Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg von Friedrich August Fiedler im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt. Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins Jahr 1341 zurück, als an dieser Stelle eine Wasserburg errichtet wurde.

Die Innenausstattung des Schlosses Angern zur Zeit des 18. Jahrhunderts stellt ein herausragendes Beispiel adliger Wohnkultur im mitteldeutschen Raum dar. Sie wurde maßgeblich von Christoph Daniel von der Schulenburg geprägt, der nicht nur die bauliche Umgestaltung des Schlosses in Auftrag gab, sondern auch großen Wert auf eine zeitgemäße, stilistisch anspruchsvolle Einrichtung legte. Das dabei entstandene Ensemble steht exemplarisch für die Verbindung von Repräsentation, Funktionalität und stilistischer Eleganz im Übergang vom Spätbarock zum Rokoko.

Die räumliche Struktur des Schlosses folgt dem Prinzip der Enfilade, das heißt, die Repräsentationsräume sind in einer durchgehenden Raumflucht entlang der Gartenseite angeordnet. Diese lineare Raumfolge wurde durch Appartements gegliedert. Das Appartement des Hausherrn, Christoph Daniel von der Schulenburg, verfügte nachweisbar über ein Antichambre, während die übrigen Appartements meist nur aus Chambre und Kabinett bestanden. Dies zeigen sowohl das Inventarverzeichnis von 1752 (Rep. H 76) als auch die bauliche Struktur der erhaltenen Raumabfolgen (vgl. Publikation Angern 2022, S. 11–12). Diese Gliederung erlaubte eine klare Hierarchisierung zwischen öffentlichem Empfang, privatem Aufenthalt und funktionalem Rückzug. Neben dem Appartment des Hausherrn, gab es auch Gästeappartements mit voll ausgestatteten Schlaf- und Nebenräumen. Das Konzept der Appartements entspricht dem französischen Vorbild und zeugt von der zeitgenössischen Adelskultur, die sowohl Repräsentation als auch private Zurückgezogenheit ermöglichte.

Ein zentrales Dokument für die Rekonstruktion der Innenausstattung bildet das Inventarverzeichnis von 1752, das vom Sekretär Brieres angefertigt wurde. Es verzeichnet detailliert die Ausstattung der repräsentativen Räume des Schlosses. Besonders hervorgehoben wird darin der sogenannte Gartensaal. Dieser war mit blau-weiß gestreifter Leinwand bespannt und mit chinesisch inspirierten Supraporten geschmückt, darunter Schildereistücke mit Geflügelmotiven über den Türen, Kaminen und Schränken. Auf den Kaminen standen zudem kleine Statuetten, die thematisch Jagd, Natur und Exotik aufgriffen. Der Gartensaal wurde durch weiße Leinwandgardinen mit Falballas, Berliner Rohrstühle sowie zwei weiße Portieren in Szene gesetzt. Diese Kombination betonte die Leichtigkeit und Bewegtheit, die dem Rokoko eigen ist.

Gartensaal-Rokoko-Angern

KI generierte Ansicht des Gartensaals um 1750

Stilistisch lässt sich die Innenausstattung eindeutig dem Rokoko zuordnen, wobei sich in der Zurückhaltung der Wandgestaltung und der formalen Klarheit der Raumanordnung noch spätbarocke Elemente zeigen. Die Gestaltung erinnert an ähnliche Ensembles in Mitteldeutschland, insbesondere an Schloss Mosigkau. Wie dort finden sich auch in Angern gestreifte Wandbespannungen, chinesische Supraporten, symmetrische Enfiladen und die Kombination aus dekorativer Leichtigkeit und funktionaler Ordnung.

Das Appartment von Christoph Daniel in Grünem Damast und Brocatell, ähnlich dem Audienzzimmer in Schloss Mosigkau. Die Tapisserien wurden mit feinen vergoldeten Zierleisten eingefasst. Dazu kamen passende Vorhänge, Spiegel mit Nussbaumrahmen, Kommoden, Tische mit Wachstuch oder feingestreiften Decken und Sitzmöbel mit gestickten oder damastenen Bezügen. In den Schlafgemächern fanden sich Betten à la duchesse mit farblich abgestimmten Baldachinen, Fransen und Schleifen. Auch das sogenannte "Logierzimmer Seiner Exzellenz" war mit hochwertiger Ausstattung versehen und dokumentiert den Repräsentationsanspruch des Bauherrn.

Ein als Polterkammer bezeichnetes Kabinett, das zugleich als Waffen- und Bibliothekszimmer diente, dokumentiert darüber hinaus das aufgeklärt-militarische Selbstbild Christoph Daniels. Hier fanden sich kunstvoll gearbeitete Musketen mit Perlmutteinlagen, eine Granatenhaubitze, Degen aus Princessbeck und sogar ein Reisesattel mit silberner Garnierung.

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Grundriss Schloss Angern um 1750; Grün: Appartment von Christoph Daniel

Die Ausstattung des Schlosses Angern bezeugt nicht nur den gehobenen Lebensstil seines Bauherrn, sondern auch die enge Verbindung zur europäischen Adelskultur im 18. Jahrhundert. Das Rokoko diente dabei nicht nur dem ästhetischen Genuss, sondern war auch Ausdruck sozialer Hierarchie, kultureller Bildung und weltgewandter Selbstdarstellung.

Quellen

  • Gutsarchiv Angern: Inventarverzeichnis von 1752 (Rep. H 76)
  • Publikation Schloss Angern 2022, S. 10–14
  • Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt, Bd. 10.2: Ohrekreis II. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Petersberg 2001.
  • Schloss Mosigkau: https://www.gartenreich.de/de/schloesser-u-gaerten/mosigkau
  • Brülls, Holger / Könemann, Dorothee: Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt. Architektur des 18. Jahrhunderts im Elbe-Börde-Raum. Halle/Petersberg: Imhof Verlag, 2002.
  • Oesterreich, Cornelia: Rokoko in Mitteldeutschland. Studien zur höfischen Wohnkultur und Architektur. Dresden: Sandstein Verlag, 2010.
  • Küster, Hansjörg: Geschichte der Gärten. Von der Antike bis zur Gegenwart. München: C.H. Beck, 2012.
Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Die Burg Angern als Herrschafts- und Wehranlage stellt in ihrer historischen Entwicklung ein typisches Beispiel einer spätmittelalterlichen Wasserburg des niederen Adels im mitteldeutschen Raum dar. Ihre Entstehung unter Erzbischof Otto von Magdeburg im 14. Jahrhundert war eng mit den Machtinteressen des Erzstifts Magdeburg verbunden. Die Wahl des Standorts – auf einer inselartigen Erhebung inmitten der Elbniederung – folgte sowohl militärisch-strategischen als auch wirtschaftlich-topographischen Überlegungen. In unmittelbarer Nähe wichtiger Verkehrswege und Elbübergänge gelegen, diente die Burg der Kontrolle von Handelsrouten, der Sicherung regionaler Besitzverhältnisse und der symbolischen Machtdemonstration.
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Dieser Rundgang durch die Burg Angern um das Jahr 1350 basiert auf einer sorgfältigen Rekonstruktion historischer Quellen, archäologischer Befunde und baugeschichtlicher Analysen. Alle Szenen, Räume und Details wurden unter Berücksichtigung realer Gegebenheiten der mittelalterlichen Anlage entwickelt – etwa der erhaltenen Tonnengewölbe, der typischen Bauweise von Palas, Bergfried und Wirtschaftsflügeln sowie Hinweise aus Inventaren und schriftlichen Überlieferungen. Ziel ist es, nicht nur die äußere Gestalt, sondern auch die Atmosphäre und Lebenswelt einer spätmittelalterlichen Burg erlebbar zu machen – so nah wie möglich an der historischen Realität, doch mit erzählerischer Tiefe. Die Bilder zeigen fotorealistische Rekonstruktionen der Burg Angern um 1350. Sie basieren auf archäologischen Befunden, historischen Quellen und vergleichbarer Bausubstanz – realitätsnah umgesetzt mit moderner KI-Technik. Von der Vorburg zum Pforthäuschen
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.