Schulenburg Familie in Angern
Das Geschlecht von der Schulenburg zählt zu den älteren Adelsfamilien Norddeutschlands und ist seit dem 13. Jahrhundert urkundlich belegt

Die Jagdtasche – Mobilität und Ordnung im Revier

Die schlichte Nennung einer „Jagdtasche“ lässt zunächst wenig vermuten. Doch im Kontext barocker Repräsentation war die Jagdtasche mehr als ein Utensil zur Mitnahme von Pulver, Kugeln oder Werkzeugen: Sie war ein emblematisches Element der Jagdkleidung, ausgestattet mit gestickten Wappen, geprägtem Leder, teilweise mit Silberbeschlägen.

In der Adelskultur des 18. Jahrhunderts galt die Jagd als legitimatorischer Ausdruck von Herrschaft über Raum und Kreatur. Der Besitz einer solchen Tasche bedeutete die Rechtsgewalt über das Jagdregal, welches spätestens seit dem Westfälischen Frieden auch in kleinerem Maßstab auf Adelige übergegangen war (vgl. Lutz Schilling: Adlige Jagd im Alten Reich, Göttingen 1994). Die Jagdtasche war damit nicht nur praktisches Gerät, sondern ein portables Zeichen territorialer Ordnung – ein “Herrschaftsbeutel”, gleichsam ein Amtsinsigne des grundbesitzenden Adels.

Die Peitsche – Symbolik zwischen Kontrolle und Prestige

Die im Inventar erwähnte Peitsche erscheint auf den ersten Blick als profanes Jagdwerkzeug. In der höfischen Ikonographie jedoch hatte sie eine doppelbödige Bedeutung: Als Instrument zur Steuerung des Pferdes stand sie für Selbstbeherrschung und technische Kontrolle, zugleich aber auch für das Recht zur Lenkung – nicht nur des Tiers, sondern auch der sozialen Ordnung. In der barocken Reitkunst (Haute École) war die Peitsche – neben Sporen und Zügel – ein feines Steuerinstrument, das den educierten Körper des Reiters offenbarte. In Jagddarstellungen und Porträts erscheint sie oft in der Linken adliger Herren – diagonal getragen, leicht geschwungen – als Ausdruck von virtuoser Distanz zur Gewalt.

Vergleiche hierzu etwa Darstellungen von Friedrich dem Großen zu Pferde oder Gemälde des Adels im sächsischen Umfeld Augusts des Starken (vgl. Thomas W. Gaehtgens: Kunst als sozialer Impuls im höfischen Zeitalter, München 1986).

Der grünsamtener Sattel mit Silbergarnitur – höfischer Prunk auf vier Hufen

In ihrer Ausstattung und Farbwahl verweist die Angabe eines „grünsamtener[n] Sattels mit Silber garniert, wie auch grün Zeig und samtene Schabracke mit Silber“ auf ein hochrangiges Prunkreitezeug. Grüner Samt war im 18. Jahrhundert eine häufige Farbe für Jagdkleidung, aber auch für Sattelzeug – als Verbindung von naturnaher Ästhetik und luxuriösem Stoff.

Die Verwendung von Silber – sei es in der Borte, den Nägeln oder Schnallen – spricht für ein Repräsentationsgeschirr, das in zeremoniellen Anlässen (Parforcejagden, Einritten, Hochzeiten) geführt wurde. Derartige Sättel finden sich in höfischen Marställen (vgl. z. B. das Sattelzeug Friedrichs des Großen im Deutschen Historischen Museum, Berlin).

Die Kombination von grünem Samt, silberner Garnitur und samtenen Schabracken verweist auf eine hochgradige Abstimmung mit der restlichen Reitkleidung, womöglich auch mit dem Leibriemen und dem Jagdtaschenbesatz. Es geht hier um das Ensemble – den „ästhetischen Panzer“ des adligen Körpers (vgl. Elias, Über den Prozeß der Zivilisation, 1939/1976).

Der schwarzsamtene Reisehut – Mobilität als Standesmerkmal

Der „schwarzsamtene Reisehut“ steht in der barocken Objektwelt für die Synthese von Eleganz und Funktionalität. Samt war ein empfindlicher, aber äußerst prestigeträchtiger Stoff – seine Verwendung für Reisebekleidung betont das Spannungsverhältnis von Nützlichkeit und Noblesse. In einer Zeit, in der der Adel weite Strecken zu Pferde oder in Kutschen zurücklegte, war der Reisehut nicht nur vor Sonne und Wind schützend, sondern auch Teil eines rituell aufgeladenen Erscheinungsbilds – insbesondere beim Besuch anderer Höfe, auf dem Weg zum Dienst oder auf Grand Tour. Solche Hüte wurden oft mit einer feinen Silberstickerei, Federschmuck oder Nadeln verziert und konnten aufwendig gefaltet werden (vgl. C. Wille: Mode und Macht – Hofkleidung im 18. Jahrhundert, Berlin 2007).

Als Teil der „Reisegarnitur“ nahm der Hut dieselbe Funktion ein wie eine Kavallerieoffiziersparadeuniform – eine tragbare Visitenkarte, ein Ausdruck von mobilisierter Sozialität.

Fazit: Die Mobilität des Stils – Accessoires als soziale Marker

Die in Schulenburgs Sammlung befindlichen Accessoires erzählen von einer hochritualisierten adligen Lebensweise, in der Jagd, Bewegung und Repräsentation ineinander griffen. Ob zu Pferd im Forst, in der Kutsche auf diplomatischer Mission oder zu Fuß im Garten – die Gegenstände waren nicht nur funktionale Objekte, sondern Träger sozialer Codes.

Die Peitsche war kein bloßes Reitutensil, sondern ein Attribut der Kontrolle. Die Jagdtasche war nicht nur Stauraum, sondern Zeichen des Rechts. Der Reisehut war nicht Schutz, sondern Insignie der Weltläufigkeit. Zusammen ergeben diese Objekte ein Habitusmodell des mobilen Adels, das den Körper, das Tier, das Revier und die Repräsentation zu einem symbolischen Raum verknüpfte.

Quelle

Die vorliegende Darstellung stützt sich auf eine Transkription durch die Angerner Dorfchronistin Brigitte Kofahl, deren Arbeiten eine wichtige Grundlage für die Erschließung des Gutsarchivs bilden.

  • Elias, Norbert: Über den Prozeß der Zivilisation, Frankfurt a. M. 1976.
  • Gaehtgens, Thomas W.: Höfische Kunst als sozialer Impuls, München 1986.
  • Schilling, Lutz: Adlige Jagd im Alten Reich, Göttingen 1994.
  • Wille, Claudia: Mode und Macht – Hofkleidung im 18. Jahrhundert, Berlin 2007.
  • Funcken, Liliane & Fred: Le costume et les armes des soldats de tous les temps, Paris 1975.
  • Gutsarchiv Angern, Rep. H Angern Nr. 76: Inventarverzeichnis Schloss Angern, Januar 1752 .
Fritz I. von der Schulenburg (1350–1415) war der gemeinsame Stammvater aller drei Hauptlinien des sogenannten weißen Stamms des Hauses von der Schulenburg. Seine Lebenszeit fällt in eine Epoche tiefgreifender politischer und gesellschaftlicher Umbrüche im deutsch-römischen Reich.
Kaufmann, Lehnsträger und Burgherr in Angern. Werner V. von der Schulenburg gehört zu den frühesten namentlich bekannten Mitgliedern der Familie, die sich dauerhaft auf dem Gut Angern niederließen. Seine Bedeutung liegt nicht allein in seiner Funktion als Mitbelehnter mit der dortigen Burg, sondern vor allem in seiner Rolle als Vertreter eines Adels, der im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit zunehmend auch städtisch-wirtschaftliche Handlungsspielräume wahrnahm.
Hans XII. von der Schulenburg († 1625), Sohn des Busso VI. , gehört zu jenen Gliedern des Adelsgeschlechts von der Schulenburg , deren Leben exemplarisch für die Krisen und Konsolidierungsversuche niederadliger Gutsherrschaft im frühneuzeitlichen Brandenburg steht. Seine Biografie markiert eine Übergangsphase zwischen militärischer Karriere und ökonomischer Bedrängnis, zwischen adliger Repräsentation und realer finanzieller Überforderung.
Bernhard von der Schulenburg (1427–1469) wurde im Jahre 1448 mit seinen Brüdern Busso und Matthias durch Lehnbrief Erzbischofs Friedrich von Magdeburg zu rechten männlichen Lehen belehnt.
Ritter, kurbrandenburgischer Rat, Stiftshauptmann des Erzstifts Magdeburg, Begründer des älteren Angerner Zweigs. Busso I. entstammte der weißen Linie der Familie von der Schulenburg und war der älteste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (* um 1350, † 1415). Er wurde am 12. April 1414 noch als unmündig erwähnt, galt aber bereits am 15. April 1415 als mündig und war ab 6. August 1424 urkundlich als Ritter belegt. Sein Geburtsjahr lässt sich daher mit einiger Sicherheit auf um 1396 datieren.
Begründer der jüngeren Linie des weißen Stammes – Landeshauptmann der Altmark. Matthias I von der Schulenburg (geb. spätestens 1405 – † zwischen Februar und November 1477) war der jüngste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (Nr. 56).
Bernhard XI. von der Schulenburg (*1475, † vor dem 15. Mai 1502) war ein altmärkischer Adliger des ausgehenden 15. Jahrhunderts und der bedeutendste Vertreter der jüngeren Linie des sogenannten weißen Stammes der Familie von der Schulenburg. Er war der älteste überlebende Sohn des Landeshauptmanns Matthias I. († um 1477) und der Anna von Alvensleben . Er war Herr auf Altenhausen , Angern und Beetzendorf .
Erbe des Ritterguts Angern, kaiserlicher Offizier und Begründer der Angerner Stammlinie. Alexander Friedrich Christoph von der Schulenburg (*5.8.1720, †1801) war der vierte Sohn Heinrich Hartwig I. Er trat das erstmals unter seinem Onkel Christoph Daniel auf die jüngeren Linie vereinigte Rittergut als Majorat an, das durch das Fideikommiss von 1762 gesichert worden war.
Ein früher Reformator, streitbarer Landadliger und Kriegsteilnehmer im Zeitalter der Konfessionalisierung. Als Sohn von Bernhard XI. von der Schulenburg und Enkel von Matthias I , des langjährigen Landeshauptmanns der Altmark, war er ein direkter Erbe der um 1485 befestigten Stellung in Altenhausen , Angern und Beetzendorf und setzte die jüngere Linie des weißen Stamms fort.
Jakob II. von der Schulenburg: Leben, Kriegslaufbahn und Besitzpolitik eines altmärkischen Söldnerführers. Jakob II. zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des altmärkischen Adels im 16. Jahrhundert.
Daniel I. Reichsfreiherr von der Schulenburg (* 3. Juni 1538 in Altenhausen ; † 6. November 1594 in Angern ) (Nr. 312 in der Stammtafel) lebte in einer Zeit bedeutender politischer und wirtschaftlicher Umbrüche in der Altmark und im Erzstift Magdeburg . Am 29.09.1577 heiratete Daniel I. Ehrengard von Alten aus dem Hause Wilkenburg (* um 1556, † nach 1611). Aus dieser Verbindung gingen fünf Kinder hervor.
Henning III. von der Schulenburg (*1587, †01.09.1637) war der jüngste Sohn des Daniel I. von der Schulenburg und übernahm nach seinem Tod den Burghof in Angern. Er steht exemplarisch für die komplexe Rolle des niederen Adels im frühneuzeitlichen Brandenburg – zwischen dynastischer Kontinuität, territorialer Zersplitterung und finanzieller Prekarität.
Henning Christoph von der Schulenburg (* 1648 oder 1649 auf Angern , † 27.12.1683 in Staßfurt ) war ein kurbrandenburgischer Hauptmann. Als der älteste Sohn von Heinrich XI. von der Schulenburg (geb. 1621, gest. 1691) und Ilse Floria von der Knesebeck (geb. 1629, gest. 1712) erbte er nach dessen Tod die Güter Angern und Falkenberg .
Heinrich XI von der Schulenburg (* 06.09.1621 auf Angern , + 19.05.1691 in Kehnert ) war Sohn von Henning III. von der Schulenburg und übernahm nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) ein schwer verwüstetes und verschuldetes Erbe auf den Gütern Angern, Kehnert und Schricke. Die Verwüstungen dieses langen Konflikts hatten nicht nur das Land, sondern auch die wirtschaftliche und soziale Struktur Brandenburg‑Preußens nachhaltig erschüttert. In den Jahren nach 1648 begann ein langwieriger Wiederaufbauprozess, der von der Notwendigkeit geprägt war, feudale Strukturen aufzubrechen und zentralisierte, absolutistisch geprägte Verwaltungsinstitutionen zu etablieren – Entwicklungen, die auch den Grundstein für den späteren Aufstieg des preußischen Staates legten.
Christoph Daniel von der Schulenburg (*1679 in Angern, †1763 ebenda) wurde geboren inmitten einer Epoche dynastischer Spannungen im Heiligen Römischen Reich. Er zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des brandenburgisch-preußischen Adels im 18. Jahrhundert. Sein Lebensweg vereint in exemplarischer Weise militärische Laufbahn , diplomatische Missionen und kulturelles Mäzenatentum .
Der letzte Erbe der alten Linie Angern. Heinrich Hartwig I. von der Schulenburg, Sohn von Henning Christoph , war der letzte bedeutende Vertreter der älteren Linie auf dem Rittergut Angern, ehe dieses durch seinen Bruder Christoph Daniel vollständig in der jüngeren Linie des weißen Stammes zusammengeführt wurde. Nach dem frühen Tod seines Vaters trat Heinrich Hartwig als Erbe des Burghofs hervor und bemühte sich in schwieriger Zeit um die wirtschaftliche Konsolidierung des Besitzes. Seine Rolle als Gutsherr, seine Teilnahme am savoyischen Militärdienst sowie seine familiären Verbindungen dokumentieren exemplarisch die Lebensrealität eines altmärkischen Adligen im Übergang vom Dreißigjährigen Krieg zur barocken Neuordnung der Gutswirtschaft.
Friedrich Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 10. Februar 1769 auf Angern; † 16. Mai 1821 in Magdeburg) ist Sohn des Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg .
Edo Friedrich Christoph Daniel , geb. 27.04.1816 in Angern, gest. 06.08.1904 in Angern, wurde 1821 dritter Fideikommissherr auf Angern. Edo war einziger Sohn des Magdeburger Regierungspräsidenten Friedrich Graf v.d. Schulenburg aus dessen zweiter Ehe mit der Tochter des Braunschweigischen Landdrosten, Auguste Luise Adolphine von Cramm. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm III . eine Patenstelle.
Friedrich Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1843 in Angern; † 1921) war Sohn des Edo Friedrich Christoph Daniel (1816-1904) und der Helene, geb. v. Schöning. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm IV. die Patenstelle.
Sigurd Wilhelm Graf von der Schulenburg (* 1882; † 1956), Sohn des Friedrich Wilhelm Christoph Daniel (1843-1921) war der fünfte und letzte Fideikommissherr auf Angern. Bei seiner Taufe am 5. November 1882 übernahm Kaiser Wilhelm I. eine Patenstelle , wie auch bei seinem Vater, Großvater und Urgroßvater die damals regierenden preußischen Könige Taufpaten gewesen waren.
Kuno Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1923 in Magdeburg, † 1987 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Jurist und Mitglied der XXI. Generation der Familie von der Schulenburg. Kuno Wilhelm wurde als einziger Sohn von Sigurd-Wilhelm Graf von der Schulenburg geboren.
Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg wurde am 4. August 1968 in Frankfurt am Main geboren. Er ist Sohn von Kuno Wilhelm Christoph Daniel (1923-1987) und Jutta, geb. v. Franocis. Er führt die lange Tradition seiner Familie fort, die seit fast 500 Jahren in Angern verwurzelt ist, und engagiert sich aktiv für die Bewirtschaftung der wieder eingerichteten Forstbetriebs sowie die Rekonstruktion und Erhaltung des Schlosses und des Parks.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.