Die Südfassade der Hauptburg von Angern liegt unmittelbar am Wassergraben und bildet die südliche Begrenzung der Hauptburginsel. Sie stellt einen der wichtigsten Bauteile der Anlage dar, da sie sowohl zum Wasser als auch zum historischen Zugangssystem ausgerichtet ist. Besonders hervorzuheben ist die südwestliche Partie der Ringmauer, die hier im Übergangsbereich zur Turminsel ansetzt. Diese Mauerzone lässt sich als der am besten überkommene Teil der ursprünglichen hochmittelalterlichen Ringmauer interpretieren, die im südwestlichen Bereich der Hauptburginsel erhalten geblieben ist und sich durch ein homogenes Bruchsteinmauerwerk ohne barocke Aufmauerungen auszeichnet.
Süd-West-Ecke der Hauptburg mit barocker Brücke zur Turminsel
Befund: Südwestlicher Abschnitt der Ringmauer – Hauptburginsel Burg Angern
Lage und Kontext
Die dokumentierte Mauer befindet sich am äußersten südwestlichen Rand der Hauptburginsel von Burg Angern, unmittelbar oberhalb des ehemaligen Wassergrabens. Sie markiert den südlichsten Punkt der historischen Kernburg und liegt damit in einer wehrtechnisch strategischen Position zur Grabenzone und zur gegenüberliegenden Vorburg.
Baubefund und Material
Die Mauer besteht aus großformatigen, unregelmäßig behauenen Feldsteinen, die in trocken wirkender, aber lagerhafter Bruchsteintechnik ohne sichtbare horizontale Mörtelfugen verbaut wurden. Auffällig ist das Fehlen jeglicher barocker Aufmauerungen oder späterer Ergänzungen. Die sichtbare Höhe beträgt derzeit ca. 2,50–3,00 m; die Mauerstärke kann auf 1,80–2,00 m geschätzt werden. Fenster- oder Türöffnungen sind nicht erkennbar. Die Oberkante ist unregelmäßig abgebrochen, Hinweise auf einen ehemaligen Wehrgang oder Zinnen sind nicht erhalten, jedoch aufgrund der Position wahrscheinlich anzunehmen.
Bauhistorische Einordnung
Aufgrund ihrer exponierten Lage, der ungewöhnlich massiven Ausführung sowie des homogenen Bruchsteinverbandes ist die Mauer mit hoher Wahrscheinlichkeit als überkommener Teil der hochmittelalterlichen Ringmauer der Hauptburg zu deuten (Bauzeit ca. 1340–1350). Sie stellt den am besten erhaltenen Abschnitt der ursprünglichen Wehrstruktur dar. Ihre bauzeitliche Authentizität wird insbesondere durch das Fehlen jeglicher neuzeitlicher Umbauten oder Putzfassungen gestützt.
Funktion und Bedeutung
Die Mauer diente ursprünglich als tragendes Element der südlichen Ringmauer und damit als äußere Begrenzung der Burganlage zur Grabenfront. In Verbindung mit einem vermutlich hölzernen Wehrgang und einem Zinnenabschluss erfüllte sie zentrale Funktionen der Verteidigung, Kontrolle und Abschirmung. Ihre Erhaltung liefert wesentliche Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der Gesamtanlage und dokumentiert die wehrtechnische Organisation hochmittelalterlicher Wasserburgen im nördlichen Elbraum.
Bedeutung der Lage zur Turminsel
Die unmittelbare Nähe der südlichen Palaswand zur Turminsel ist von besonderer architektur- und funktionsgeschichtlicher Relevanz. Diese Anordnung spricht für eine ursprünglich direkte Verbindung zwischen Hauptburg und der separierten Verteidigungsinsel möglicherweise über eine hochgelegene hölzerne Brücke vom Wehrgang der südlichen Ringmauer in die erste Etage des Bergfrieds. Der direkte Sicht- und Verteidigungskontakt legt nahe, dass der Palas nicht nur als Wohn- und Verwaltungssitz, sondern auch als überwachender Teil der Gesamtverteidigungskonzeption diente. Die Nähe zur Brücke und der unmittelbare Wasseranschluss verstärken die strategische Funktion dieser Fassadenzone zusätzlich.
Befundanalyse: Südwand des Palas auf der Hauptburg
Südwand des Palas auf der Hauptburg
Lage und Kontext
Die hier untersuchte Mauer befindet sich an der Südseite der Hauptburginsel von Burg Angern und bildet die südliche Außenwand des mittelalterlichen Palas. Sie liegt unmittelbar am Wassergraben, gegenüber der Turminsel, und grenzt direkt an den Grabenverlauf, der die Hauptburginsel von der südlich gelegenen Turminsel trennt.
Bauweise und Material
Die Mauer setzt sich aus einem unteren, in Bruchstein ausgeführten Abschnitt und einem darüberliegenden, mehrphasig aus Ziegelmauerwerk errichteten Aufbau zusammen. Der untere Mauerbereich besteht aus großformatigen, unregelmäßig gesetzten Feld- und Bruchsteinen in Kalkmörtelfuge. Der Ziegelmauerabschnitt darüber zeigt mehrere horizontale Bauphasen, teils mit Versätzen und Inhomogenitäten im Verband, was auf sukzessive Aufmauerungen hindeutet. Das heutige Erdgeschossniveau liegt dabei deutlich über dem ursprünglichen mittelalterlichen Bauansatz.
Interpretation
Es handelt sich bei der untersuchten Mauer um die südliche Außenwand des hochmittelalterlichen Palasgebäudes von Burg Angern. Diese Wand ist in substantiellen Teilen bauzeitlich erhalten und weist im unteren Bereich keinerlei barocke oder neuzeitliche Überformungen auf. Ihre Lage ist besonders bedeutend, da sie sich direkt gegenüber dem Wehrturm auf der Turminsel befindet. Dieser Turm, von dem das Erdgeschoss mit einer gut erkennbaren Schießscharte erhalten ist, bildete gemeinsam mit der Palasmauer ein Verteidigungspaar zur Kontrolle des südlichen Grabenzugangs. Die direkte Gegenüberstellung der südlichen Palaswand und des Turms auf der Turminsel spricht für ein bewusst geplantes Verteidigungssystem, bei dem beide Elemente strategisch aufeinander abgestimmt waren.
Bauhistorische Bedeutung
Die Südseite des Palas ist heute einer der am besten erhaltenen Bereiche der ursprünglichen hochmittelalterlichen Bausubstanz der Burg Angern. Ihre massive Bauweise, die direkte Lage am Wassergraben und die Position gegenüber der Turminsel mit Wehrturm verdeutlichen ihre einstige strategische Bedeutung. Die Kombination von massiver Bruchsteinarchitektur und späterer Ziegelaufmauerung bietet zudem wichtige Hinweise auf die Bauphasenfolge der Burganlage.
Lageplan der Burganlage Angern mit Hauptburg, Turminsel und Vorburg um 1350
Empfehlungen für weitere Untersuchungen
Eine bauarchäologische Untersuchung der Fundamentzone sowie eine Aufnahme eventueller Baufugen, Setzungen oder sekundärer Anschlüsse sind für die abschließende Bewertung unerlässlich. Der Zustand der Mauer rechtfertigt eine denkmalpflegerische Sicherung und detaillierte Dokumentation im Rahmen einer bauhistorischen Gesamtaufnahme der Burg Angern.
- Digitale Bauaufnahme (Laserscan/Fotogrammetrie)
- Materialanalyse von Ziegeln und Mörtelproben
- Archivrecherche zur barocken Wiederaufbauphase
- Kartierung biologischer Schäden zur Erarbeitung eines Erhaltungs- und Pflegekonzepts