil der jahrzehntelangen Auseinandersetzungen zwischen dem Heiligen Römischen Reich unter Kaiser Karl V. und den Osmanen. Nachdem die Osmanen unter Süleyman dem Prächtigen 1541 Buda erobert hatten, versuchte der Kaiser, die Kontrolle über Zentralungarn zurückzugewinnen. Der Habsburger Gegenangriff, bei dem Matthias III. von der Schulenburg kämpfte, endete mit der gescheiterten Belagerung von Pest. Die Niederlage führte dazu, dass die osmanische Herrschaft in Ungarn weiter gefestigt wurde.
Im Jahr 1563 erhielten Jakob und seine Brüder Alexander und Daniel die Freiherrnwürde durch Kaiser Ferdinand I. Diese Standeserhebung war Ausdruck imperialer Anerkennung ihrer militärischen Verdienste und stellte zugleich eine soziale Aufwertung dar, die das Haus von der Schulenburg endgültig in den reichsunmittelbaren Adelsstand erhob.
Schmalkaldischer Krieg und sächsische Dienste
Jakob II. von der Schulenburg erlebte in seiner militärischen Laufbahn die instabile politische Lage des Heiligen Römischen Reiches, die durch den Schmalkaldischen Krieg von 1546–1547 geprägt war. Im Schmalkaldischen Krieg (1546–1547) diente Jakob Herzog Moritz von Sachsen und kämpfte 1547 in der Schlacht bei Mühlberg, die mit einem Sieg von Kaiser Karl V. über die protestantischen Fürsten und somit über den Schmalkaldischen Bund endete. Diese Niederlage der Protestanten führte zur vorübergehenden Rekatholisierung vieler Gebiete. Als kursächsischer Feldmarschall befehligte er 1550–1551 die Belagerung von Magdeburg, das sich gegen das Augsburger Interim wehrte.
Im Jahr 1550 führte Jakob II. von der Schulenburg als kursächsischer Feldmarschall Truppen bei der Belagerung von Magdeburg, die sich als Hochburg des Widerstands gegen Kaiser Karl V. erwiesen hatte. Die Stadt, die sich weigerte, das Augsburger Interim anzuerkennen, wurde monatelang belagert, bevor sie 1551 unter schweren Bedingungen kapitulierte. Zwei Jahre später, im Jahr 1552, nahm Jakob am Feldzug von 1552 gegen Kaiser Karl V. teil und war an der Einnahme von Innsbruck beteiligt. Dieser Feldzug zwang den Kaiser zur Flucht und führte schließlich zum Passauer Vertrag, der die Religionsfreiheit der Protestanten festigte.
Übergang zu den Braunschweigern
1552 nahm Jakob am Feldzug gegen Kaiser Karl V. teil und war an der Einnahme von Innsbruck beteiligt. Nach dem Passauer Vertrag von 1552, der den Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten vorläufig beendete, wechselte Jakob II. in den Dienst von Herzog Heinrich II. von Braunschweig-Wolfenbüttel. In der Schlacht bei Sievershausen (1553), in der Kurfürst Moritz von Sachsen fiel, stieg er zum braunschweigischen Oberst-Feldmarschall auf. Er gilt als bedeutender Vertreter des „Söldneradels“ im Übergang vom konfessionellen Krieg zum Territorialstaat.
Besitzpolitik und wirtschaftlicher Aufstieg
Jakob nutzte seine militärischen Einkünfte gezielt zur Sicherung und Erweiterung der Familiengüter.
- 1561: Erwerb eines Anteils der mittleren Schulenburg-Linie in Angern
- Schraplau wurde ihm als Pfandbesitz übertragen, jedoch später wieder aufgegeben
- Erwerb der Dörfer Hörsicht und Bülitz von Achaz von Veltheim
- Zusätzlich erhielt er Mahlwinkel vom brandenburgischen Kurfürsten
Diese Besitzungen wurden zu einem wirtschaftlich verbundenen Gutskomplex zusammengeschlossen. Der direkte Besitzübergang erfolgte jedoch erst nach Jakobs Tod an seine Neffen. Die Verankerung der Familie im niedersächsischen Adel war auch mit Verpflichtungen verbunden, Truppen für die kaiserlichen Kriege zu stellen, wodurch sie in die großen geopolitischen Konflikte des 16. Jahrhunderts involviert wurde.
Durch seine militärische Karriere erwarb Jakob ein beträchtliches Vermögen, konnte aber keinen dauerhaften Besitz sichern. 1561 vergrößerte er den Besitz seiner Linie in Angern durch den Kauf der Hälfte des Anteils der mittleren Linie von Christoph III und erhielt das Amt Schraplau als Pfand, welches jedoch später aus finanziellen Gründen aufgegeben wurde. Von Achaz von Veltheim erwarb er die Dörfer Hörsicht und Bülitz, welche ursprünglich mansfeldische Lehen waren, die er mit Angern in eine Gutswirtschaft zusammenlegte. Vom brandenburgischen Kurfürsten Joachim von Brandenburg hatte er noch Mahlwinkel dazu erhalten. In den tatsächlichen Besitz daran konnten jedoch erst seinen Neffen und Erben eintreten.
Kirchenbau und Stiftung in Angern
1566 zog Jakob zum fünften Mal gegen die Türken, diesmal unter Kaiser Maximilian II. Nach der Einnahme von Gotha 1567, wo er die Belagerung gegen Johann Friedrich von Sachsen leitete, kehrte er nach Sachsen zurück. Im Jahr 1569 ließ Jakob die Kirche in Angern neu errichten, die später im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde, und stattete diese mit Ornat und Beirat im Wert von 600 Reichstalern aus. Weitere 500 Reichstaler ließ er verzinsen, wovon der jeweilige Pfarrer in Angern partizipieren sollte. Ein Gedenkstein mit dem Wappen der Schulenburg erinnert noch heute an ihn:
JACOB.VON.DER.SCHULLENBURGK.ROMISCHER.KAYMAIEST:.OBERSTER.ERBAWER.DIESER.KIRCHEN.ANNO.1569.AM.DAG.BARTOLOMEI
Der 24. August (Bartholomäustag) dürfte den Tag der Einweihung oder Grundsteinlegung markieren.
Die Inschrift an der Nordwand der Kirche Angern besagt, dass Jacob von der Schulenburg, ein Oberst im Dienst des römisch-deutschen Kaisers, im Jahr 1569 maßgeblich für den Bau oder die Erweiterung der Dorfkirche in Angern verantwortlich war. Sein Titel als "Römischer Kayserlichen Majestät Oberster" weist darauf hin, dass er eine hochrangige militärische Position innerhalb des Heiligen Römischen Reiches innehatte. Die Nennung des 24. August, dem Tag des Heiligen Bartholomäus, könnte auf die Grundsteinlegung, die Einweihung oder einen wichtigen Meilenstein im Bauprozess der Kirche hinweisen. Die Inschrift würdigt ihn als bedeutenden Förderer der Kirche und hebt sein Engagement für den Ausbau sakraler Bauten hervor, was für Adelige jener Zeit nicht unüblich war.
Letzte Jahre und Nachfolge
1575 erkrankte Jakob während des Reichstags zu Regensburg und starb 1576 in Magdeburg. Beigesetzt wurde er in der von ihm gestifteten Kirche zu Angern.
Jacob heiratete 1547, am Mittwoch nach Pfingsten, Armgard von Münchhausen (1530–1579), die Tochter Georgs von Münchhausen und Annas von Kracht. Armgard wurde 1530 geboren und verstarb bereits am 16. oder 26. Mai 1549. Sie wurde im Kreuzgang des Magdeburger Doms beigesetzt. Da die Ehe mit Armgard von Münchhausen kinderlos blieb, trat gemäß der Fideikommissregelung von 1567 sein Bruder Daniel I. (1538–1594) das Erbe an. Diese Regelung sicherte die Kontinuität der Besitzverhältnisse in der männlichen Linie und stärkte den innerfamiliären Zusammenhalt.
Die Fideikommissregelung von 1567 stellte sicher, dass die Besitzungen der Familie von der Schulenburg, darunter der Burghof in Angern, ausschließlich innerhalb der männlichen Linie der Familie verblieben. Da Jakob II. von der Schulenburg kinderlos starb, fiel der Besitz gemäß dieser Regelung an seinen jüngeren Bruder Daniel I. Reichsfreiherr von der Schulenburg (1538–1594), der damit die Verwaltung und das Erbe fortführte. Diese Lehensregelung bewahrte die Stabilität der Besitzverhältnisse und garantierte den langfristigen Einfluss der Familie auf ihre Güter und Machtpositionen.
Jakob II. markiert innerhalb des Hauses Schulenburg den Übergang von einer militärisch mobilen Linie hin zu einer stärker grundbesitzorientierten Familienstrategie. Seine Erwerbungen, Stiftungen und Nachfolgeregelungen bereiteten die territoriale Konsolidierung vor, von der sein Bruder Daniel I. und spätere Generationen profitierten. Trotz seines kinderlosen Todes blieb sein Wirken prägend für die Festigung der Besitzverhältnisse in Angern und Umgebung.
Weitere Informationen: Jacob II. bei Wikipedia
Die Brüder im Krieg – Familie und Verluste
Jakob II. von der Schulenburg entstammte einer kinderreichen Familie, deren Mitglieder in vielfacher Weise mit den politischen und militärischen Umbrüchen des 16. Jahrhunderts verbunden waren. Seine Eltern, Matthias III. von der Schulenburg und Margarethe von der Lühe, hatten insgesamt acht Söhne, von denen bis auf den jüngsten alle das Erwachsenenalter erreichten und militärische Laufbahnen einschlugen. Das Schicksal der Brüder war häufig von Krieg und Tod geprägt: Christoph fiel in Minden, Franz starb in osmanischer Gefangenschaft in Konstantinopel, Philipp fiel 1547 im Protestantenkrieg, während Moritz, Johann und Ernst jung verstarben. Nur Daniel I. von der Schulenburg überlebte länger und trat schließlich als Erbe in Jakobs Besitznachfolge ein. Auch der Bruder Matthias III. auf Altenhausen blieb kinderlos und starb 1574. Die einzige namentlich bekannte Schwester Anna lebte 1594 noch und war mit Heinrich von Holstein auf Ankershagen in Mecklenburg verheiratet. Weitere Schwestern – Elisabeth, Margarethe und Ehrengard – wurden ebenfalls verheiratet, über ihre Lebensläufe ist jedoch wenig überliefert. Dieses weitverzweigte Geschwisterfeld spiegelt die dynastische Verflechtung und das militärische Selbstverständnis des altmärkischen Landadels im Zeitalter von Reformation, Türkenkrieg und konfessionellen Bürgerkriegen.
Fazit
Jakob II. von der Schulenburg war eine exemplarische Figur des altmärkischen Adels im 16. Jahrhundert – kriegserprobt, kaisertreu und dynastisch weitsichtig. Als kaiserlicher Obrist, kursächsischer Feldmarschall und braunschweigischer General verkörperte er den Typus des „Söldneradels“, der in den politischen Umbrüchen seiner Zeit nicht nur militärisch, sondern auch strategisch agierte. Seine Dienste in den Türkenkriegen, im Schmalkaldischen Krieg und bei innerdeutschen Machtkonflikten machten ihn zu einem prägenden Akteur auf dem europäischen Kriegsschauplatz der Reformationszeit.
Zugleich war Jakob ein Bauherr und Stifter, dessen Engagement in Angern – insbesondere der Kirchenbau von 1569 – bis heute sichtbar geblieben ist. Durch kluge Erwerbspolitik und die Verankerung von Gütern wie Mahlwinkel, Bülitz und Hörsicht bereitete er die territoriale Konsolidierung seiner Linie vor. Obwohl seine Ehe kinderlos blieb, sorgte die Fideikommissregelung von 1567 für eine stabile Erbfolge, die seinem Bruder Daniel I. und der gesamten Familie zugutekam.
In der Geschichte des Hauses von der Schulenburg markiert Jakob II. eine Übergangsfigur: vom feudalen Kriegsadel zur landbesitzenden Standesherrschaft. Er verband militärisches Prestige mit struktureller Vorsorge – und setzte damit Maßstäbe, auf denen spätere Generationen aufbauen konnten. Seine Biografie ist ein eindrucksvolles Zeugnis für die Wechselwirkung von Krieg, Adel, Besitz und Glaubenspolitik in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Quelle
- Gutsarchiv Angern, REP H Nr. 444 (Familiensachen)
- Dietrich Werner Graf v.d. Schulenburg, "Geschichte des Geschlechts von der Schulenburg 1237–1983"