Schulenburg Familie in Angern
Das Geschlecht von der Schulenburg zählt zu den älteren Adelsfamilien Norddeutschlands und ist seit dem 13. Jahrhundert urkundlich belegt

Die Bibliothek des Generals und Diplomaten Christoph Daniel von der Schulenburg bietet einen einzigartigen Einblick in die intellektuelle Welt eines Offiziers des frühen 18. Jahrhunderts. Ein Schwerpunkt der Sammlung liegt auf der Militärgeschichte, die hier nicht als bloße Chronik vergangener Schlachten erscheint, sondern als intellektuelles Werkzeug zur Analyse von Macht, Krieg und Ordnung im europäischen Kontext. Die militärhistorischen Werke dienten nicht nur der Bildung und Selbstvergewisserung, sondern auch der strategischen Orientierung eines Mannes, der selbst aktiv an mehreren Kriegsschauplätzen und diplomatischen Missionen beteiligt war.

Historisches Wissen als strategischer Kompass

Schulenburg sammelte zahlreiche mehrbändige Werke über berühmte Feldzüge, darunter die Histoire militaire de Charles XII (1740) von Gustaf Adlerfeld, die das Leben des schwedischen Königs Karl XII. schildert, sowie die Histoire du Vicomte de Turenne (1749), eine Biographie eines der erfolgreichsten französischen Generäle der Frühen Neuzeit. Beide Werke beleuchten nicht nur die taktischen Fähigkeiten ihrer Protagonisten, sondern setzen deren Handeln immer in Beziehung zu dynastischen Konflikten, Bündnispolitik und geostrategischen Entwicklungen. Sie zeigen Krieg nicht nur als Mittel, sondern als legitimierende Kraft politischer Identität. Für Schulenburg, der selbst an den Fronten Italiens, Ungarns und am Rhein kämpfte, boten solche Werke zugleich Vergleichsfolie und Orientierungshilfe.

Antike Bezugsrahmen und klassisches Strategieverständnis

Die Werke zur Römischen Historie von Livius, die Commentaires de César sowie Polybios und Plutarchs Viten kontextualisieren Krieg als Bestandteil kultureller Ordnung. Schulenburg konnte aus diesen antiken Texten Lehren für Tugend, Disziplin, Führung und republikanische Staatskunst ableiten. Auch die Les vies des grands Capitaines de France (1726) oder das Testament politique de Charles de Lorraine (1697) zeigen, wie sehr Geschichte zur Formung gegenwärtiger Urteile genutzt wurde. Diese Texte verbanden Geschichte mit Rhetorik, Strategie mit Staatskunst – Tugenden, die Schulenburg sowohl in der Armee als auch in der Diplomatie auszeichneten. Die Lektüre antiker Autoren diente damit nicht nur der Bildung, sondern der Selbstverortung in einer historischen Führungsrolle.

Militärgeschichte als Reflexion europäischer Ordnung

Viele der gesammelten Werke – etwa über den Spanischen Erbfolgekrieg oder die Feldzüge des Turenne – behandeln den Krieg nicht isoliert, sondern als integralen Bestandteil der europäischen Politik. Sie analysieren Bündnissysteme, Friedensschlüsse und territoriale Neuordnungen. Schulenburgs eigene diplomatische Missionen – etwa nach Warschau im Kontext der polnischen Königswahl 1733 – spiegeln sich darin wider. Für ihn war das Studium vergangener Kriege zugleich Vorbereitung auf zukünftige politische Entscheidungen.

Besonders aufschlussreich sind Werke wie Les intérêts présents des puissances de l’Europe (1733) oder die Recueil des traitez de paix (1715), die militärische Ereignisse im Rahmen dynastischer, diplomatischer und religiöser Interessen deuten. Hier wird deutlich: Krieg ist nicht nur eine Abfolge von Schlachten, sondern eine Geschichtsform, die Legitimität stiftet.

Geografische, sprachliche und kulturelle Vielfalt

Die internationale Ausrichtung der Bibliothek unterstreicht Schulenburgs pan-europäisches Interesse: Französische Werke dominieren, doch auch lateinische, italienische und deutschsprachige Texte sind reichlich vertreten. Dies reflektiert sowohl seine diplomatische Mobilität als auch den Anspruch, aktuelle und historische Entwicklungen in ganz Europa intellektuell zu durchdringen. Werke wie die Histoire de Guillaume III, Roi de la Grand’Bretagne (1703) oder das Testament Politique de Charles de Loraine (1697) diskutieren Herrschaft und Legitimität im Spiegel militärischer Entscheidungen – ein Thema, das in Schulenburgs Denken offenbar zentrale Bedeutung hatte.

Fazit

Die militärhistorischen Werke in Schulenburgs Bibliothek waren nicht bloß Zeugnisse vergangener Schlachten, sondern Instrumente strategischer Selbstbildung. Sie verbanden militärische Reflexion mit politischer Theorie, persönliche Erfahrung mit universalhistorischen Perspektiven. In ihnen entwarf Schulenburg ein Weltbild, in dem Krieg nicht nur Kampf, sondern Ausdruck geopolitischer Kräfte, staatlicher Rationalität und dynastischer Interessen war. Seine Bibliothek war ein intellektuelles Arsenal – Zeugnis eines Mannes, der Krieg, Diplomatie und Herrschaft nicht nur erlebte, sondern auch reflektierte und ordnete.

Fritz I. von der Schulenburg (1350–1415) war der gemeinsame Stammvater aller drei Hauptlinien des sogenannten weißen Stamms des Hauses von der Schulenburg. Seine Lebenszeit fällt in eine Epoche tiefgreifender politischer und gesellschaftlicher Umbrüche im deutsch-römischen Reich.
Kaufmann, Lehnsträger und Burgherr in Angern. Werner V. von der Schulenburg gehört zu den frühesten namentlich bekannten Mitgliedern der Familie, die sich dauerhaft auf dem Gut Angern niederließen. Seine Bedeutung liegt nicht allein in seiner Funktion als Mitbelehnter mit der dortigen Burg, sondern vor allem in seiner Rolle als Vertreter eines Adels, der im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit zunehmend auch städtisch-wirtschaftliche Handlungsspielräume wahrnahm.
Hans XII. von der Schulenburg († 1625), Sohn des Busso VI. , gehört zu jenen Gliedern des Adelsgeschlechts von der Schulenburg , deren Leben exemplarisch für die Krisen und Konsolidierungsversuche niederadliger Gutsherrschaft im frühneuzeitlichen Brandenburg steht. Seine Biografie markiert eine Übergangsphase zwischen militärischer Karriere und ökonomischer Bedrängnis, zwischen adliger Repräsentation und realer finanzieller Überforderung.
Bernhard von der Schulenburg (1427–1469) wurde im Jahre 1448 mit seinen Brüdern Busso und Matthias durch Lehnbrief Erzbischofs Friedrich von Magdeburg zu rechten männlichen Lehen belehnt.
Ritter, kurbrandenburgischer Rat, Stiftshauptmann des Erzstifts Magdeburg, Begründer des älteren Angerner Zweigs. Busso I. entstammte der weißen Linie der Familie von der Schulenburg und war der älteste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (* um 1350, † 1415). Er wurde am 12. April 1414 noch als unmündig erwähnt, galt aber bereits am 15. April 1415 als mündig und war ab 6. August 1424 urkundlich als Ritter belegt. Sein Geburtsjahr lässt sich daher mit einiger Sicherheit auf um 1396 datieren.
Begründer der jüngeren Linie des weißen Stammes – Landeshauptmann der Altmark. Matthias I von der Schulenburg (geb. spätestens 1405 – † zwischen Februar und November 1477) war der jüngste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (Nr. 56).
Bernhard XI. von der Schulenburg (*1475, † vor dem 15. Mai 1502) war ein altmärkischer Adliger des ausgehenden 15. Jahrhunderts und der bedeutendste Vertreter der jüngeren Linie des sogenannten weißen Stammes der Familie von der Schulenburg. Er war der älteste überlebende Sohn des Landeshauptmanns Matthias I. († um 1477) und der Anna von Alvensleben . Er war Herr auf Altenhausen , Angern und Beetzendorf .
Erbe des Ritterguts Angern, kaiserlicher Offizier und Begründer der Angerner Stammlinie. Alexander Friedrich Christoph von der Schulenburg (*5.8.1720, †1801) war der vierte Sohn Heinrich Hartwig I. Er trat das erstmals unter seinem Onkel Christoph Daniel auf die jüngeren Linie vereinigte Rittergut als Majorat an, das durch das Fideikommiss von 1762 gesichert worden war.
Ein früher Reformator, streitbarer Landadliger und Kriegsteilnehmer im Zeitalter der Konfessionalisierung. Als Sohn von Bernhard XI. von der Schulenburg und Enkel von Matthias I , des langjährigen Landeshauptmanns der Altmark, war er ein direkter Erbe der um 1485 befestigten Stellung in Altenhausen , Angern und Beetzendorf und setzte die jüngere Linie des weißen Stamms fort.
Jakob II. von der Schulenburg: Leben, Kriegslaufbahn und Besitzpolitik eines altmärkischen Söldnerführers. Jakob II. zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des altmärkischen Adels im 16. Jahrhundert.
Daniel I. Reichsfreiherr von der Schulenburg (* 3. Juni 1538 in Altenhausen ; † 6. November 1594 in Angern ) (Nr. 312 in der Stammtafel) lebte in einer Zeit bedeutender politischer und wirtschaftlicher Umbrüche in der Altmark und im Erzstift Magdeburg . Am 29.09.1577 heiratete Daniel I. Ehrengard von Alten aus dem Hause Wilkenburg (* um 1556, † nach 1611). Aus dieser Verbindung gingen fünf Kinder hervor.
Henning III. von der Schulenburg (*1587, †01.09.1637) war der jüngste Sohn des Daniel I. von der Schulenburg und übernahm nach seinem Tod den Burghof in Angern. Er steht exemplarisch für die komplexe Rolle des niederen Adels im frühneuzeitlichen Brandenburg – zwischen dynastischer Kontinuität, territorialer Zersplitterung und finanzieller Prekarität.
Henning Christoph von der Schulenburg (* 1648 oder 1649 auf Angern , † 27.12.1683 in Staßfurt ) war ein kurbrandenburgischer Hauptmann. Als der älteste Sohn von Heinrich XI. von der Schulenburg (geb. 1621, gest. 1691) und Ilse Floria von der Knesebeck (geb. 1629, gest. 1712) erbte er nach dessen Tod die Güter Angern und Falkenberg .
Heinrich XI von der Schulenburg (* 06.09.1621 auf Angern , + 19.05.1691 in Kehnert ) war Sohn von Henning III. von der Schulenburg und übernahm nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) ein schwer verwüstetes und verschuldetes Erbe auf den Gütern Angern, Kehnert und Schricke. Die Verwüstungen dieses langen Konflikts hatten nicht nur das Land, sondern auch die wirtschaftliche und soziale Struktur Brandenburg‑Preußens nachhaltig erschüttert. In den Jahren nach 1648 begann ein langwieriger Wiederaufbauprozess, der von der Notwendigkeit geprägt war, feudale Strukturen aufzubrechen und zentralisierte, absolutistisch geprägte Verwaltungsinstitutionen zu etablieren – Entwicklungen, die auch den Grundstein für den späteren Aufstieg des preußischen Staates legten.
Christoph Daniel von der Schulenburg (*1679 in Angern, †1763 ebenda) wurde geboren inmitten einer Epoche dynastischer Spannungen im Heiligen Römischen Reich. Er zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des brandenburgisch-preußischen Adels im 18. Jahrhundert. Sein Lebensweg vereint in exemplarischer Weise militärische Laufbahn , diplomatische Missionen und kulturelles Mäzenatentum .
Der letzte Erbe der alten Linie Angern. Heinrich Hartwig I. von der Schulenburg, Sohn von Henning Christoph , war der letzte bedeutende Vertreter der älteren Linie auf dem Rittergut Angern, ehe dieses durch seinen Bruder Christoph Daniel vollständig in der jüngeren Linie des weißen Stammes zusammengeführt wurde. Nach dem frühen Tod seines Vaters trat Heinrich Hartwig als Erbe des Burghofs hervor und bemühte sich in schwieriger Zeit um die wirtschaftliche Konsolidierung des Besitzes. Seine Rolle als Gutsherr, seine Teilnahme am savoyischen Militärdienst sowie seine familiären Verbindungen dokumentieren exemplarisch die Lebensrealität eines altmärkischen Adligen im Übergang vom Dreißigjährigen Krieg zur barocken Neuordnung der Gutswirtschaft.
Friedrich Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 10. Februar 1769 auf Angern; † 16. Mai 1821 in Magdeburg) ist Sohn des Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg .
Edo Friedrich Christoph Daniel , geb. 27.04.1816 in Angern, gest. 06.08.1904 in Angern, wurde 1821 dritter Fideikommissherr auf Angern. Edo war einziger Sohn des Magdeburger Regierungspräsidenten Friedrich Graf v.d. Schulenburg aus dessen zweiter Ehe mit der Tochter des Braunschweigischen Landdrosten, Auguste Luise Adolphine von Cramm. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm III . eine Patenstelle.
Friedrich Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1843 in Angern; † 1921) war Sohn des Edo Friedrich Christoph Daniel (1816-1904) und der Helene, geb. v. Schöning. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm IV. die Patenstelle.
Sigurd Wilhelm Graf von der Schulenburg (* 1882; † 1956), Sohn des Friedrich Wilhelm Christoph Daniel (1843-1921) war der fünfte und letzte Fideikommissherr auf Angern. Bei seiner Taufe am 5. November 1882 übernahm Kaiser Wilhelm I. eine Patenstelle , wie auch bei seinem Vater, Großvater und Urgroßvater die damals regierenden preußischen Könige Taufpaten gewesen waren.
Kuno Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1923 in Magdeburg, † 1987 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Jurist und Mitglied der XXI. Generation der Familie von der Schulenburg. Kuno Wilhelm wurde als einziger Sohn von Sigurd-Wilhelm Graf von der Schulenburg geboren.
Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg wurde am 4. August 1968 in Frankfurt am Main geboren. Er ist Sohn von Kuno Wilhelm Christoph Daniel (1923-1987) und Jutta, geb. v. Franocis. Er führt die lange Tradition seiner Familie fort, die seit fast 500 Jahren in Angern verwurzelt ist, und engagiert sich aktiv für die Bewirtschaftung der wieder eingerichteten Forstbetriebs sowie die Rekonstruktion und Erhaltung des Schlosses und des Parks.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.