Schulenburg Familie in Angern
Das Geschlecht von der Schulenburg zählt zu den älteren Adelsfamilien Norddeutschlands und ist seit dem 13. Jahrhundert urkundlich belegt

Der Wäsche- und Textilbestand Christoph Daniel von der Schulenburgs im Inventar von 1752: Die Wäsche- und Textilpositionen im Garderobeninventar Christoph Daniel von der Schulenburg stellen quantitativ wie qualitativ den umfangreichsten Teil der überlieferten Ausstattung dar. Über 90 Hemden, Dutzende Halstücher, Strümpfe, Unterwäsche, Schnupftücher, Spitzen und Nachtgewänder belegen den zentralen Stellenwert textiler Grundversorgung in der adligen Lebenswelt des 18. Jahrhunderts. Diese Wäsche war dabei weit mehr als funktionales „Darunter“: Sie strukturierte Zeit, Körper und Status, war Träger moralischer, gesundheitlicher und ökonomischer Normen – und Ausdruck adeliger Haushaltsordnung.

Wäsche als Ordnungsinstrument und Standeszeichen

Im Zentrum der Ausstattung stehen Hemden in mindestens sechs Qualitäten: neue Stücke (teilweise ohne Zeichen), gestickte Varianten mit Manschetten, Modelle mit brabantischer Spitzen-Garnitur, Hemden für den Sommer, für die Nacht oder stark gebrauchte. Die Signaturen „G S“ und „S“ auf den Kleidungsstücken lassen sich als Besitzvermerke Christoph Daniels bzw. seines Haushalts interpretieren. Sie dokumentieren zugleich eine systematische Kategorisierung nach Nutzer, Zustand und Einsatzbereich, die typisch für große Adelsgüter war⁽¹⁾.

Derart differenzierte Hemdenvorräte ermöglichten ein fein abgestuftes Verhalten gegenüber wechselnden Anlässen – sei es der Auftritt bei Hof, der Umgang mit Gästen, der Aufenthalt im Schlafzimmer oder die Repräsentation in halbprivaten Räumen. Diese textile Gliederung war gleichzeitig Ausdruck von Sittsamkeit, Reinlichkeit und Vorratshaltung – drei Kernprinzipien adliger Selbstführung seit dem 17. Jahrhundert⁽²⁾.

Schnupftücher, Halstücher, Spitzen – textile Vielzweckobjekte

Bemerkenswert ist die hohe Anzahl an Schnupftüchern (über 60 Stück) mit Angabe von Herstellern oder Herkunftsorten: u. a. Womirstedt, Reyßing, „rotindianisch“, mit Atlaskante, gestreift, gezeichnet mit Initialen. Diese Tücher waren im 18. Jahrhundert nicht nur Gebrauchsobjekte im hygienischen Sinn, sondern auch Teil der Männerkleidung – als sichtbar gefaltete Accessoires, als Duftträger, als Träger symbolischer Farben (rot, blau, weiß) und als Zeichen feiner Etikette⁽³⁾.

Gleiches gilt für die Halstücher – je nach Kontext bestickt, lang, alltagstauglich oder explizit als „Nacht-” oder „Domestikenstück“ verzeichnet. Der Besitz von Dutzenden dieser Stücke unterstreicht den Anspruch auf Stoffwechsel als Statuspflege, bei der Kleidung nicht nur sauber, sondern sichtbar erneuert und angepasst werden musste.

Unterwäsche, Strümpfe, Handschuhe – textile Innenräume des Körpers

Auch die Einträge zu gestickten und leinenen Unterkamisolen, baumwollenen, zwirnenen und Filoselle-Strümpfen, Spitzenmanschetten, Pleureusen, Estomils und Handschuhen verweisen auf ein hoch differenziertes System körpernaher Textilien. Diese Stücke blieben zwar meist dem Blick entzogen, waren jedoch entscheidend für den Tragekomfort, das Körpergefühl und die Selbstbeobachtung des adeligen Individuums⁽⁴⁾.

Besonders die „Pleureusen“ – leichte Schultertücher oder kleine Umhänge – dienten dem Schutz vor Kälte und Zugluft und konnten gleichzeitig gestalterische und symbolische Funktionen übernehmen. Die Mischung aus feinem Zwirn, Baumwolle, Flanell und gemusterten Stoffen verweist auf textile Mobilität: Die Materialien wurden zumeist importiert oder über spezialisierte Händler bezogen – ein weiteres Indiz für die internationale Vernetzung adeliger Haushaltskultur.

Inventar als Wäschehaushaltsbuch

Das Inventar verzeichnet zudem neue Stoffballen (etwa ein Stück Leinwand à 60 Ellen) mit dem Vermerk, dass daraus Hemden mit Batistmanschetten gefertigt wurden. Dieser Nachtrag, zusammen mit der präzisen Zählung von Tüchern, Mützen, Nachthemden und Bezügen, zeigt, dass die Garderobenliste nicht nur ein statisches Besitzverzeichnis war, sondern auch als lebendiges Wirtschafts- und Kontrollinstrument diente⁽⁵⁾. Die Unterscheidung zwischen „guten“, „schlechten“, „alten“ und „Domestiken“-Stücken belegt eine interne Logik adeliger Textilverwertung: repräsentieren, auftragen, weitergeben, umarbeiten.

Fazit

Der Wäsche- und Textilbestand Christoph Daniel von der Schulenburgs bildet eine komplexe Ordnung des Stofflichen, in der sich Körperpflege, Selbstachtung, Vorrat und soziale Abgrenzung überlagern. In ihrer schieren Fülle, Differenzierung und dokumentierten Bewegung erzählt diese Wäsche von einem Menschenbild, in dem das Äußere wie das Innere reguliert, gepflegt und der Repräsentation des Standes unterworfen sein musste. Die Ordnung der Wäsche war zugleich eine Ordnung des sozialen Raums, des Körpers – und der Zeit.

Literaturhinweise / Endnoten

  1. Seeber, Ursula: Waschzwang und Leibeszucht. Zur Geschichte der Körperpflege, Wien 1993, S. 48–60.
  2. Vigarello, Georges: Le propre et le sale. L’hygiène du corps depuis le Moyen Âge, Paris 1985 (dt. Körper und Hygiene in der Geschichte, Frankfurt a. M. 1988), S. 127–143.
  3. Maeder, Edward (Hg.): An Elegant Art. Fashion & Fantasy in the Eighteenth Century, Los Angeles 1983, S. 79–92.
  4. Vincent, Susan: The Anatomy of Fashion, Oxford 2009, S. 88–102.
  5. Von Greyerz, Kaspar: Selbstzeugnisse und die Erfahrung frühneuzeitlicher Lebenswelten, in: Zeitschrift für historische Forschung 33 (2006), S. 295–319.
Fritz I. von der Schulenburg (1350–1415) war der gemeinsame Stammvater aller drei Hauptlinien des sogenannten weißen Stamms des Hauses von der Schulenburg. Seine Lebenszeit fällt in eine Epoche tiefgreifender politischer und gesellschaftlicher Umbrüche im deutsch-römischen Reich.
Kaufmann, Lehnsträger und Burgherr in Angern. Werner V. von der Schulenburg gehört zu den frühesten namentlich bekannten Mitgliedern der Familie, die sich dauerhaft auf dem Gut Angern niederließen. Seine Bedeutung liegt nicht allein in seiner Funktion als Mitbelehnter mit der dortigen Burg, sondern vor allem in seiner Rolle als Vertreter eines Adels, der im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit zunehmend auch städtisch-wirtschaftliche Handlungsspielräume wahrnahm.
Hans XII. von der Schulenburg († 1625), Sohn des Busso VI. , gehört zu jenen Gliedern des Adelsgeschlechts von der Schulenburg , deren Leben exemplarisch für die Krisen und Konsolidierungsversuche niederadliger Gutsherrschaft im frühneuzeitlichen Brandenburg steht. Seine Biografie markiert eine Übergangsphase zwischen militärischer Karriere und ökonomischer Bedrängnis, zwischen adliger Repräsentation und realer finanzieller Überforderung.
Bernhard von der Schulenburg (1427–1469) wurde im Jahre 1448 mit seinen Brüdern Busso und Matthias durch Lehnbrief Erzbischofs Friedrich von Magdeburg zu rechten männlichen Lehen belehnt.
Ritter, kurbrandenburgischer Rat, Stiftshauptmann des Erzstifts Magdeburg, Begründer des älteren Angerner Zweigs. Busso I. entstammte der weißen Linie der Familie von der Schulenburg und war der älteste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (* um 1350, † 1415). Er wurde am 12. April 1414 noch als unmündig erwähnt, galt aber bereits am 15. April 1415 als mündig und war ab 6. August 1424 urkundlich als Ritter belegt. Sein Geburtsjahr lässt sich daher mit einiger Sicherheit auf um 1396 datieren.
Begründer der jüngeren Linie des weißen Stammes – Landeshauptmann der Altmark. Matthias I von der Schulenburg (geb. spätestens 1405 – † zwischen Februar und November 1477) war der jüngste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (Nr. 56).
Bernhard XI. von der Schulenburg (*1475, † vor dem 15. Mai 1502) war ein altmärkischer Adliger des ausgehenden 15. Jahrhunderts und der bedeutendste Vertreter der jüngeren Linie des sogenannten weißen Stammes der Familie von der Schulenburg. Er war der älteste überlebende Sohn des Landeshauptmanns Matthias I. († um 1477) und der Anna von Alvensleben . Er war Herr auf Altenhausen , Angern und Beetzendorf .
Erbe des Ritterguts Angern, kaiserlicher Offizier und Begründer der Angerner Stammlinie. Alexander Friedrich Christoph von der Schulenburg (*5.8.1720, †1801) war der vierte Sohn Heinrich Hartwig I. Er trat das erstmals unter seinem Onkel Christoph Daniel auf die jüngeren Linie vereinigte Rittergut als Majorat an, das durch das Fideikommiss von 1762 gesichert worden war.
Ein früher Reformator, streitbarer Landadliger und Kriegsteilnehmer im Zeitalter der Konfessionalisierung. Als Sohn von Bernhard XI. von der Schulenburg und Enkel von Matthias I , des langjährigen Landeshauptmanns der Altmark, war er ein direkter Erbe der um 1485 befestigten Stellung in Altenhausen , Angern und Beetzendorf und setzte die jüngere Linie des weißen Stamms fort.
Jakob II. von der Schulenburg: Leben, Kriegslaufbahn und Besitzpolitik eines altmärkischen Söldnerführers. Jakob II. zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des altmärkischen Adels im 16. Jahrhundert.
Daniel I. Reichsfreiherr von der Schulenburg (* 3. Juni 1538 in Altenhausen ; † 6. November 1594 in Angern ) (Nr. 312 in der Stammtafel) lebte in einer Zeit bedeutender politischer und wirtschaftlicher Umbrüche in der Altmark und im Erzstift Magdeburg . Am 29.09.1577 heiratete Daniel I. Ehrengard von Alten aus dem Hause Wilkenburg (* um 1556, † nach 1611). Aus dieser Verbindung gingen fünf Kinder hervor.
Henning III. von der Schulenburg (*1587, †01.09.1637) war der jüngste Sohn des Daniel I. von der Schulenburg und übernahm nach seinem Tod den Burghof in Angern. Er steht exemplarisch für die komplexe Rolle des niederen Adels im frühneuzeitlichen Brandenburg – zwischen dynastischer Kontinuität, territorialer Zersplitterung und finanzieller Prekarität.
Henning Christoph von der Schulenburg (* 1648 oder 1649 auf Angern , † 27.12.1683 in Staßfurt ) war ein kurbrandenburgischer Hauptmann. Als der älteste Sohn von Heinrich XI. von der Schulenburg (geb. 1621, gest. 1691) und Ilse Floria von der Knesebeck (geb. 1629, gest. 1712) erbte er nach dessen Tod die Güter Angern und Falkenberg .
Heinrich XI von der Schulenburg (* 06.09.1621 auf Angern , + 19.05.1691 in Kehnert ) war Sohn von Henning III. von der Schulenburg und übernahm nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) ein schwer verwüstetes und verschuldetes Erbe auf den Gütern Angern, Kehnert und Schricke. Die Verwüstungen dieses langen Konflikts hatten nicht nur das Land, sondern auch die wirtschaftliche und soziale Struktur Brandenburg‑Preußens nachhaltig erschüttert. In den Jahren nach 1648 begann ein langwieriger Wiederaufbauprozess, der von der Notwendigkeit geprägt war, feudale Strukturen aufzubrechen und zentralisierte, absolutistisch geprägte Verwaltungsinstitutionen zu etablieren – Entwicklungen, die auch den Grundstein für den späteren Aufstieg des preußischen Staates legten.
Christoph Daniel von der Schulenburg (*1679 in Angern, †1763 ebenda) wurde geboren inmitten einer Epoche dynastischer Spannungen im Heiligen Römischen Reich. Er zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des brandenburgisch-preußischen Adels im 18. Jahrhundert. Sein Lebensweg vereint in exemplarischer Weise militärische Laufbahn , diplomatische Missionen und kulturelles Mäzenatentum .
Der letzte Erbe der alten Linie Angern. Heinrich Hartwig I. von der Schulenburg, Sohn von Henning Christoph , war der letzte bedeutende Vertreter der älteren Linie auf dem Rittergut Angern, ehe dieses durch seinen Bruder Christoph Daniel vollständig in der jüngeren Linie des weißen Stammes zusammengeführt wurde. Nach dem frühen Tod seines Vaters trat Heinrich Hartwig als Erbe des Burghofs hervor und bemühte sich in schwieriger Zeit um die wirtschaftliche Konsolidierung des Besitzes. Seine Rolle als Gutsherr, seine Teilnahme am savoyischen Militärdienst sowie seine familiären Verbindungen dokumentieren exemplarisch die Lebensrealität eines altmärkischen Adligen im Übergang vom Dreißigjährigen Krieg zur barocken Neuordnung der Gutswirtschaft.
Friedrich Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 10. Februar 1769 auf Angern; † 16. Mai 1821 in Magdeburg) ist Sohn des Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg .
Edo Friedrich Christoph Daniel , geb. 27.04.1816 in Angern, gest. 06.08.1904 in Angern, wurde 1821 dritter Fideikommissherr auf Angern. Edo war einziger Sohn des Magdeburger Regierungspräsidenten Friedrich Graf v.d. Schulenburg aus dessen zweiter Ehe mit der Tochter des Braunschweigischen Landdrosten, Auguste Luise Adolphine von Cramm. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm III . eine Patenstelle.
Friedrich Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1843 in Angern; † 1921) war Sohn des Edo Friedrich Christoph Daniel (1816-1904) und der Helene, geb. v. Schöning. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm IV. die Patenstelle.
Sigurd Wilhelm Graf von der Schulenburg (* 1882; † 1956), Sohn des Friedrich Wilhelm Christoph Daniel (1843-1921) war der fünfte und letzte Fideikommissherr auf Angern. Bei seiner Taufe am 5. November 1882 übernahm Kaiser Wilhelm I. eine Patenstelle , wie auch bei seinem Vater, Großvater und Urgroßvater die damals regierenden preußischen Könige Taufpaten gewesen waren.
Kuno Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1923 in Magdeburg, † 1987 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Jurist und Mitglied der XXI. Generation der Familie von der Schulenburg. Kuno Wilhelm wurde als einziger Sohn von Sigurd-Wilhelm Graf von der Schulenburg geboren.
Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg wurde am 4. August 1968 in Frankfurt am Main geboren. Er ist Sohn von Kuno Wilhelm Christoph Daniel (1923-1987) und Jutta, geb. v. Franocis. Er führt die lange Tradition seiner Familie fort, die seit fast 500 Jahren in Angern verwurzelt ist, und engagiert sich aktiv für die Bewirtschaftung der wieder eingerichteten Forstbetriebs sowie die Rekonstruktion und Erhaltung des Schlosses und des Parks.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.