Freigelegter Zugang zum ursprünglichen Palaseingang auf Burg Angern – Archäologisch-bauhistorischer Befundbericht: Im Zuge vorbereitender Arbeiten zur bauhistorischen Analyse des mittelalterlichen Palas wurde in der östlichen Stirnwand des mittleren Kellerflurs, hinter einer später errichteten Ziegelmauer, ein bauzeitliches Bruchstein-Gewölbe teilweise freigelegt. Die Öffnung befindet sich auf Bodenniveau und wird im oberen linken Bereich von einer gut erhaltenen, aus sorgfältig gesetzten Bruchsteinen bestehenden Gewölbepartie umfasst. Deutlich sichtbar ist ein quer laufender Gang, der in das Mauerwerk hineinführt. Die Breite der Öffnung deutet auf einen ehemals genutzten Durchgang hin.
Gewölbegang zum Palas-Eingang hinter Ziegelmauer
Baubefund
Die sichtbaren Bruchsteine stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der ersten Bauphase des Palas (um 1340) und sind in Lagerfugen gesetzte Feldsteine mit teilweisem Einsatz von Kalkmörtel. Die Gewölbeform (flach gespannter Segmentbogen) entspricht bekannten Zugängen aus hochmittelalterlichen Adelsbauten. Die Ziegelmauerung, welche den Durchgang sekundär verschloss, kann anhand der Materialbeschaffenheit und des Fugenbilds ins späte 18. oder 19. Jahrhundert datiert werden.
Verschütteter Eingangsbereich zum Palas aus Bruchstein
Interpretation
Hinter der Verschüttung ist mit einem substanziell erhaltenen, gewölbten Zugangsbereich zum ursprünglichen Palaseingang zu rechnen, der wichtige Informationen zur inneren Erschließung und Repräsentationsarchitektur des mittelalterlichen Burgbaus liefert. Es handelt sich wahrscheinlich um den Rest eines Gewände- oder Portalanschlusses, möglicherweise im Zusammenhang mit einer Innentreppe oder einem Hangabgang zur Grabenseite. Der freigelegte Tunnelverlauf weist in Richtung des ehemaligen Burgzugangs im Westen und könnte Bestandteil eines gedeckten, internen Erschließungssystems gewesen sein. Eine gezielte Freilegung könnte einen der wenigen baulich unmittelbar belegbaren Zugänge vom Innenhof der Hauptburg zum mittelalterlichen Palas freilegen – ein Befund von erheblicher bau- und denkmalhistorischer Relevanz.
Vergleichsbeispiele
Ähnliche Gewölbegänge mit Bruchsteinfassungen finden sich im Burgbereich von Beetzendorf und bei den westelbischen Anlagen Kalbe und Wust, jeweils in Zusammenhang mit spätmittelalterlichen Zugangssituationen. Besonders auffällig ist die statisch wirksame Ausführung des Gewölbeansatzes, was auf eine dauerhafte, tragende Nutzung des Gangs hinweist.
Empfohlene Maßnahmen
- Freilegung: vollständige archäologische Ausgrabung des Gangverlaufs auf gesamter sichtbarer Breite und Tiefe
- Dokumentation: zeichnerische Aufnahme, photogrammetrische Erfassung, Profil- und Schichtenanalyse
- Detailuntersuchung: Suche nach Spuren von Türangeln, Fallbalkenschlitzen, metallischen Befestigungselementen oder Farbfassungen
- Materialanalyse: Untersuchung des Mörtels und der Steinherkunft zur Bestimmung der Bauphasen
- Konservierung: baubegleitende Sicherung der offenen Mauerbereiche, temporäre Abstützung und Schutzabdeckung
Schlussbewertung
Der freigelegte Gang stellt einen seltenen, baulich intakten Zugangsbefund aus der mittelalterlichen Phase des Palas dar. Er besitzt erhebliches baugeschichtliches und denkmalpflegerisches Potenzial für die Rekonstruktion der ursprünglichen Wegeführung und Eingangssituation des Palas. Seine genaue Funktion und Einbindung in das Raumgefüge des Palas kann jedoch erst nach vollständiger Freilegung und Analyse beurteilt werden.