Das Geschlecht derer von der Schulenburg ist eines der ältesten Adelsgeschlechter Deutschlands, dessen Wurzeln bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen.
Ziel dieser Gliederung ist es, den Bestand H 13 im Sinne moderner Forschungsperspektiven neu zu strukturieren und damit interdisziplinäre Zugänge zu ermöglichen. Die thematische Ordnung folgt weniger den archivischen Provenienzstrukturen als vielmehr den methodischen Anforderungen historischer, rechts- und sozialwissenschaftlicher Forschung. Das Gutsarchiv Angern (Bestand H 13) stellt eine der reichhaltigsten archivalischen Überlieferungen zur frühneuzeitlichen Gutsverfassung im mitteldeutschen Raum dar. Es dokumentiert über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten hinweg nicht nur die Besitz- und Herrschaftsverhältnisse der Familie von der Schulenburg, sondern auch die rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Funktionsmechanismen einer vielschichtigen Gutsherrschaft. Seine Bedeutung liegt nicht allein im Umfang der überlieferten Akten, sondern in der strukturellen Vielfalt und thematischen Tiefe, mit der es Einblick in zentrale Prozesse der frühneuzeitlichen Gesellschaft gewährt.
Das Gutsarchiv Angern offenbart mit seiner Überlieferung zur lokalen Herrschaftsausübung einen vielschichtigen Einblick in die politischen, rechtlichen und administrativen Ordnungsmechanismen des 18. Jahrhunderts. Im Zentrum steht Christoph Daniel von der Schulenburg (1679–1763), dessen Wirken exemplarisch für die spätfeudale Gutsherrschaft steht – eine Herrschaftsform, die im Spannungsfeld von Standesprivileg, obrigkeitlicher Verantwortung und sozialer Kontrolle agierte. Seine schriftlich abgesicherte, strategisch kalkulierte Regierungsweise zielte nicht nur auf Ordnung und Effizienz, sondern auch auf die nachhaltige Durchsetzung gutsherrlicher Machtstrukturen.
Die Struktur des Gutsarchivs Angern dokumentiert in bemerkenswerter Dichte die juristischen und eigentumsrechtlichen Grundlagen adeliger Herrschaft im 18. Jahrhundert. Kapitel 2 umfasst zentrale Quellen zu Lehnrechten, Besitzverhältnissen, Erbfolgen und Fideikommissbildung und ermöglicht damit einen tiefen Einblick in das rechtlich fundierte Machtverständnis Christoph Daniel von der Schulenburgs. Sein Bestreben, die zersplitterten Familiengüter zusammenzuführen und dauerhaft zu sichern, ist ein Paradebeispiel für die adlige Besitzpolitik im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus.
Die wirtschaftliche Dimension der Gutsherrschaft unter Christoph Daniel von der Schulenburg offenbart sich im Gutsarchiv Angern in einzigartiger Tiefe. Kapitel 3 des Bestandes H 13 gewährt detaillierten Einblick in Buchführung, Produktionslogik, Personalverwaltung und Ressourcennutzung eines spätfeudalen Gutsbetriebs. Die wirtschaftliche Organisation des Ritterguts Angern war dabei nicht nur Mittel zur Bestreitung des adeligen Lebensstils, sondern Teil einer umfassenden Strategie zur Sicherung, Modernisierung und Kontrolle der Herrschaft.
Kapitel 4 des Gutsarchivs Angern eröffnet einen dichten Quellenraum zu den sozialen Verhältnissen und Alltagserfahrungen im Umfeld der Gutsherrschaft unter Christoph Daniel von der Schulenburg. Es geht um mehr als um Verwaltung: Im Mittelpunkt stehen jene historischen Lebenswelten, die zwischen Herrschaft, Fürsorge, Disziplin und Gemeinschaft eingebettet waren. Die Akten bieten einen Blick auf das soziale Gefüge einer ländlichen Welt im Übergang vom traditionellen Feudalmodell zur verwalteten und zunehmend durchregulierten Agrargesellschaft.
Kapitel 5 des Gutsarchivs Angern erlaubt einen profunden Einblick in die gebaute Herrschaft und die räumliche Ordnung unter Christoph Daniel von der Schulenburg. Architektur, Infrastruktur und Raumerschließung wurden hier nicht nur als funktionale Notwendigkeiten, sondern als Ausdruck politischer und sozialer Macht verstanden. Die archivalische Überlieferung belegt, dass der barocke Neuaufbau von Schloss und Gut samt Wege-, Garten- und Wirtschaftsstruktur Teil eines umfassenden Programms zur Repräsentation, Kontrolle und dauerhaften Verankerung gutsherrlicher Ordnung war.
Kapitel 6 des Gutsarchivs Angern führt in das genealogische, kulturelle und symbolische Zentrum der Familie von der Schulenburg. Es behandelt das Selbstverständnis, die Traditionspflege und die dynastischen Praktiken eines Adelsgeschlechts, das sich nicht nur über Besitz, sondern auch über Geschichte, Erinnerung und Abstammung definierte. Christoph Daniel von der Schulenburg wird hier nicht mehr nur als Gutsherr, Bauherr oder Richter sichtbar – sondern als Familienoberhaupt, Stifter, Gedächtnisträger und strategischer Gestalter von Rang und Namen.
Kapitel 7 des Gutsarchivs Angern öffnet den Blick über die Grenzen des Guts und der Altmark hinaus. Es dokumentiert, wie sehr die Familie von der Schulenburg im 18. Jahrhundert in überregionale, ja sogar europäische Kontexte eingebunden war. Christoph Daniel von der Schulenburg war nicht nur lokal wirksamer Gutsherr, sondern zugleich Militär, Diplomat, Netzwerker und transnationaler Akteur. Das Archiv belegt damit eindrucksvoll, wie Mobilität, Vernetzung und Territorialität sich in der adligen Lebenspraxis wechselseitig durchdrangen.
Das Gutsarchiv Angern bewahrt als einzigartiges Quellenensemble die wirtschaftliche, soziale und administrative Geschichte des Ritterguts über mehrere Jahrhunderte hinweg – vom barocken Kammergut bis zur Auflösung nach 1945.
Das Tagebuch von Sigurd Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg aus dem Jahr 1945 dokumentiert mit persönlicher Eindringlichkeit den Zusammenbruch der alten Ordnung, das Kriegsende in Angern und den Beginn eines Lebens im sowjetischen Exil.
Die Bibliothek des preußischen Generalfeldmarschalls Christoph Daniel von der Schulenburg im Schloss Angern war ein strategisch kuratierter Bildungskanon, der militärisches Wissen, politische Theorie und moralphilosophische Reflexion zum intellektuellen Fundament adeliger Selbstvergewisserung im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus verband.
Das Garderobeninventar des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg von 1752 ist ein einzigartiges Zeugnis barocker Besitz- und Ordnungskultur im mitteldeutschen Adel, das durch seine außergewöhnliche Detailliertheit nicht nur die materielle Lebenswelt eines hochrangigen Offiziers dokumentiert, sondern zugleich den Übergang von höfischer Repräsentation zu aufgeklärter Rationalität sichtbar macht und vielfältige Einblicke in die sozialen, kulturellen und funktionalen Strukturen adeliger Lebensführung bietet.