Schulenburg Familie in Angern
Das Geschlecht von der Schulenburg zählt zu den älteren Adelsfamilien Norddeutschlands und ist seit dem 13. Jahrhundert urkundlich belegt

Das Reit- und Sattelzubehör Christoph Daniel von der Schulenburgs im Inventar von 1752: Die im Garderobeninventar des Schlosses Angern dokumentierte Ausstattung an Schabracken, Halfterkappen, Fliegennetzen und Decken bietet einen selten detaillierten Einblick in die materielle Kultur des Reitens und der Pferdehaltung im Hochadel des 18. Jahrhunderts. In der Gruppe "Reit- und Sattelzubehör“ verzeichnet das Inventar 1752 insgesamt sechs reich verzierte Garnituren, ergänzt durch Zubehör für Kutschpferde, Satteltextilien und ein als „Läuferhabit“ bezeichnetes Kleidungsstück. Diese Ausstattung diente nicht allein dem Schutz von Reiter und Pferd, sondern war integraler Bestandteil höfischer Selbstdarstellung, territorialer Präsenz und symbolischer Mobilität.

Das Pferd als Repräsentationsmedium

Im Zentrum der Ausstattung stehen mehrere farblich und materiell aufeinander abgestimmte Schabrackengarnituren, die aus Schabracke, Halfterkappen, Fliegennetz und Satteldecke bestehen. Zu nennen sind etwa:

  • eine grüne Samtschabracke mit Goldbesatz,
  • eine gelbe Garnitur mit Silbergalon,
  • eine bleumourante Tuchgarnitur mit goldenen Fransen,
  • eine rote Pannesamt-Variante mit silberner Verzierung,
  • sowie ältere, reparierte Ausstattungen in Grün und Rot.

Die Wahl dieser Farben entspricht keineswegs einem rein ästhetischen Geschmack, sondern ist im Kontext dynastischer Farbpolitik, Hausfarben und Ordnungssysteme der höfischen Reitkunst zu deuten¹. In der barocken Reitkultur galten Farbsymbolik und Textilqualität als Spiegel der persönlichen Würde und Standeszugehörigkeit des Reiters – nicht zuletzt auf Paraden, Reisen oder bei der Begrüßung von Gesandtschaften.

Die Verwendung von Samt, Seide, Gold- und Silbergalon sowie aufwendigen Fransen ist Ausdruck einer bewusst zeichenhaften Darstellung des Hausherrn über sein Pferd. Das Tier wird gewissermaßen „mitkostümiert“, um den Rang des Reiters auch im Schritt oder Trab sichtbar zu machen. Dies entsprach nicht nur einem höfischen Ideal, sondern auch der barocken Choreographie von Bewegungsinszenierung, bei der der Pferderücken zur Bühne politischer Körpersprache wurde².

Ergänzend dokumentiert das Inventar, dass sich weitere Reit- und Garderobegegenstände in der sogenannten Polterkammer – dem zweiten Kabinett neben dem Appartement Sr. Exzellenz – befanden. Dort wurden unter anderem ein grünsamtener Sattel mit Silberbeschlag, eine dazu passende samtene Schabracke sowie ein schwarzsamtener Reisehut verwahrt. Diese Stücke waren offenbar nicht im alltäglichen Gebrauch, sondern wurden in einem halböffentlichen Raum gemeinsam mit bibliothekarischen und militärischen Objekten aufbewahrt. Ihre Lagerung an dieser Stelle verdeutlicht die mehrfunktionale Nutzung herrschaftlicher Kabinette sowie die Nähe von Kleidung, Reitzubehör und politisch-symbolischer Selbstdokumentation.

Pflege, Wiederverwendung und ökonomische Aspekte

Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass mehrere der textilen Reitausstattungen als überarbeitet, repariert oder umgewidmet beschrieben sind. So heißt es etwa zur „alten grünen Tuchschabracke mit Silber“, dass diese „abgegangen und daraus eine Decke gemacht“ worden sei. Auch der „Läuferhabit, rot mit Silber“, wurde seiner Tressen beraubt, um damit eine andere Decke zu besetzen – ein Beispiel für die wertstoffbezogene Zirkulation von Repräsentationsmaterialien innerhalb adeliger Haushalte³.

Diese Praxis verweist auf ein rationalisiertes Umgangsverhältnis mit Textilien, das sich auch in späteren Zeiten des aufgeklärten Adels verstärken sollte: Kostbare Stoffe waren Investitionsgüter, deren Lebensdauer durch geschickte Umarbeitung verlängert wurde. Auch die Umwidmung von Kleidungsstoffen (z. B. Habit zu Decke) spiegelt eine flexible Praxis textiler Umnutzung, wie sie sowohl in bürgerlichen als auch höfischen Haushalten üblich war⁴.

Reittextilien als Teil der Mobilitätskultur

Das Vorhandensein von zwei „grünen Pannedecken für Kutschpferde“, von „wollenen Zügeln und Leitseilen“ sowie von „alten roten Couverten mit Livreeborten“ lässt überdies auf eine ausgebaute Kutschlogistik und ein livriertes Dienstpersonal schließen. Pferd und Gespann waren nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern Träger von Stand und Rang – gleich ob in Uniform, Livree oder am verzierten Zaumzeug erkennbar. Der Hofadel des 18. Jahrhunderts verstand sich als mobilisierte Gesellschaft, deren Bewegung durch Symbole kodiert war⁵.

Schulenburgs Ausstattung macht dabei deutlich, dass Repräsentation, Reitkunst, Kleidung und Pferdehaltung ein geschlossenes kulturelles Feld bildeten. Der Zustand der Ausrüstungen – teils prunkvoll, teils verschlissen oder weiterverwendet – erlaubt zugleich Rückschlüsse auf einen Lebensstil zwischen Glanz, Gebrauchsorientierung und pragmatischer Haushaltsführung.

Fazit

Das Reit- und Sattelzubehör Christoph Daniel von der Schulenburgs ist nicht nur eine Auflistung von Pferdetextilien, sondern ein Manifest aristokratischer Mobilität. Die Stücke zeigen, wie eng im 18. Jahrhundert Reiten, Repräsentieren und Ressourcenwirtschaft miteinander verflochten waren. Sie machen sichtbar, wie der Körper des Pferdes als verlängerter Ausdruck des Standes fungierte – stofflich, farblich, funktional. Der Reiter trat damit nicht allein als Mensch, sondern als orchestrierte Erscheinung in Erscheinung – Teil einer barocken Welt, in der Kleidung, Tier und Bewegung eine gemeinsame Sprache sprachen.

Literaturhinweise / Endnoten

  1. Vgl. Peter Wirtz: Hof und Pferd. Zur Reitkultur des europäischen Adels, München 2012, S. 55–81.
  2. Barbara Diefendorf: The Reins of Power. Horse and Rider in Early Modern Europe, in: Past & Present 251 (2021), S. 7–35.
  3. Elisabeth Welz: Textile Zirkulation und Zweitverwendung im 18. Jahrhundert, in: Materialien – Praktiken – Politiken, hg. v. Michael Stolz u. Sabine Mödersheim, Berlin 2018, S. 143–166.
  4. Susan North: Luxury and Recycling: The Afterlives of Fashion in the Early Modern Household, London 2020.
  5. Wolfgang Schmale: Barocke Mobilität. Zwischen Repräsentation und Regulierung, Wien 2008, S. 97–115.
Fritz I. von der Schulenburg (1350–1415) war der gemeinsame Stammvater aller drei Hauptlinien des sogenannten weißen Stamms des Hauses von der Schulenburg. Seine Lebenszeit fällt in eine Epoche tiefgreifender politischer und gesellschaftlicher Umbrüche im deutsch-römischen Reich.
Kaufmann, Lehnsträger und Burgherr in Angern. Werner V. von der Schulenburg gehört zu den frühesten namentlich bekannten Mitgliedern der Familie, die sich dauerhaft auf dem Gut Angern niederließen. Seine Bedeutung liegt nicht allein in seiner Funktion als Mitbelehnter mit der dortigen Burg, sondern vor allem in seiner Rolle als Vertreter eines Adels, der im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit zunehmend auch städtisch-wirtschaftliche Handlungsspielräume wahrnahm.
Hans XII. von der Schulenburg († 1625), Sohn des Busso VI. , gehört zu jenen Gliedern des Adelsgeschlechts von der Schulenburg , deren Leben exemplarisch für die Krisen und Konsolidierungsversuche niederadliger Gutsherrschaft im frühneuzeitlichen Brandenburg steht. Seine Biografie markiert eine Übergangsphase zwischen militärischer Karriere und ökonomischer Bedrängnis, zwischen adliger Repräsentation und realer finanzieller Überforderung.
Bernhard von der Schulenburg (1427–1469) wurde im Jahre 1448 mit seinen Brüdern Busso und Matthias durch Lehnbrief Erzbischofs Friedrich von Magdeburg zu rechten männlichen Lehen belehnt.
Ritter, kurbrandenburgischer Rat, Stiftshauptmann des Erzstifts Magdeburg, Begründer des älteren Angerner Zweigs. Busso I. entstammte der weißen Linie der Familie von der Schulenburg und war der älteste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (* um 1350, † 1415). Er wurde am 12. April 1414 noch als unmündig erwähnt, galt aber bereits am 15. April 1415 als mündig und war ab 6. August 1424 urkundlich als Ritter belegt. Sein Geburtsjahr lässt sich daher mit einiger Sicherheit auf um 1396 datieren.
Begründer der jüngeren Linie des weißen Stammes – Landeshauptmann der Altmark. Matthias I von der Schulenburg (geb. spätestens 1405 – † zwischen Februar und November 1477) war der jüngste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (Nr. 56).
Bernhard XI. von der Schulenburg (*1475, † vor dem 15. Mai 1502) war ein altmärkischer Adliger des ausgehenden 15. Jahrhunderts und der bedeutendste Vertreter der jüngeren Linie des sogenannten weißen Stammes der Familie von der Schulenburg. Er war der älteste überlebende Sohn des Landeshauptmanns Matthias I. († um 1477) und der Anna von Alvensleben . Er war Herr auf Altenhausen , Angern und Beetzendorf .
Erbe des Ritterguts Angern, kaiserlicher Offizier und Begründer der Angerner Stammlinie. Alexander Friedrich Christoph von der Schulenburg (*5.8.1720, †1801) war der vierte Sohn Heinrich Hartwig I. Er trat das erstmals unter seinem Onkel Christoph Daniel auf die jüngeren Linie vereinigte Rittergut als Majorat an, das durch das Fideikommiss von 1762 gesichert worden war.
Ein früher Reformator, streitbarer Landadliger und Kriegsteilnehmer im Zeitalter der Konfessionalisierung. Als Sohn von Bernhard XI. von der Schulenburg und Enkel von Matthias I , des langjährigen Landeshauptmanns der Altmark, war er ein direkter Erbe der um 1485 befestigten Stellung in Altenhausen , Angern und Beetzendorf und setzte die jüngere Linie des weißen Stamms fort.
Jakob II. von der Schulenburg: Leben, Kriegslaufbahn und Besitzpolitik eines altmärkischen Söldnerführers. Jakob II. zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des altmärkischen Adels im 16. Jahrhundert.
Daniel I. Reichsfreiherr von der Schulenburg (* 3. Juni 1538 in Altenhausen ; † 6. November 1594 in Angern ) (Nr. 312 in der Stammtafel) lebte in einer Zeit bedeutender politischer und wirtschaftlicher Umbrüche in der Altmark und im Erzstift Magdeburg . Am 29.09.1577 heiratete Daniel I. Ehrengard von Alten aus dem Hause Wilkenburg (* um 1556, † nach 1611). Aus dieser Verbindung gingen fünf Kinder hervor.
Henning III. von der Schulenburg (*1587, †01.09.1637) war der jüngste Sohn des Daniel I. von der Schulenburg und übernahm nach seinem Tod den Burghof in Angern. Er steht exemplarisch für die komplexe Rolle des niederen Adels im frühneuzeitlichen Brandenburg – zwischen dynastischer Kontinuität, territorialer Zersplitterung und finanzieller Prekarität.
Henning Christoph von der Schulenburg (* 1648 oder 1649 auf Angern , † 27.12.1683 in Staßfurt ) war ein kurbrandenburgischer Hauptmann. Als der älteste Sohn von Heinrich XI. von der Schulenburg (geb. 1621, gest. 1691) und Ilse Floria von der Knesebeck (geb. 1629, gest. 1712) erbte er nach dessen Tod die Güter Angern und Falkenberg .
Heinrich XI von der Schulenburg (* 06.09.1621 auf Angern , + 19.05.1691 in Kehnert ) war Sohn von Henning III. von der Schulenburg und übernahm nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) ein schwer verwüstetes und verschuldetes Erbe auf den Gütern Angern, Kehnert und Schricke. Die Verwüstungen dieses langen Konflikts hatten nicht nur das Land, sondern auch die wirtschaftliche und soziale Struktur Brandenburg‑Preußens nachhaltig erschüttert. In den Jahren nach 1648 begann ein langwieriger Wiederaufbauprozess, der von der Notwendigkeit geprägt war, feudale Strukturen aufzubrechen und zentralisierte, absolutistisch geprägte Verwaltungsinstitutionen zu etablieren – Entwicklungen, die auch den Grundstein für den späteren Aufstieg des preußischen Staates legten.
Christoph Daniel von der Schulenburg (*1679 in Angern, †1763 ebenda) wurde geboren inmitten einer Epoche dynastischer Spannungen im Heiligen Römischen Reich. Er zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des brandenburgisch-preußischen Adels im 18. Jahrhundert. Sein Lebensweg vereint in exemplarischer Weise militärische Laufbahn , diplomatische Missionen und kulturelles Mäzenatentum .
Der letzte Erbe der alten Linie Angern. Heinrich Hartwig I. von der Schulenburg, Sohn von Henning Christoph , war der letzte bedeutende Vertreter der älteren Linie auf dem Rittergut Angern, ehe dieses durch seinen Bruder Christoph Daniel vollständig in der jüngeren Linie des weißen Stammes zusammengeführt wurde. Nach dem frühen Tod seines Vaters trat Heinrich Hartwig als Erbe des Burghofs hervor und bemühte sich in schwieriger Zeit um die wirtschaftliche Konsolidierung des Besitzes. Seine Rolle als Gutsherr, seine Teilnahme am savoyischen Militärdienst sowie seine familiären Verbindungen dokumentieren exemplarisch die Lebensrealität eines altmärkischen Adligen im Übergang vom Dreißigjährigen Krieg zur barocken Neuordnung der Gutswirtschaft.
Friedrich Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 10. Februar 1769 auf Angern; † 16. Mai 1821 in Magdeburg) ist Sohn des Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg .
Edo Friedrich Christoph Daniel , geb. 27.04.1816 in Angern, gest. 06.08.1904 in Angern, wurde 1821 dritter Fideikommissherr auf Angern. Edo war einziger Sohn des Magdeburger Regierungspräsidenten Friedrich Graf v.d. Schulenburg aus dessen zweiter Ehe mit der Tochter des Braunschweigischen Landdrosten, Auguste Luise Adolphine von Cramm. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm III . eine Patenstelle.
Friedrich Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1843 in Angern; † 1921) war Sohn des Edo Friedrich Christoph Daniel (1816-1904) und der Helene, geb. v. Schöning. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm IV. die Patenstelle.
Sigurd Wilhelm Graf von der Schulenburg (* 1882; † 1956), Sohn des Friedrich Wilhelm Christoph Daniel (1843-1921) war der fünfte und letzte Fideikommissherr auf Angern. Bei seiner Taufe am 5. November 1882 übernahm Kaiser Wilhelm I. eine Patenstelle , wie auch bei seinem Vater, Großvater und Urgroßvater die damals regierenden preußischen Könige Taufpaten gewesen waren.
Kuno Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1923 in Magdeburg, † 1987 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Jurist und Mitglied der XXI. Generation der Familie von der Schulenburg. Kuno Wilhelm wurde als einziger Sohn von Sigurd-Wilhelm Graf von der Schulenburg geboren.
Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg wurde am 4. August 1968 in Frankfurt am Main geboren. Er ist Sohn von Kuno Wilhelm Christoph Daniel (1923-1987) und Jutta, geb. v. Franocis. Er führt die lange Tradition seiner Familie fort, die seit fast 500 Jahren in Angern verwurzelt ist, und engagiert sich aktiv für die Bewirtschaftung der wieder eingerichteten Forstbetriebs sowie die Rekonstruktion und Erhaltung des Schlosses und des Parks.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.