Sigurd Wilhelm Graf von der Schulenburg (* 1882; † 1956 in Rheden), Sohn des Friedrich Wilhelm Christoph Daniel (1843-1921) war der fünfte und letzte Fideikommissherr auf Angern. Bei seiner Taufe am 5. November 1882 übernahm Kaiser Wilhelm I. eine Patenstelle, wie auch bei seinem Vater, Großvater und Urgroßvater die damals regierenden preußischen Könige Taufpaten gewesen waren.
Seit Ostern 1896 besuchte er das Gymnasium zu Goslar und studierte ab 1904 Jura an der Universität Göttingen, wo er beim Corps Saxonia aktiv war. 1908 wurde er Regierungs-Referendar und 1914 Regierungs-Assessor.
Seit 1909 war er Leutnant der Reserve und wurde bei Kriegsausbruch 1914 dem Reserve-Feldartillerieregiment 6 zugeteilt. Er nahm an der Belagerung von Antwerpen und Kämpfen in Flandern teil. 1915 erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse und kam 1916 als Adjutant des Kommandeurs der Munitionskolonnen und Trains des III. Reservekorps an die Ostfront, wo er 1917 eine Munitionskolonne führte.
Nach dem Krieg wurde er dem Landratsamt in Tarnowitz in Oberschlesien zugeteilt. Für seine Verdienste bei der Volksabstimmung (20. März 1921) erhielt er den Schlesischen Adler für Zivildienste. Nach dem Tod seines Vaters trat er am 28. Juni 1921 aus dem Staatsdienst aus, um das Gut Angern mit dem Vorwerk Ellersell zu bewirtschaften.
Fideikommiss Angern:
- Sigurd Wilhelm war der letzte Fideikommissherr auf Angern. 1913 und 1929 umfasste der Besitz 1663 Hektar, darunter 870 Hektar Gutsforst und landwirtschaftlich verpachtete Flächen. Der Allodialbesitz des Vorwerks Ellersell betrug 140 bis 161 Hektar. Der Besitz blieb bis 1946 in dieser Größe erhalten. Am 1. Januar 1939 wurde das Fideikommiss gemäß Reichsrecht aufgelöst.
Sigurd Wilhelm war ein passionierter Schriftsteller und verfasste Dramen sowie zahlreiche lyrische Gedichte. In der Zeit des Nationalsozialismus wandte er sich als Mitglied der Bekennenden Kirche in Denkschriften gegen die antikirchliche Politik und Jugenderziehung der Partei.
Nachkriegszeit:
- Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Sigurd Wilhelm zunächst in ein Internierungslager eingewiesen und am 12. Mai 1945 als unbelastet entlassen. Die sowjetische Besatzungsmacht führte im September 1945 eine Bodenreform durch, bei der der gesamte Grundbesitz entschädigungslos enteignet wurde.
- Am 29. Dezember 1945 erhielt er die schriftliche Ausweisung im Zuge der Bodenreform und verließ Angern am 4. Januar 1946 mit seiner Familie. Dies beendete 13 Generationen und 498 Jahre der Schulenburg-Familie in Angern.
- Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er mit seiner Familie im Zuge der Bodenreform aus Angern vertrieben. Die Familie fand zunächst Unterkunft bei Freunden in Braunschweig und im Lippischen, bis sie 1946 in Lemgo und 1951 in Alfeld a. d. Leine eine eigene Wohnung beziehen konnte. Dort starb er 1956.
Ehefrau: 1921 heiratete er Paula, geb. Kreplin, Tochter des Marinebeamten Wilhelm Kreplin und Emma, geborene Böhmer. Sie folgte ihrem Mann 1970 im Tod. Das Ehepaar ruht mit ihrer Tochter Sigrid in Rheden bei Elze. (2 Töchter, 1 Sohn)
Kinder:
- Kuno Wilhelm Christoph Daniel (* 1923 in Magdeburg; † 18. Juli 1987 in Frankfurt am Main): Kuno wurde Jurist und trat in den Staatsdienst ein, wo er bis zum Regierungsdirektor aufstieg. Er lebte mit seiner Familie in Karben (Hessen), das er 1971 zu seinem Wohnsitz machte.
- Sigrid von der Schulenburg (* 1922): Sigrid wurde in Angern geboren und war gemeinsam mit ihrer Familie von der Vertreibung nach 1945 betroffen.
- Irmintraut Paula Friederike von der Schulenburg (* 22. Mai 1927 in Magdeburg; † 25. Mai 2015 in Hamburg): Irmintraut heiratete am 25. August 1950 Seband von Rheden (* 22. Januar 1928 in Rheden; † 1. Juni 2018 in Hamburg).