Das Geschlecht derer von der Schulenburg ist ein altmärkisch-brandenburgisches, später preußisches Adelsgeschlecht (Quelle), das 1237 erstmals mit Werner I. in einer Urkunde erscheint. Die Familie spaltete sich früh in einen schwarzen Stamm (Dietrich II.) und einen weißen Stamm (Bernhard I.) auf. Aus letzterem gingen die Linien Beetzendorf, Angern, Apenburg und weitere hervor. Die Familie stellte über Jahrhunderte hinweg hohe Militärs, Politiker, Verwaltungsbeamte, Bischöfe und Widerstandskämpfer, darunter Johann Matthias (Verteidiger Korfus 1716), Melusine (Favoritin Georgs I.), und Fritz-Dietlof (Attentat 20. Juli 1944).
Reste der Burganlage Schulenburg bei Stappenbeck
Die Aufspaltung des weißen Stammes derer von der Schulenburg und ihre territorial-politische Entwicklung (15.–18. Jahrhundert). Im Verlauf des 14. Jahrhunderts kam es innerhalb der Familie von der Schulenburg zu einer grundlegenden genealogischen Aufspaltung in der Altmark. Dietrich II., der zwischen 1304 und 1340 nachweisbar ist, begründete den sogenannten schwarze Stamm, während sein jüngerer Bruder Bernhard I., der nach 1340 noch lebte, als Stammvater des weißen Stamms gilt. Beide Stämme entwickelten sich in den folgenden Jahrhunderten weiter, wobei sich innerhalb des weißen Stamms eine differenzierte Gliederung in Linien, Äste und Zweige herausbildete – ein typisches Phänomen dynastischer Differenzierung im niederen Adel des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Mitteleuropa. Die genealogische Entwicklung des weißen Stamms der Familie von der Schulenburg in Angern lässt sich in drei Hauptlinien gliedern:
Die ältere Linie, begründet durch Busso I, erhielt 1448 den Besitz Vergunst. Diese Linie erlebte im 16. und 17. Jahrhundert eine starke Expansion bevor er durch Krieg und Überschuldung im Mannesstamm erlosch. Besonders prägend war Busso VI (†1601), dessen Sohn Hans XII 1605 den durch Verschuldung verlorenen Besitz zurück kaufte. Der Zweig endete mit dem Tod Kaspar Ernsts (†1657).
Die mittlere Linie, begründet durch Bernhard VIII, war mit dem sogenannten Alten Hof belehnt. Bereits 1561 wurde der Besitz durch Christoph III veräußert – je zur Hälfte an Busso VI (ältere Linie) und Jakob II (jüngere Linie). Damit erlosch dieser Zweig frühzeitig als eigenständiger Besitzträger.
Die jüngere Linie, begründet durch Matthias I, erhielt 1448 den Burghof in Angern. Seine Nachkommen führten die Linie bis ins 18. Jahrhundert fort, mit Vertretern wie Daniel I (Fideikommiss 1567), Henning III (Dreißigjähriger Krieg) und Heinrich XI (Wiederherstellung nach 1631). Aus dieser Linie gingen drei Zweige hervor, von denen Christoph Daniel (*1679, †1763) den zersplitterten Besitz aller drei Hauptlinien zurück erwarb, das barocke Schloss errichtete und 1762 ein neues Fideikommiss stiftete.
Damit konsolidierte sich der Besitz auf die jüngere Linie alleine und wurde über Alexander Friedrich Christoph (*1720, †1801), Edo (*1816, †1904) und Fritz (*1843, †1921) und Sigurd bis zur Enteignung 1945 in der Familie gehalten. Mit dem Rückkauf 1997 durch den Enkel Alexander Graf v.d. Schulenburg wurde die Verbindung zum historischen Besitz wiederhergestellt.
Das Wappen der Familie von der Schulenburg zeigt drei rote Adlerfänge mit scharfen Krallen – ein kraftvolles und symbolträchtiges Motiv, das in der Heraldik der Mark Brandenburg nur wenigen Geschlechtern vorbehalten war. Im Mittelalter führten lediglich drei Familien diese seltene Wappenfigur, darunter die Schulenburgs, was auf eine besondere Stellung und Herkunftsidentität innerhalb des brandenburgischen Adels hinweist. Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Wappen im Jahr 1324 in einer Rechtsquelle, in der Ritter Bernhard I. von der Schulenburg, der genealogisch als Stammherr der weißen Linie gilt, explizit genannt wird. Der Adlerfang selbst ist eine heraldische Variante des roten märkischen Adlers, des Wappentiers der Mark Brandenburg, das seit dem 12. Jahrhundert als Herrschaftssymbol der Askanier und später der Hohenzollern fungierte. Der abgetrennte Fang – mit geöffneten Krallen dargestellt – steht in der Heraldik für Kampfbereitschaft, Macht und Wehrhaftigkeit, spiegelt aber zugleich eine territoriale Anlehnung an die Mark wider.
Das historische Wappen der Familie von der Schulenburg
Vom homo militaris zum homo civilis: Zwei Bibliotheken–zwei Weltbilder. Die Bibliotheken auf Schloss Angern eröffnen ein einzigartiges Fenster in die geistige Welt zweier Generationen des altmärkischen Adels im 18. Jahrhundert. Was zunächst als private Büchersammlung erscheinen mag, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Spiegel tiefgreifender gesellschaftlicher, politischer und kultureller Transformationen. In den Werken, die Christoph Daniel von der Schulenburg (1679–1763) zusammengetragen hatte, verdichtet sich das Selbstverständnis eines preußischen Generalfeldmarschalls, der sich als homo militaris et politicus im Dienst von Krone und Staat verstand – geleitet von strategischem Denken, staatsrechtlicher Reflexion und diplomatischer Praxis.
Lehnsrecht und Besitzteilung am Beispiel von Angern: Zur Struktur schulenburgischer Herrschaft im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit. Das Lehnswesen bildete über Jahrhunderte hinweg das rechtliche Rückgrat adliger Besitz- und Herrschaftsausübung. Am Beispiel des altmärkischen Guts Angern, das zum zentralen Besitzkomplex des sogenannten weißen Stammes der Familie von der Schulenburg gehörte, lässt sich die langfristige Wirkung lehnsrechtlicher Normen, vor allem der agnatisch organisierten Erbfolge, exemplarisch untersuchen.
Die Familiengruft des Hauses von der Schulenburg in der Kirche zu Angern. Befund, Genealogie und Memorialkultur im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Unter dem Turm der Kirche von Angern befindet sich die eigens für das Haus Angern eingerichtete Familiengruft derer von der Schulenburg. Ein Schriftstück aus dem Jahr 1733 (Gutsarchiv Beetzendorf, Rep. H Beetzendorf BI Nr. 202) belegt, dass die Gruft zeitgleich mit dem Kirchturmbau neu angelegt wurde. Sie ist ausschließlich den Mitgliedern der Linie Angern vorbehalten; der verwandten Linie Gut Vergunst wurde zugesichert, dass auf Wunsch ein eigenes Gewölbe in der Kirche eingerichtet werde.
Die Anordnung der Särge erfolgt in zwei gestaffelten Ebenen, die durch Balkenkonstruktionen getragen werden. Die Särge bestehen sowohl aus Holz als auch aus Stein und zeigen durch Inschriften, Materialwahl und Größenverhältnisse eine klare hierarchische Differenzierung. Ergänzt wird die Anlage durch Kindersärge, teilweise ohne Beschriftung, was auf Kindersterblichkeit innerhalb der Familie verweist.
Ziel dieser Gliederung ist es, den Bestand H 13 im Sinne moderner Forschungsperspektiven neu zu strukturieren und damit interdisziplinäre Zugänge zu ermöglichen. Die thematische Ordnung folgt weniger den archivischen Provenienzstrukturen als vielmehr den methodischen Anforderungen historischer, rechts- und sozialwissenschaftlicher Forschung. Das Gutsarchiv Angern (Bestand H 13) stellt eine der reichhaltigsten archivalischen Überlieferungen zur frühneuzeitlichen Gutsverfassung im mitteldeutschen Raum dar. Es dokumentiert über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten hinweg nicht nur die Besitz- und Herrschaftsverhältnisse der Familie von der Schulenburg, sondern auch die rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Funktionsmechanismen einer vielschichtigen Gutsherrschaft. Seine Bedeutung liegt nicht allein im Umfang der überlieferten Akten, sondern in der strukturellen Vielfalt und thematischen Tiefe, mit der es Einblick in zentrale Prozesse der frühneuzeitlichen Gesellschaft gewährt.
Das Gutsarchiv Angern offenbart mit seiner Überlieferung zur lokalen Herrschaftsausübung einen vielschichtigen Einblick in die politischen, rechtlichen und administrativen Ordnungsmechanismen des 18. Jahrhunderts. Im Zentrum steht Christoph Daniel von der Schulenburg (1679–1763), dessen Wirken exemplarisch für die spätfeudale Gutsherrschaft steht – eine Herrschaftsform, die im Spannungsfeld von Standesprivileg, obrigkeitlicher Verantwortung und sozialer Kontrolle agierte. Seine schriftlich abgesicherte, strategisch kalkulierte Regierungsweise zielte nicht nur auf Ordnung und Effizienz, sondern auch auf die nachhaltige Durchsetzung gutsherrlicher Machtstrukturen.
Das Gutsarchiv Angern zählt zu den bedeutendsten Adelsarchiven der Altmark. Seine Überlieferung reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück und dokumentiert in großer Kontinuität die Besitz-, Familien- und Verwaltungsgeschichte des Hauses von der Schulenburg. Besonders aufschlussreich sind die umfangreichen Serien ab dem 17. Jahrhundert, etwa zu Wiederaufbau und Neubau der Anlage nach 1631, zur Erbfolge, Güterverwaltung und Korrespondenz im In- und Ausland. Die Akten bieten damit eine fundierte Grundlage für die Rekonstruktion der politischen, wirtschaftlichen und baulichen Entwicklung des Ritterguts Angern bis ins 19. Jahrhundert.
Das Tagebuch von Sigurd Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg aus dem Jahr 1945 dokumentiert mit persönlicher Eindringlichkeit den Zusammenbruch der alten Ordnung, das Kriegsende in Angern und den Beginn eines Lebens im sowjetischen Exil.
Christoph Daniel von der Schulenburg (1679–1763) war die zentrale Gestalt des Wiederaufbaus und der Neuordnung des Ritterguts Angern im 18. Jahrhundert. Nach seiner Karriere im Dienst des Königs von Sardinien kehrte er mit beträchtlichen Mitteln zurück und kaufte 1735 die durch Insolvenz verlorenen Anteile seines Bruders zurück. Er vereinigte das Gut erstmals vollständig, ließ das Schloss neu errichten, stiftete 600 Reichstaler für den Wiederaufbau der Kirche und begründete 1762 das Fideikommiss Angern. Sein Wirken markiert den Übergang vom kriegszerstörten Gut zum barocken Herrensitz.
Christoph Daniel baute eine bedeutende Waffensammlung auf, die sich durch ihren historischen und repräsentativen Charakter auszeichnete und bis heute als Ausdruck seines militärischen Standesbewusstseins und seines kunstsinnigen Sammelinteresses gilt.
Die Bibliothek des preußischen Generalfeldmarschalls Christoph Daniel von der Schulenburg im Schloss Angern war ein strategisch kuratierter Bildungskanon, der militärisches Wissen, politische Theorie und moralphilosophische Reflexion zum intellektuellen Fundament adeliger Selbstvergewisserung im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus verband.
Das Garderobeninventar des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg von 1752 ist ein einzigartiges Zeugnis barocker Besitz- und Ordnungskultur im mitteldeutschen Adel, das durch seine außergewöhnliche Detailliertheit nicht nur die materielle Lebenswelt eines hochrangigen Offiziers dokumentiert, sondern zugleich den Übergang von höfischer Repräsentation zu aufgeklärter Rationalität sichtbar macht und vielfältige Einblicke in die sozialen, kulturellen und funktionalen Strukturen adeliger Lebensführung bietet.