Schulenburg Familie in Angern
Das Geschlecht von der Schulenburg zählt zu den älteren Adelsfamilien Norddeutschlands und ist seit dem 13. Jahrhundert urkundlich belegt

Die Blankwaffen und exotischen Stücke Christoph Daniels als Zeichen von Macht, Bildung und Weltbezug

Türkischer Säbel

Analyse: Der sogenannte türkische Säbel verweist auf eine Waffe des osmanischen Kulturraums, vermutlich ein Kilij oder ein Yatagan. Diese Klingen zeichnen sich durch ihre geschwungene Form und oft reich verzierte Griffe aus – vielfach aus Horn, Elfenbein oder mit Edelmetallen eingelegt.

Kontext: Im 18. Jahrhundert galt der Besitz eines türkischen Säbels als Ausdruck eines interkulturellen Trophäenkults. Derartige Waffen fanden ihren Weg auf Schlachtfeldern, durch Geschenke osmanischer Gesandter oder als diplomatische Gegengaben in die Sammlungen europäischer Höfe (vgl. Gisela Prochazka-Eisl: Der Orient in der habsburgischen Waffenkammer, Wien 2006). Bei Christoph Daniel dürfte der Säbel entweder auf seine savoyisch-sardischen Militärkontakte zurückgehen – etwa durch osmanische Allianzen oder Beutestücke – oder er war Teil eines diplomatischen Transfers. Seine Position im Kabinett verweist auf eine Symbolik zwischen Fremdheit und Faszination, Feldherr und Sammler.

Türkisches Messer

Analyse: Weniger martialisch als der Säbel, aber ebenso bedeutungsvoll ist das „türkische Messer“. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Kindjal, ein Dolchtyp mit breiter Klinge, oder um ein verzierbares Gürtelmesser, das als höfisches Souvenir diente.

Kontext: Solche Stücke wurden oft mit Edelsteinbesatz, Silberbeschlägen oder Gravuren versehen. Sie gehörten zu den beliebtesten Mitbringseln von Offizieren, die auf dem Balkan, in Ungarn oder Italien stationiert waren – Regionen, in denen osmanische Kunsthandwerkstechniken nachwirkten. Das Messer symbolisiert Orientrezeption im Taschenformat – ein intimes, kontrolliertes Bild des Anderen, eingebettet in die europäische Sammlungskultur. Vergleiche hierzu findet man u. a. in der Sammlung Prinz Eugen von Savoyens (Belvedere Wien).

Hirschfänger von Principee, ein Rehfuß darstellend

Analyse: Ein Hirschfänger mit Griff in Form eines Rehfußes war im 18. Jahrhundert ein beliebtes Jagdaccessoire und galt zugleich als symbolisches Kunstobjekt. Die Herstellung solcher Griffe erfolgte meist aus Bein oder geschnitztem Holz. „Von Principee“ könnte auf eine Provenienz aus Piemont oder dem Hause Savoyen hinweisen, wo derartige Kombinationen aus Naturform und künstlerischer Gestaltung geschätzt wurden.

Kontext: Dieser Hirschfänger steht exemplarisch für eine aristokratische Sammelpraxis, in der Natur und Kunst als Einheit gedacht wurden. Der Rehfuß symbolisiert das erlegte Tier, das zugleich zur zierlichen Ornamentik wird – eine typische Erscheinung im Zeitalter der barocken Jagdikonografie (vgl. Schilling, Adlige Jagd, 1994).

Hirschfänger mit Schildkrötengefäß, vergoldet

Analyse: Ein Schildkrötengefäß (vermutlich aus Schildpatt) war im 18. Jahrhundert ein Ausdruck höchster Luxusverarbeitung. Schildpatt wurde bevorzugt für Griffschalen, Scheiden oder Futterale verwendet. Die zusätzliche Vergoldung deutet auf ein Prunkstück hin – keine Waffe des Gebrauchs, sondern der Zier.

Kontext: Solche Objekte sind nicht selten Bestandteil höfischer Kunstkammern – eine Kreuzung aus Waffe, Naturkunde und Luxushandwerk. Sie knüpfen an die Idee des Kunstkammerhaften, in dem die Tierwelt ästhetisch verarbeitet wird (vgl. Sybille Ebert-Schifferer: Kunstkammern der Renaissance, München 2002). In Christoph Daniels Sammlung nimmt dieser Hirschfänger eine meta-jagdliche Rolle ein – er verweist nicht auf die Jagd selbst, sondern auf ihre museale Sublimierung.

Degen von Prineesbeck

Analyse: Hier ist vermutlich ein Degen gemeint, der dem bekannten kaiserlichen Waffenschmied oder Händler „von Prineesbeck“ (ggf. ein Lesefehler für Prinzenbeck oder Prinzepack) zugeschrieben wurde – ein Name, der in höfischen Inventaren häufiger auftaucht. Der Degen war im 18. Jahrhundert die Standardwaffe des Offiziers – zugleich Waffe, Standessymbol und Kleidungsbestandteil.

Kontext: Ein Degen mit Namensangabe verweist auf seine Wertigkeit – vergleichbar einem signierten Gemälde. Besonders im Offiziersadel galten signierte Degen als Ausdruck ritterlicher Gesinnung und technischer Exzellenz. Sie wurden oft von preußischen und österreichischen Offizieren getragen und in Porträts mitgeführt (vgl. auch die Degen Friedrichs des Großen in Charlottenburg).

Sardinisches Pulverhorn

Analyse: Ein Pulverhorn aus Sardinien – mutmaßlich aus Horn, mit Metallbeschlägen – verweist direkt auf Christoph Daniels militärischen Dienst im Königreich Sardinien.

Kontext: Pulverhörner waren alltägliche Begleiter von Infanteristen und Jägern. Doch ein landesspezifisches, eventuell verziertes Pulverhorn ist kein banales Utensil, sondern Erinnerungsobjekt, vielleicht sogar Ehrengeschenk – vergleichbar mit gravierten Pulverflaschen aus französischer oder italienischer Produktion. Es steht für eine Materialisierung von Loyalität und Dienst.

Fazit: Die Sprache der Klinge – exotische Waffen als kulturelles Kapital

In Christoph Daniels Sammlung sind diese Stücke nicht zufällig versammelt – sie stehen exemplarisch für ein Adelsbild, das Kriegsdienst, Jagdprivileg, Kosmopolitismus und Sammelleidenschaft synthetisiert. Die Klingen stammen aus verschiedenen Räumen: dem Osmanischen Reich, Italien, dem deutschen Kulturraum. Doch alle haben sie ihren Platz im Kabinett eines Mannes gefunden, der sich als militärischer Kosmopolit, landesherrlicher Gutsbesitzer und aufgeklärter Sammler verstand. Sie erinnern an das barocke Ideal des virtuosen Kriegers, der nicht nur mit der Waffe umzugehen wusste, sondern mit der Bedeutung derselben.

Quelle

Die vorliegende Darstellung stützt sich auf eine Transkription durch die Angerner Dorfchronistin Brigitte Kofahl, deren Arbeiten eine wichtige Grundlage für die Erschließung des Gutsarchivs bilden.

  • Schilling, Lutz: Adlige Jagd im Alten Reich, Göttingen 1994.
  • Prochazka-Eisl, Gisela: Der Orient in der habsburgischen Waffenkammer, Wien 2006.
  • Ebert-Schifferer, Sybille: Kunstkammern der Renaissance, München 2002.
  • Wille, Claudia: Mode und Macht – Hofkleidung im 18. Jahrhundert, Berlin 2007.
  • Funcken, Liliane & Fred: L’armement au XVIIIe siècle, Paris 1975.
  • Gutsarchiv Angern, Rep. H Angern Nr. 76: Inventarverzeichnis Schloss Angern, Januar 1752 .
Fritz I. von der Schulenburg (1350–1415) war der gemeinsame Stammvater aller drei Hauptlinien des sogenannten weißen Stamms des Hauses von der Schulenburg. Seine Lebenszeit fällt in eine Epoche tiefgreifender politischer und gesellschaftlicher Umbrüche im deutsch-römischen Reich.
Kaufmann, Lehnsträger und Burgherr in Angern. Werner V. von der Schulenburg gehört zu den frühesten namentlich bekannten Mitgliedern der Familie, die sich dauerhaft auf dem Gut Angern niederließen. Seine Bedeutung liegt nicht allein in seiner Funktion als Mitbelehnter mit der dortigen Burg, sondern vor allem in seiner Rolle als Vertreter eines Adels, der im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit zunehmend auch städtisch-wirtschaftliche Handlungsspielräume wahrnahm.
Hans XII. von der Schulenburg († 1625), Sohn des Busso VI. , gehört zu jenen Gliedern des Adelsgeschlechts von der Schulenburg , deren Leben exemplarisch für die Krisen und Konsolidierungsversuche niederadliger Gutsherrschaft im frühneuzeitlichen Brandenburg steht. Seine Biografie markiert eine Übergangsphase zwischen militärischer Karriere und ökonomischer Bedrängnis, zwischen adliger Repräsentation und realer finanzieller Überforderung.
Bernhard von der Schulenburg (1427–1469) wurde im Jahre 1448 mit seinen Brüdern Busso und Matthias durch Lehnbrief Erzbischofs Friedrich von Magdeburg zu rechten männlichen Lehen belehnt.
Ritter, kurbrandenburgischer Rat, Stiftshauptmann des Erzstifts Magdeburg, Begründer des älteren Angerner Zweigs. Busso I. entstammte der weißen Linie der Familie von der Schulenburg und war der älteste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (* um 1350, † 1415). Er wurde am 12. April 1414 noch als unmündig erwähnt, galt aber bereits am 15. April 1415 als mündig und war ab 6. August 1424 urkundlich als Ritter belegt. Sein Geburtsjahr lässt sich daher mit einiger Sicherheit auf um 1396 datieren.
Begründer der jüngeren Linie des weißen Stammes – Landeshauptmann der Altmark. Matthias I von der Schulenburg (geb. spätestens 1405 – † zwischen Februar und November 1477) war der jüngste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (Nr. 56).
Bernhard XI. von der Schulenburg (*1475, † vor dem 15. Mai 1502) war ein altmärkischer Adliger des ausgehenden 15. Jahrhunderts und der bedeutendste Vertreter der jüngeren Linie des sogenannten weißen Stammes der Familie von der Schulenburg. Er war der älteste überlebende Sohn des Landeshauptmanns Matthias I. († um 1477) und der Anna von Alvensleben . Er war Herr auf Altenhausen , Angern und Beetzendorf .
Erbe des Ritterguts Angern, kaiserlicher Offizier und Begründer der Angerner Stammlinie. Alexander Friedrich Christoph von der Schulenburg (*5.8.1720, †1801) war der vierte Sohn Heinrich Hartwig I. Er trat das erstmals unter seinem Onkel Christoph Daniel auf die jüngeren Linie vereinigte Rittergut als Majorat an, das durch das Fideikommiss von 1762 gesichert worden war.
Ein früher Reformator, streitbarer Landadliger und Kriegsteilnehmer im Zeitalter der Konfessionalisierung. Als Sohn von Bernhard XI. von der Schulenburg und Enkel von Matthias I , des langjährigen Landeshauptmanns der Altmark, war er ein direkter Erbe der um 1485 befestigten Stellung in Altenhausen , Angern und Beetzendorf und setzte die jüngere Linie des weißen Stamms fort.
Jakob II. von der Schulenburg: Leben, Kriegslaufbahn und Besitzpolitik eines altmärkischen Söldnerführers. Jakob II. zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des altmärkischen Adels im 16. Jahrhundert.
Daniel I. Reichsfreiherr von der Schulenburg (* 3. Juni 1538 in Altenhausen ; † 6. November 1594 in Angern ) (Nr. 312 in der Stammtafel) lebte in einer Zeit bedeutender politischer und wirtschaftlicher Umbrüche in der Altmark und im Erzstift Magdeburg . Am 29.09.1577 heiratete Daniel I. Ehrengard von Alten aus dem Hause Wilkenburg (* um 1556, † nach 1611). Aus dieser Verbindung gingen fünf Kinder hervor.
Henning III. von der Schulenburg (*1587, †01.09.1637) war der jüngste Sohn des Daniel I. von der Schulenburg und übernahm nach seinem Tod den Burghof in Angern. Er steht exemplarisch für die komplexe Rolle des niederen Adels im frühneuzeitlichen Brandenburg – zwischen dynastischer Kontinuität, territorialer Zersplitterung und finanzieller Prekarität.
Henning Christoph von der Schulenburg (* 1648 oder 1649 auf Angern , † 27.12.1683 in Staßfurt ) war ein kurbrandenburgischer Hauptmann. Als der älteste Sohn von Heinrich XI. von der Schulenburg (geb. 1621, gest. 1691) und Ilse Floria von der Knesebeck (geb. 1629, gest. 1712) erbte er nach dessen Tod die Güter Angern und Falkenberg .
Heinrich XI von der Schulenburg (* 06.09.1621 auf Angern , + 19.05.1691 in Kehnert ) war Sohn von Henning III. von der Schulenburg und übernahm nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) ein schwer verwüstetes und verschuldetes Erbe auf den Gütern Angern, Kehnert und Schricke. Die Verwüstungen dieses langen Konflikts hatten nicht nur das Land, sondern auch die wirtschaftliche und soziale Struktur Brandenburg‑Preußens nachhaltig erschüttert. In den Jahren nach 1648 begann ein langwieriger Wiederaufbauprozess, der von der Notwendigkeit geprägt war, feudale Strukturen aufzubrechen und zentralisierte, absolutistisch geprägte Verwaltungsinstitutionen zu etablieren – Entwicklungen, die auch den Grundstein für den späteren Aufstieg des preußischen Staates legten.
Christoph Daniel von der Schulenburg (*1679 in Angern, †1763 ebenda) wurde geboren inmitten einer Epoche dynastischer Spannungen im Heiligen Römischen Reich. Er zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des brandenburgisch-preußischen Adels im 18. Jahrhundert. Sein Lebensweg vereint in exemplarischer Weise militärische Laufbahn , diplomatische Missionen und kulturelles Mäzenatentum .
Der letzte Erbe der alten Linie Angern. Heinrich Hartwig I. von der Schulenburg, Sohn von Henning Christoph , war der letzte bedeutende Vertreter der älteren Linie auf dem Rittergut Angern, ehe dieses durch seinen Bruder Christoph Daniel vollständig in der jüngeren Linie des weißen Stammes zusammengeführt wurde. Nach dem frühen Tod seines Vaters trat Heinrich Hartwig als Erbe des Burghofs hervor und bemühte sich in schwieriger Zeit um die wirtschaftliche Konsolidierung des Besitzes. Seine Rolle als Gutsherr, seine Teilnahme am savoyischen Militärdienst sowie seine familiären Verbindungen dokumentieren exemplarisch die Lebensrealität eines altmärkischen Adligen im Übergang vom Dreißigjährigen Krieg zur barocken Neuordnung der Gutswirtschaft.
Friedrich Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 10. Februar 1769 auf Angern; † 16. Mai 1821 in Magdeburg) ist Sohn des Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg .
Edo Friedrich Christoph Daniel , geb. 27.04.1816 in Angern, gest. 06.08.1904 in Angern, wurde 1821 dritter Fideikommissherr auf Angern. Edo war einziger Sohn des Magdeburger Regierungspräsidenten Friedrich Graf v.d. Schulenburg aus dessen zweiter Ehe mit der Tochter des Braunschweigischen Landdrosten, Auguste Luise Adolphine von Cramm. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm III . eine Patenstelle.
Friedrich Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1843 in Angern; † 1921) war Sohn des Edo Friedrich Christoph Daniel (1816-1904) und der Helene, geb. v. Schöning. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm IV. die Patenstelle.
Sigurd Wilhelm Graf von der Schulenburg (* 1882; † 1956), Sohn des Friedrich Wilhelm Christoph Daniel (1843-1921) war der fünfte und letzte Fideikommissherr auf Angern. Bei seiner Taufe am 5. November 1882 übernahm Kaiser Wilhelm I. eine Patenstelle , wie auch bei seinem Vater, Großvater und Urgroßvater die damals regierenden preußischen Könige Taufpaten gewesen waren.
Kuno Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1923 in Magdeburg, † 1987 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Jurist und Mitglied der XXI. Generation der Familie von der Schulenburg. Kuno Wilhelm wurde als einziger Sohn von Sigurd-Wilhelm Graf von der Schulenburg geboren.
Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg wurde am 4. August 1968 in Frankfurt am Main geboren. Er ist Sohn von Kuno Wilhelm Christoph Daniel (1923-1987) und Jutta, geb. v. Franocis. Er führt die lange Tradition seiner Familie fort, die seit fast 500 Jahren in Angern verwurzelt ist, und engagiert sich aktiv für die Bewirtschaftung der wieder eingerichteten Forstbetriebs sowie die Rekonstruktion und Erhaltung des Schlosses und des Parks.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.