Status, Funktion und kulturelle Semantik im höfischen Haushalt: Die Ausstattung des Schlosses Angern mit Silber- und Porzellangeschirr um 1750 offenbart nicht nur den Reichtum und Repräsentationsanspruch eines hochadeligen Gutshauses, sondern auch dessen Einbindung in europäische Stiltraditionen, materiellen Statusgebrauch und kultivierte Tischkultur. Die in einem gesondert gefertigten Schrank im (oberen) Saal der ersten Etage aufbewahrten Silberobjekte waren nicht lediglich Gebrauchsstücke, sondern Teil eines fein abgestuften Systems höfischer Selbstvergewisserung, das auch im ländlichen Raum seine Gültigkeit besaß[1]. Leider haben sich keine dieser Gegenstände bis heute erhalten.
Die nachfolgenden Begriffe stammen aus der Originalüberlieferung des Inventars und wurden unter Berücksichtigung textilkundlicher, militärhistorischer und kulturwissenschaftlicher Literatur erläutert. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern bietet eine kontextualisierte Einordnung besonders charakteristischer Termini.
Das Gutsarchiv Angern zählt zu den bedeutendsten Adelsarchiven der Altmark. Seine Überlieferung reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück und dokumentiert in großer Kontinuität die Besitz-, Familien- und Verwaltungsgeschichte des Hauses von der Schulenburg. Besonders aufschlussreich sind die umfangreichen Serien ab dem 17. Jahrhundert, etwa zu Wiederaufbau und Neubau der Anlage nach 1631, zur Erbfolge, Güterverwaltung und Korrespondenz im In- und Ausland. Die Akten bieten damit eine fundierte Grundlage für die Rekonstruktion der politischen, wirtschaftlichen und baulichen Entwicklung des Ritterguts Angern bis ins 19. Jahrhundert.
Das Tagebuch von Sigurd Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg aus dem Jahr 1945 dokumentiert mit persönlicher Eindringlichkeit den Zusammenbruch der alten Ordnung, das Kriegsende in Angern und den Beginn eines Lebens im sowjetischen Exil.
Christoph Daniel von der Schulenburg (1679–1763) war die zentrale Gestalt des Wiederaufbaus und der Neuordnung des Ritterguts Angern im 18. Jahrhundert. Nach seiner Karriere im Dienst des Königs von Sardinien kehrte er mit beträchtlichen Mitteln zurück und kaufte 1735 die durch Insolvenz verlorenen Anteile seines Bruders zurück. Er vereinigte das Gut erstmals vollständig, ließ das Schloss neu errichten, stiftete 600 Reichstaler für den Wiederaufbau der Kirche und begründete 1762 das Fideikommiss Angern. Sein Wirken markiert den Übergang vom kriegszerstörten Gut zum barocken Herrensitz.
Christoph Daniel baute eine bedeutende Waffensammlung auf, die sich durch ihren historischen und repräsentativen Charakter auszeichnete und bis heute als Ausdruck seines militärischen Standesbewusstseins und seines kunstsinnigen Sammelinteresses gilt.
Die Bibliothek des preußischen Generalfeldmarschalls Christoph Daniel von der Schulenburg im Schloss Angern war ein strategisch kuratierter Bildungskanon, der militärisches Wissen, politische Theorie und moralphilosophische Reflexion zum intellektuellen Fundament adeliger Selbstvergewisserung im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus verband.
Das Garderobeninventar des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg von 1752 ist ein einzigartiges Zeugnis barocker Besitz- und Ordnungskultur im mitteldeutschen Adel, das durch seine außergewöhnliche Detailliertheit nicht nur die materielle Lebenswelt eines hochrangigen Offiziers dokumentiert, sondern zugleich den Übergang von höfischer Repräsentation zu aufgeklärter Rationalität sichtbar macht und vielfältige Einblicke in die sozialen, kulturellen und funktionalen Strukturen adeliger Lebensführung bietet.